Bevor die Ultras und Arenen kamen: Fußball Anfang der 90er Jahre

04 Okt 2009 16:59 #12028 von Marco
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Windige unüberdachte Fankurven wurden im Winter zum Härtetest. Kuttenträger prägten noch die Fanszene. Wattenscheid und Uerdingen spielten noch eine Rolle in Fußballdeutschland. Eine ermäßigte Stehplatzkarte kostete in Köln und Dortmund fünf Deutsche Mark. Bengalische Fackeln gehörten auf dem Betzenberg und im Westfalenstadion zum festen Programm. Das Wort "Ultra" kannte man nur vom Hörensagen aus Italien. Der große Zuschauerboom stand noch kurz bevor. Kurzum: Wir sprechen vom Fußball Anfang der 90er Jahre.[/quote]





Turus-Redakteur Marco Bertram (36) dreht die Fußball-Uhr auf 1990 zurück und lässt diese bis 1995 laufen. Es folgt ein persönlicher Rückblick auf die Zeit, als es noch keine modernen Fußballtempel und keine Capos auf den Zäunen gab. Fußball Anfang der 90er Jahre - der Boom begann, doch noch bestimmten windige Stadien, moderate Eintrittspreise und spontane Fangesänge in den Kurven das Bild.[/quote]

Es war einmal bei Fortuna Köln ...

Auf meinem Schreibtisch häufen sich hunderte Eintrittskarten. Anfang bis Ende der 90er Jahre hatte ich sämtliche Tickets sorgfältig gesammelt und gezählt. Eines Tages hatte ich aufgehört zu zählen. Ich greife einfach mal in den bunten Haufen und ziehe wie bei einer Verlosung eine Karte heraus. Und siehe an: Wir sind mitten drin beim Thema: SC Fortuna Köln. Tageskarte 1993 - 94. Stehplatz Kurve Nord. Ermäßigt 6 DM. Einschließlich Sportgroschen und Mehrwertsteuer.[/quote]
Die Eintrittskarte ist überdurchschnittlich groß. Vorne schlicht rot-weiß, hinten mit Mannschaftsfoto der Fortuna. Trikotsponsor: porta. Den Gegner des Spiels hatte ich damals handschriftlich notiert. Hertha BSC. Das Endergebnis 3:1 für Berlin. Für mich muss das ein prima Tag gewesen sein. Trotz des nicht allzu einladenden Stadion Köln-Süd und der niedrigen Zuschauerzahl. Als gebürtiger Berliner hatte ich an jenem Tag gleich dreimal Grund um zu jubeln. Damals hatte man ja als Fußball-Berliner nicht viel Grund zur Freude. "Ätsche bätsch. Berlin ist die einzige europäische Hauptstadt ohne Erstligist!" Das musste ich mir von meinen Kumpels im Rheinland anhören. Doch gehen wir erst einmal noch ein Stück weiter zurück.[/quote]

Erste Spiele in Berlin

Aufgewachsen bin ich in Ostberlin. Mit dem Mauerfall schloss ich meine Schule an der POS ab. Mit der deutschen Einheit begann ich in Berlin eine Ausbildung zum Elektroniker. Als Jugendlicher erlebte ich diesen totalen Umbruch in Berlin sehr intensiv mit. Ich genoss mit meinen Freunden die neue Freiheit. An jeder Ecke eine Videothek, Video-Partys mit Kumpels bis tief in die Nacht. Und endlich Fußball. Ja, endlich! Zu Schulzeiten hatten mir meine Eltern strikt verboten, zum BFC Dynamo oder zum 1. FC Union zu gehen. Weniger war es die Angst vor Randale (das war zwar offiziell ihre Begründung), viel mehr war es die Befürchtung, dass ich politisch anecken und im Jugendwerkhof landen könnte.[/quote]
Und siehe da, während ich in mein erstes Ausbildungslehrjahr bei der EBAG stolperte, spielte Hertha BSC in der 1. Bundesliga. 1990/91 war die alte Dame mit dabei in der obersten Etage. Pünktlich zur deutschen Einheit. Problem war nur, dass diese Hertha grottenschlecht spielte und gleich wieder abstieg. Mein erstes Fußballspiel überhaupt war ein Schülerländerspiel zwischen Deutschland und England, das 0:4 ausging. 70.000 Zuschauer sahen dieses Match im Berliner Olympiastadion. Ganze Schulklassen wurden zu diesem Spiel mit der S-Bahn hingekarrt. Der Eintritt war frei. Die Kulisse war großartig. Das Spiel war einseitig. Die englischen Schüler waren alle einen Kopf größer.[/quote]
Mit dem Messer ins Stadion ...

Das erste Spiel von Hertha BSC sollte bald folgen. Ich wählte als Premiere ein Freundschaftsspiel gegen eine Weltauswahl. Die Partie wurde an einem Abend im Herbst 1990 ausgetragen. Meine Kumpels in der Ausbildungsklasse schüttelten nur den Kopf und erklärten mich für bescheuert. Sie fuhren am Wochenende mit dem FC Berlin (BFC Dynamo) lieber nach Greifswald und Jena und teilten dort ordentlich aus.[/quote]
Allein fuhr ich mit der U-Bahn zum Olympiastadion, kaufte mir eine Karte und ging schnurstracks zur Einlasskontrolle. Mein Herz pochte. Es war bereits dunkel und die Flutlichter brannten schon. Der Ordner staunte nicht schlecht, als er an meinem Gürtel ein Messer entdeckte. Im Nachhinein unglaublich, aber ich hatte mir keine Platte gemacht. Als 17-jähriger hatte so manch einer ein Messer dabei. Am Besten so ein Butterfly-Messer oder Jagdmesser, doch niemand war so crazy und versuchte es mit ins Stadion zu nehmen. Ich hatte es schlichtweg vergessen, dass dieses Teil mit feststehender Klinge an meinem Gürtel baumelte. Der Ordner blieb ganz locker und meinte, ich müsste es halt irgendwo draußen verstecken, dann könnte ich es ja nach dem Spiel wieder abholen. Gesagt, getan. Ich legte das Messer unter einen Busch und deckte es mit Laub zu. Dann ging es hinein ins weite Rund. Keine Ahnung, wie das Spiel ausging. Keine Ahnung, wie viele Zuschauer eigentlich da waren. Zwei Dinge blieben hängen. Valderrama mit Prachtfrisur auf dem grünen Rasen und die Hertha-Hools, die auf dem Oberrang neben der Anzeigetafel ordentlich Rabatz machten.[/quote]
Da Hertha wie bereits erwähnt in der Bundesliga dermaßen desolat gespielt hatte, blieb es vorerst das einzige Spiel. Die große Fußballbühne gab es für mich ab September 1991. Ich zog ins Rheinland, um dort bei der Bayer AG meine Ausbildung weiterzumachen. Damals hatten große Konzerne in der Tat noch junge Leute mit technischen Berufen abgeworben. Der Bedarf an talentierten Nachwuchskräften in den Firmen war groß. Zig tausende junge Menschen siedelten von Ost nach West über, um dort einen beruflichen Neuanfang zu starten.[/quote]

Fußball in Köln und Leverkusen

Bereits nach drei Tagen im Rheinland besuchte ich voller Neugier das erste Fußballspiel. Es war ein Traumstart. Das DFB-Pokalspiel TSV Bayer 04 Leverkusen - 1. FC Köln stand auf dem Programm. Ich war begeistert. Volle Hütte, tolle Stimmung, spannendes Spiel, das 2:0 für Bayer ausging. Und für Action war auch gesorgt. Im damaligen H-Block rumorte es mächtig. Aufgebrachte Kölner Fans und Hooligans randalierten und zündeten eine Wurstbude an. Auf dem Heimweg wurde ich noch an einer Tankstelle von Kölner Fans gejagt. Willkommen im Leben - dachte ich mir. Ich nahm es mit Humor.[/quote]
Das nächste Bundesligaspiel war ein herber Rückschlag. Beim Spiel Bayer Leverkusen - Fortuna Düsseldorf waren nur 11.000 Zuschauer im Ulrich-Haberland-Stadion. Ich war ein wenig schockiert, dachte ich doch, die Post würde immer so abgehen wie beim Pokalfight. Trotzdem. Das Fußballfieber hatte mich gepackt. Ausbildung in Leverkusen - da lag es nahe, auch zu den Heimspielen von Bayer 04 zu gehen. Mit neuen Kumpels ging es voller Enthusiasmus in den C-Block. Mit Schal und Fahne. Als Fahnenstock diente damals ein gekürzter Besenstiel. Heutzutage würde man mit diesem Knüppel in kein einziges Stadion kommen. Damals tickte alles noch ein wenig anders.[/quote]

Die Stadien waren Anfang der 90er Jahre selten permanent ausverkauft. Auf den Zäunen saßen keine Typen, die Fangesänge anstimmten. Den Begriff "Ultra" kannte man im Prinzip nur vom Hörensagen aus Italien. Rauchbomben und Bengalische Fackeln waren vielerorts zu sehen. Bei Bayer 04 war alles eine Nummer kleiner. Mit einer Bengalischen Fackel wäre man dort auch damals schon aus dem Stadion geflogen, doch ein bisschen Kleinkram hatten wir wie selbstverständlich immer mit in den C-Block genommen. Groß in die Jackentaschen hatte kaum ein Ordner geschaut.[/quote]
Restbestände von Silvester nahmen mein bester Kumpel und ich häufig mit ins Stadion. Kleine Lichter, Knaller, Wunderkerzen und auch mal einen Goldregen. Einmal hatte sich der ganze Kram sogar mal in der Jackentasche entzündet, doch wirklich wild war das nicht. Nicht wirklich liefen wir damals mit stylischen Klamotten ins Stadion. Da hinter einem immer mal ein Bier geworfen oder etwas gezündet wurde, hatten mein Kumpel und ich nicht das beste Zeug an, um es höflich auszudrücken.

In Bochum knallte es nach dem Spiel ...[/quote]
Was beim Fußball noch so alles passiert, bekam ich bei meinem ersten Auswärtsspiel von Bayer Leverkusen zu sehen. Mit rund 1.500 Leverkusen-Fans - was ich damals geradezu gigantisch fand - fuhr ich an einem Freitagabend zum VfL Bochum. Bayer gewann das Spiel im Ruhrstadion dank Heiko Herrlich. Nach dem Spiel fingen vor dem Stadion aufgebrachte Bochumer die Gästefans ab. Bevor ich mich versah, knallte es rings um mich herum. Bochumer Hools traten und schlugen gezielt auf Leverkusener ein. Ordner und Polizei hatten jedoch alles recht schnell unter Kontrolle.[/quote]

Ein Jahr lang schaute ich mir so gut wie jedes Heimspiel von Bayer 04 Leverkusen an und auch auswärts war ich bei dem einen oder anderen Spiel dabei. Erschreckend waren teilweise nur die mageren Zuschauerzahlen. Gegen die Stuttgarter Kickers und Wattenscheid 09 kamen gerade einmal knapp über 8.000 Fans ins Ulrich-Haberland-Stadion. Waren Borussia Dortmund, der FC Schalke 04 oder der FC Bayern München zu Gast, handelte es sich um lupenreine Heimspiele für den Gegner. Die Stimmgewalt der Gästefans war bei jenen Spielen immer eine echte Wucht. Schalker, Dortmunder und Bayern füllten die Eckblöcke A und G und den flachen unüberdachten H-Block. Zudem saßen noch etliche Gästefans auf den Tribünen West und Ost. Der C-Block mit seinen 2.500 Bayer-Fans hatte kaum eine Chance gegen diese Übermacht anzukommen.[/quote]
Auswärtsfahrten in NRW und der "goldene Schlagstock"

Bei Auswärtsspielen in NRW wurde für die Bayer-Fans meist ein Sonderzug der Deutschen Bundesbahn eingerichtet. Ein Fahrt nach Mönchengladbach dauerte mit diesem Sonderzug über zwei Stunden und fühlte sich an wie sechs Stunden. Vielleicht war dies auch der Grund, weshalb Anfang der 90er Jahre nach Gladbach immer unterdurchschnittlich wenige Leverkusener Anhänger fuhren. Auf der Gästetribüne des Bökelbergs verloren sich rund 700 Fans. Stand man mittendrin, fühlte sich alles noch akzeptabel an. Ging man mal paar Schritte weiter, wurde einem das Desaster bewusst. Ein Erlebnis war Mönchengladbach trotzdem immer wieder. Die steilen Ränge, der Nieselregen, der im Winter richtig unangenehm werden konnte, die Stimmung auf Seiten der Borussia-Fans. Der Bökelberg war einfach Kult.[/quote]
Auf dem Rückweg zum Bahnhof gab es immer wieder Probleme mit der Polizei. Stets genügten Kleinigkeiten, damit die Polizei den Gummiknüppel schwingen konnte. Wie Vieh wurde man in Richtung Bahnhof getrieben. Mit übertriebener Härte bekam ich grundlos auf dem Rücken den Knüppel zu spüren. Fast wäre ich vor Wut komplett ausgerastet. Ich beschimpfte die behelmten Einsatzkräfte und meinte, sie sollen mal nach Berlin kommen. Mönchengladbach und Bochum waren Anfang der 90er Jahre berühmt für seine tatenfreudige Polizei. Die Bochumer Polizei erhielt damals von einem Fanmagazin den "Goldenen Schlagstock" als Auszeichnung.[/quote]

In der Saison 1991/92 sah ich im Ulrich-Haberland-Stadion auch Hansa Rostock und Dynamo Dresden. Der Gästeblock G war nur mäßig gefüllt. Damals wurden die Fußballfans aus dem Osten nur belächelt. Beim Spiel Bayer 04 Leverkusen - FC Hansa Rostock waren auch ein paar Hools des BFC Dynamo zu Gast. Gemeinsam mit Leverkusener Hools verfolgten sie von der Sitzplatztribüne D aus das Spiel. Freundschaftlich verhöhnte man gemeinsam die Rostocker. Die Fans im C-Block sahen das nicht gern und riefen "Wir wollen keine Hooligans!" Ich enthielt mich der Stimme. Ich war vielmehr über die Berliner Typen erstaunt, die als Männerchor einen kräftigen Gesang anstimmten und fast den gesamten C-Block übertönten.[/quote]

Erweiterung des Fußball-Horizonts
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Ende der Saison 1991/92 war meinem besten Kumpel und mir klar, dass der Fußballhorizont erweitert werden musste. Das Fußballleben konnte nicht nur aus Bayer 04 bestehen. NRW bot eine pralle Palette, man musste sich nur bedienen. Die Eintrittspreise für die Stehblöcke waren moderat und ausverkauft waren eigentlich nur die Derbys und Spitzenspiele. Der Zuschauerboom setzte erst wenig später ein. Die Preise für die Stehblöcke waren überall fast gleich. Ermäßigt bekam man ein Tickt für 8 Deutsche Mark. In Leverkusen, Dortmund und auf Schalke. Top-Zuschläge kannte man damals noch nicht. In Köln waren die Tickets gleichzeitig Fahrausweise für die VRS, auf Schalke für die VRR. Ein komplettes Fußball-Wochenende kostete somit kein Vermögen.[/quote]

Am 04. April 1992 war Bayer 04 zu Gast beim 1. FC Köln im Müngersdorfer Stadion. Unglaubliche 5 DM kostete der Eintritt für den Block 39. Schätzungsweise 1.500 Bayer-Fans waren vor Ort. Nein, von einem richtigen Derby, das die Massen wie ein Magnet anzieht, konnte man damals weiß Gott noch nicht reden. Auch auf Kölner Seite hielt sich das Interesse für das Spiel gegen Leverkusen stark in Grenzen. 22.000 Zuschauer verloren sich in der weiten Betonschüssel. Ein Erlebnis war das Spiel, das 1:1 ausging, trotzdem. Schräg über uns im Block 38 machten sich Kölner Hools lautstark bemerkbar und stimmten Kölsche Lieder an. Im Vergleich zu den Kölner Jungs auf dem Oberrang klang damals der Fanblock in der Südkurve wie ein Kinderchor.[/quote]
Köln machte Lust auf mehr und somit war ich kurze Zeit später wieder vor Ort. Gegen Hansa Rostock fand ich mich wieder im Gästeblock wieder. Das hatte zwei Gründe. Zum einen wollte ich mir mal anschauen, was aus Rostock so mitkam, zum anderen hätte ich mich kaum in die Südkurve oder den 38er Block stellen können. Ein Sitzplatz war ausgeschlossen. Also Gästeblock in Köln und das in den kommenden vier Jahren unzählbare Male. Dort bekam ich zu sehen, was die deutsche Fanszene zu bieten hatte. Ich sah im Müngersdorfer Stadion München, Bremen, Hamburg, Gladbach, Schalke, Nürnberg, Karlsruhe, Stuttgart, Frankfurt und an jenem besagten Tag Hansa Rostock.[/quote]
Nur wenige Rostocker Fans nahmen den weiten Weg nach Köln auf sich. Unter ihnen waren dermaßen schräge Typen, dass es einem den Atem verschlug. Manche Rostocker mit Kutte sahen dermaßen fertig aus, das man ihnen automatisch aus Mitleid den Sieg in Köln gönnte. Trotz des Kölner Mobs auf dem Oberrang waren einige Hansa-Fans völlig schmerzfrei und provozierten, was das Zeug hielt. Einer besoffener Mittvierziger in kompletter Jeans-Montur zog kurzerhand seine Hose runter und zeigte den Kölnern im Block 38 sein Prachtstück. Immer wieder ließ er mit offener Hose seinen Pimmel baumeln und zeigte den Stinkefinger. Ich ahnte nichts gutes und befürchtete, dass es nach dem Spiel für die Rostocker bei so viel Provokation ordentlich was auf die Nuss geben würde. Direkt nach Spielschluss machte ich mich aus dem Staub. Man munkelte, dass Kölner Hools den kleinen ahnungslosen Hansa-Haufen mächtig verdroschen hatten.[/quote]

Ein weiteres Schlüsselerlebnis war für mich das Spiel Borussia Dortmund - Bayer 04 Leverkusen im Frühjahr 1992. Der BVB 09 kämpfte nach langer Zeit mal wieder um den Titel mit. Für ebenfalls unglaubliche 5 Deutsche Mark stand ich im Westfalenstadion auf der Nordtribüne im Block 02. Groß war die Überraschung in zweierlei Hinsicht. Erstens: Die rund 1.000 Bayer-Fans fanden sich inmitten von Dortmunder Fans wieder. Einen separaten Gästebereich gab es nicht. Zweitens: Unfassbar, was zu damaligen Zeiten alles auf der Südtribüne abgebrannt wurde. Die Tribüne war ein einziges Fahnen- und Konfetti-Meer, in dem Bengalische Fackeln wie rote Signallichter brannten.[/quote]
Für Gänsehaut sorgte auch die Stimmung. Als der BVB in Führung ging, bebte das Stadion. Nein, es bebte nicht nur, es stand Kopf. Wie jämmerliche Statisten standen die paar Leverkusener Fans inmitten einer brodelnden Masse. Und auch ich war nur Statist und konnte nur staunen. Bayer 04 verlor sang- und klanglos 1:3 und verspielte somit die eigenen Meisterschaftschancen. Der Frust war bei manch einem groß. Direkt neben mir schlug ein junger Bayer-Fan einem anderen Bayer-Fan, der "Johnnie Walker" genannt wurde und Nickelbrille trug, mitten ins Gesicht.[/quote]

Mit meinem Kumpel begleitete ich im Frühjahr ´92 Bayer 04 auch nach Nürnberg. Beim damaligen Fanbetreuer Peter Bode reservierten wir zwei Plätze in einem Reisebus. Wir hatten Glück. Unser Bus fuhr. Der andere versprochene Bus kam nicht. Etliche Bayer-Fans blieben im Morgengrauen auf dem Parkplatz vor der Wilhelm-Dopatka-Halle zurück. Somit machte sich ein einziger Bus mit Bayer-Fans auf den Weg ins Frankenland.[/quote]
Der Bus war das älteste Modell, das aufgetrieben werden konnte. Es fehlte sogar die hintere Scheibe. Das klaffende Loch wurde kurzerhand mit einem Transparent zugehängt. Und auch im Frankenstadion gab es für die Leverkusener keinen eigenen Gästebereich. Mitten unter Nürnberger Fans musste man das Spiel verfolgen und mit ansehen, wie der 1. FC Nürnberg verdient mit 1:0 gewann. Für heutige Verhältnisse waren die damaligen Zustände im Frankenstadion unvorstellbar. Als Gästefan - wenn gleich es nur rund 100 waren - war man von FCN-Fans dermaßen eingedrängt, dass man kaum das Spiel auf dem Rasen verfolgen konnte, zumal wir erst wenige Minuten vor Anpfiff hineingelassen wurden.[/quote]

Windige Tribünen und lange Wochenenden

In der Saison 1992/93 wollte ich es richtig krachen lassen. Sobald es Geld und Zeit zuließen, besuchte ich ein Fußballspiel. Drei Spiele an drei Tagen waren häufig angesagt. Am Freitag Abend ein Zweitligaspiel, am Samstag Bundesliga und am Sonntag noch irgendein Amateurspiel. Einige Male fand ich mich am Freitag Abend im Kölner Südstadion wieder. Meine Erinnerungen: Herbstliche Temperaturen, viel Wind, Rundlaufbahn, trostloses Ambiente und die Frage, weshalb man sich das antut. Zu Gast: Waldhof Mannheim, der VfB Leipzig oder eben Hertha BSC.[/quote]
Davon ganz abgesehen bekam man Anfang der 90er Jahre in Herbst und Winter häufig Wind, Regen und Schnee zu spüren. Als ich an einem nebeligen Freitag Abend das Spiel MSV Duisburg - Hertha BSC besuchte, war das einzige, was mich erwärmte, der günstige Glühwein.[/quote]
Das Duisburger Wedaustadion wurde für mich zum Inbegriff für Ungemütlichkeit. Flache unüberdachte Stehränge und im Herbst viel Wind. Feuchtkalter Wind. Die Windböen trugen immer die Gesänge der Duisburger Fankurve herüber. Die blau-weißen Fahnen flatterten regelrecht im Wind. Als Hertha an jenem unglaublich kalten Freitag zu Gast war, verfluchte ich mich das erste Mal und bezeichnete mich als Idioten. Sich bei minus zehn Grad und heftiger Brise in die nur jämmerlich gefüllte Gästekurve zu stellen, erforderte schon sehr viel Enthusiasmus, Vereinstreue oder eben Dummheit. Ich weiß es nicht. Zu logisch, dass Hertha auch noch verlor.[/quote]

Nun kann man es drehen und wenden, wie man möchte. Niemand wünscht sich ein nasskaltes Wedaustadion mit Rundlaufbahn und "Kärcher" quakenden Stadionsprecher zurück, doch mit dem Bau all der modernen Fußballtempel ging auch etwas verloren, das man in der 1. Bundesliga nicht mehr finden kann. Jeder weiß, was ich meine. Und auch ich weiß nicht, wie man es in Worte fassen soll. Vielleicht hatte man es auch einfach nur geliebt, sich ein wenig in nasskalten, zugigen Stadien zu quälen. Vielleicht ist man auch einfach nur traurig, weil man weiß, dass diese Zeit nie wieder zurückkehren wird.[/quote]
Ohne Dach stand man als Fan auf den Stehplätzen in vielen Stadien. Im Frankfurter Waldstadion, im Hamburger Volksparkstadion, im Münchener Olympiastadion, im Schalker Parkstadion, im Karlsruher Wildparkstadion, im Duisburger Wedaustadion...[/quote]
Komplett überdachte Fußballstadion ohne Rundlaufbahn waren Anfang der 90er Jahre noch eher die Ausnahme. Das Ulrich-Haberland-Stadion in Leverkusen, das Westfalenstadion in Dortmund, das Ruhrstadion in Bochum und das Fritz-Walter-Stadion in Kaiserslautern waren bereits damals die Stadien mit Dach und Tribünen am Spielfeldrand. Mischformen gab es natürlich auch einige. Der Bökelberg in Mönchengladbach hatte keine Rundlaufbahn, aber eben auch nur ein Dach auf der Haupttribüne. Das Müngersdorfer Stadion in Köln war zwar komplett überdacht, hatte aber eine extrem stimmungsfeindliche Rundlaufbahn.[/quote]

Hertha BSC im Jammertal der 2. Bundesliga

Kein Genuss war es, im Zeitraum 1991 bis 1996 die Heimspiele von Hertha BSC im Berliner Olympiastadion zu besuchen. Überdacht waren nur die Seiten. Die Kurven waren den Witterungsverhältnissen schutzlos ausgeliefert und zu manch einer Zweitliga-Begegnung verloren sich nur um die 6.000 Zuschauer im weiten Rund. Gegen Unterhaching, VfL Wolfsburg, Hannover 96 und Co sah ich manch ein Spiel und sehnte von Herzen bessere Zeiten herbei.[/quote]
Das kurioseste, was ich mit Hertha in jener Zeit erlebt hatte, war das Auswärtsspiel beim FC Remscheid. Der Gästeblock war einfach nur eine aufgeweichte, abschüssige Rasenfläche, auf der die paar hundert Berliner Fans kaum Halt finden konnten.[/quote]
Mit Hertha BSC zu Gast war ich auch bei Fortuna Düsseldorf. Im alten Rheinstadion verloren sich die paar tausend Zuschauer. In der Betonschüssel stand ich mit im Gästeblock schräg hinter dem Tor. Was sich zu damaligen Zeiten im Gästebereich tummelte, war unfassbar. Vor Ort waren ein paar hundert Unentwegte, die immer und überall hinreisten. Zahlreiche Kuttenträger und völlig fertige Leute. Die Fahrt von Berlin ins Rheinland war lang und somit war der Alkoholpegel bei den meisten bedenklich hoch. "Ha ho he" wurde von manchen eher gelallt statt gerufen. Direkt hinter mir ließ es ein schwankender Kuttenträger im mittleren Alter einfach laufen. Er pinkelte mir mir quasi fast an die Beine. Gestört hatte das niemanden.[/quote]
In Düsseldorf war ich in der Saison 1992/93 noch einmal gegen den Chemnitzer FC. Dieses Mal stellte ich mich in den Heimblock, der sich auf dem Oberrang direkt unter dem Dach befand. Die Stimmung im Block war gar nicht übel, im Rest des weiten Runds herrschte jedoch gähnende Leere. Das Spiel ging 1:1 aus. Letztendlich stieg Fortuna Düsseldorf sogar ab. Am Ende der Saison 1993/94 bot sich mir die Gelegenheit, in Düsseldorf noch einmal ein Spiel zu besuchen. Die Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga - Westfalen stand an. Zu Gast war Paderborn-Neuhaus und über 16.000 Zuschauer wollten diese Begegnung sehen.[/quote]

Moderate Eintrittspreise in allen Stadien

Die Eintrittspreise wurden ja bereits in diesem Beitrag mehrfach thematisiert, doch an dieser Stelle noch ein paar weitere Beispiele, um zu zeigen, wohin die Wege geführt haben. Die 5 DM beim 1. FC Köln und bei Borussia Dortmund für einen ermäßigten Stehplatz waren selbstverständlich nicht mehr zu unterbieten. Für damalige Verhältnisse richtig tief in die Tasche gegriffen hatte ich für ein Ticket für das Spiel Borussia Dortmund - FC Bayern München in der Saison 1992/93. Für einen guten Sitzplatz im Block N bezahlte ich damals 35 DM. Ein Sitzplatz-Ticket kaufte ich auch für das Bundesligaspiel 1. FC Köln - FC Schalke 04 in der Saison 1993/94. für den Platz im Block 18 im Oberring zahlte ich 25 DM.[/quote]
Andere Beispiele: Für das Länderspiel Deutschland - Brasilien am 17. November 1993 zahlte der Fußballfreund für einen Stehplatz in der Südkurve 15 DM. Ein Ticket (Kurve West Oberring) für das DFB-Pokalendspiel 1993 Hertha BSC / Amateure - Bayer 04 Leverkusen kostete exakt 20 DM.[/quote]

Stimmungshochburgen

Beim Anblick des Ticket-Haufens auf meinem Schreibtisch frage ich mich, wo es Anfang der 90er Jahre in Fußball-Deutschland eigentlich besonders interessant war. Dortmund und Kaiserslautern waren damals unbestritten die Stimmungs-Hochburgen. Akustisch und optisch wurde einem dort einiges geboten. Die Heimtribüne brannte häufig wie in San Siro und bei guten Spielen beteiligte sich das gesamte Publikum am Support.[/quote]
Leverkusen war bei Spielen gegen Vereine aus NRW, die gut was mitbrachten, ein Besuch wert. Bochum lockte wegen der innerstädtischen Lage und seinen engen, überdachten Tribünen. Dortmunder, Schalker und Gladbacher füllten dort die gesamte Stehtribüne auf der Gästeseite. Das war wirklich ein Spektakel, da sich somit zwei gleich große Fanblöcke gegenüber standen. Im Müngersdorfer Stadion in Köln konnten die Gästefans auch eine ganze Kurve füllen. Spiele gegen Dortmund, Schalke und Gladbach waren ein echtes Highlight. Spiele gegen den KSC oder Rostock waren dagegen bescheiden. Kamen nur um die 20.000 bis 25.000 Zuschauer in die Schüssel, fühlte sich alles ein wenig traurig an.[/quote]

Genauso verhielt sich das beim FC Schalke 04. Anfang der 90er Jahre war das Parkstadion keineswegs stets gut gefüllt. Selbst gegen den SV Werder Bremen kamen nur um die 35.000 Zuschauer. Somit war das 70.000 Zuschauer fassende Rund nur halb gefüllt. Das Parkstadion war sowieso eine Sache für sich. Sprang einmal der Funke über, konnte der Kessel richtig laut werden. Ging es mau zur Sache und kam noch schlechtes Wetter dazu, war der dortige Besuch nicht wirklich ein Genuss. Überraschenderweise waren meist nicht die Derbys gegen den BVB ein Highlight (zwar volle Hütte, aber nicht selten ein mageres Spiel mit lauer Stimmung) sondern die Spiele gegen den 1. FC Köln. Ich sah Begegnungen, die waren wirklich knackig. Auf dem Rasen und auf den Rängen...[/quote]
Mit Bayer Leverkusen verschlug es mich in der Saison 1994/95 ins Münchner Olympiastadion. Einmal wollte ich mir selbstverständlich auch dieses Stadion anschauen. Ich werde wohl kaum jemanden mit der Tatsache überraschen, wenn ich sage, dass dieses weite Stadion alles andere als berauschend war...[/quote]
Kurios war die Situation in Bremen, als Anfang der 90er Jahre sämtliche Tribünen überdacht waren und nur die Werder-Fans hinter dem Tor auf ihrer Tribüne unüberdacht im Regen standen. Das ist nun längst Geschichte. Geschichte ist auch das alte Leipziger Zentralstadion, in dem in der Saison 1993/94 der VfB Leipzig mehr schlecht als recht in der 1. Bundesliga kickte. Einst passten rund 100.000 Zuschauer in Deutschlands größtes Stadion. Anfang der 90er Jahre wurden im maroden Rund nur noch rund 40.000 Zuschauer zugelassen. Voll war die Schüssel, als der VfB Leipzig beim Derby in der 1. Bundesliga gegen Dynamo Dresden spielte. 35.000 Fans wollten das Spiel, das 3:3 ausging und von wüsten Ausschreitungen begleitet wurde, sehen.[/quote]

Tristesse in Berlin

Fußballerisch betrachtet trist ging es Anfang der 90er in meiner Heimatstadt Berlin zu. Hertha BSC spielte in der 2. Bundesliga und der FC Berlin (BFC Dynamo) und der 1. FC Union Berlin kickten in den Oberligen. Tennis Borussia spielte auch zwischenzeitlich in der 2. Liga und bescherte den Berlinern somit ein Derby. Rund 16.000 Zuschauer wollten die Partie Hertha - TeBe in der Saison 1993/94 sehen. Für jenes Spiel bin ich damals extra nach Berlin gefahren. Im Gästeblock waren nur ein paar hundert TeBe-Fans zu sehen. TeBe hatte es nicht geschafft, das Berliner Publikum für sich zu gewinnen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Beim 1. FC Union Berlin war nach den verpatzten Aufstiegen die Luft raus. Manch ein Heimspiel wurde Mitte der 90er Jahre vor unter 2.000 oder gar 1.000 Zuschauern ausgetragen. Den großen Aufschwung gab es für Hertha ab 1997 und Union ab 2000.[/quote]
Mein erstes Heimspiel beim 1. FC Union Berlin sah ich während eines kurzen Heimat-Aufenthalts am 7. Juni 1992. Ich überredete ein paar Kumpels mitzukommen und besuchte mit ihnen das Relegationsspiel zur 2. Bundesliga gegen den VfL Wolfsburg. Nur noch rund 3.500 Zuschauer wollten das Spiel noch sehen. Der Relegationszug war für die Eisernen bereits so gut wie abgefahren. Für die Wölfe stand die Tür jedoch sperrangelweit auf. Der amtierende Meister war damals ein absoluter Provinzverein, der ein winziges Häufchen Fans mitbrachte. Die kleine Fangruppe mit drei Fahnen und einer Trommel wurde im Stadion An der Alten Försterei einfach mitten unter die Union-Fans auf der Gegengerade gestellt. Die Zustände im Stadion waren von den heutigen meilenweit entfernt...[/quote]

Wattenscheid und Uerdingen

Ein Verein, der Anfang der 90er Jahre in der 1. Bundesliga präsent war und mittlerweile nur noch in der NRW-Liga zu Hause ist, darf hier im Bericht nicht fehlen. Die SG Wattenscheid 09. Gegen Vereine, die nicht viele Gästefans mitbrachten, wurde im Lohrheidestadion gespielt. Waren Bayern München oder die großen NRW-Vereine zu Gast, spielte Wattenscheid 09 im Bochumer Ruhrstadion. Gegen den VfL Bochum gab es dann die kuriose Situation, dass die Bochumer Fans in "ihrem" Stadion auf die Gästetribüne mussten.[/quote]
Bayer 04 Leverkusen durfte als wohl einziger NRW-Verein in der Lohrheide antreten. Die 1.000 Bayer-Fans konnten auch dort bequem untergebracht werden.[/quote]
Der zweite Verein, der Anfang bis Mitte der 90er Jahre im Oberhaus agierte und später in der Versenkung verschwand, ist der FC Bayer 05 Uerdingen. Gespielt wurde im Grotenburg-Stadion, das Maskottchen war der Grotifant und das hässlichste am Stadion war die Anzeigetafel, die nur die Farben grün, rot und orange hatte. Bayer 04 Leverkusen blamierte sich zu gern beim kleinen Bruderverein und somit war der Ausflug nach Krefeld immer wieder ein grässlicher Ausflug. In guter Erinnerung habe ich den 4. Juni 1994. Uerdingen empfing in der 2. Bundesliga Hertha BSC. Mit dem erkämpften 0:0 hatten die Berliner den Klassenerhalt sicher. Über 1.000 Hertha-Fans waren damals im Gästeblock zugegen und sorgten für richtig gute Stimmung. Für mich ein neues Hertha-Gefühl.[/quote]
In der Saison 1993/94 schrammte die Hertha denkbar knapp am Abstieg in die Oberliga vorbei. Zwei Spieltage vor dem Match in Uerdingen unterstützte ich die Alte Dame bei ihrem Auswärtsspiel beim Wuppertaler SV. Im Stadion am Zoo wurden die Weichen gestellt. Es war ein Abendspiel und nur wenige Gästefans waren vor Ort. Hätte Hertha die Partie beim WSV verloren, wäre es das gewesen. Hätte. Hertha riss sich am Riemen und gewann mit mehr Glück als Verstand 2:1 beim WSV. Es folgte ein Heimsieg und eben das Remis in Uerdingen - Klassenerhalt.[/quote]
Zum Wuppertaler SV fuhr ich einige Male. Weshalb, weiß ich gar nicht mehr so genau. Mit Kopfschütteln muss ich beim Durchsehen der Tickets feststellen, dass ich mir 1992 und 1993 die Begegnungen gegen den SV Meppen und FSV Salmrohr angeschaut hatte. Ein wirklicher Hit war allerdings das Spiel gegen Rot-Weiß Essen in der Saison 1994/95.[/quote]

Stuttgart, Frankfurt und zurück in Leverkusen

Zurück zum Thema 1. Bundesliga. Beim VfB Stuttgart schaute ich am 20. Februar 1993 vorbei. Für 8,50 DM kaufte ich ein Ticket für den Block G für das Spiel gegen den Hamburger SV. Das Gottlieb-Daimler-Stadion wurde gerade für die Leichtathletik-WM umgebaut, somit fand die Partie auf einer halben Baustelle statt. Fast auf den Tag genau kehrte ich nach zehn Jahren zurück. Am 27. Februar 2003 war Celtic Glasgow zu Gast. Mal sehen, welche Begegnung im Februar 2013 auf mich wartet...[/quote]

In der Saison 1992/93 war ich mit Bayer 04 Leverkusen zweimal bei Eintracht Frankfurt im Waldstadion zu Gast. Beim Ligaspiel im Herbst 1992 waren nur wenige Bayer-Fans vor Ort. Wenige Monate später waren es einige tausend Leverkusener, die sich auf den Weg zur Main-Metropole machten. Für 10 DM stand man im Block A. 3:0 gewann Leverkusen bei der Frankfurter Eintracht und zog überraschend ins Pokalfinale ein.[/quote]
Trainer Stepanovic Dragoslav trat bei der Eintracht zurück und holte doch noch den Pott, denn er übernahm noch während der Saison den Posten als Trainer bei Bayer 04...[/quote]
Bayer 04 Leverkusen war in vielen Dingen Mit-Vorreiter. In der Fanszene von Bayer 04 gab es bereits Anfang der 90er Jahre Versuche, eine Ultra-Bewegung zu schaffen. Und den Verantwortlichen beim Verein wurde klar, dass man sich um den Nachwuchs kümmern müsse. Mitte der 90er Jahre wurde die Family-Street ins Leben gerufen. Den Muff der 80er und Anfang-90er Jahre wollte man im Ulrich-Haberland-Stadion - später dann BayArena - für immer ablegen...[/quote]

Das wechselhafte Design der Eintrittskarten

Zum Abschluss noch ein paar Worte zum Layout der Eintrittskarten. Auf meinem Schreibtisch liegen ja hunderte davon auf einem Haufen. Sortiert nach Vereinen und Saisons.[/quote]
Neben dem unterschiedlichsten Design der Karten stelle ich auch noch Dinge fest, die ich völlig vergessen habe. Erstaunt betrachte ich eine Eintrittskarte vom DFB-Pokal-Halbfinale 1993/94. Im Georg-Melches-Stadion traf Rot-Weiß-Essen auf Tennis Borussia Berlin. Fast hätte Berlin zum zweiten Mal hintereinander eine Berliner Mannschaft im Finale gehabt...[/quote]
Doch ich möchte ja abschließend ein paar Worte zum Ticket-Layout sagen.[/quote]
Fangen wir bei Bayer 04 an. In der Saison 1991/92 gab es noch kleine schlichte Karten für die Stehblöcke. Die Karten für die Sitztribünen waren etwas größer. An jedem Spieltag hatten die aus Altpapier angefertigten Tickets für die Stehblöcke eine andere Farbe.[/quote]
Bereits in der Saison 1992/93 gab es völlig andere Eintrittskarten. Die Tickets waren größer, aufwendiger gestaltet und gelb-weiß gehalten. Wieder einen kompletten Designwechsel gab es für die Saison 1993/94. Auch mit dem heutigen Auge sahen diese farbigen Tickets erstaunlich modern aus. Ein Quantensprung zu den Altpapiertickets zwei Jahre zuvor.[/quote]
1995/96 wurde das Design wieder schlichter, die Tickets wurden quadratischer und ein silbernes Hologramm sorgte für die Sicherheit.[/quote]
Ähnlich altertümlich und schlicht wie die von Bayer 04 aus der Saison 1991/92 sahen die Tickets von Hertha BSC aus. Der einzige Unterschied: Die Altpapiertickets gab es bis 1998. Selbst in der ersten Bundesligasaison 1997/98 wurden noch die schlichten Eintrittskarten verkauft. Erst 1998/99 gab es dann die angemessenen farbigen Tickets mit Hologramm des DFB.[/quote]
Der Berliner Konkurrent 1. FC Union hatte bereits ab der Saison 1995/96 ansprechende rot-weiße Tickets für die Regionalliga.[/quote]
Die Eintrittskarten der Bundesligisten konnten Anfang bis Mitte der 90er in Größe und Design unterschiedlicher kaum aussehen. Der Phantasie schien keine Grenzen gesetzt. So waren die Tickets des MSV Duisburg in der Saison 1991/92 sage und schreibe viermal so große wie die von Borussia Dortmund. Der BVB hatte wuchtige Karten. Und siehe da: 1992/93 hatte der MSV die gleichen Karten. Statt dem hellgelb gab es ein hellblau. Apropos, das Design war beliebt. Bayer 05 Uerdingen und der VfB Stuttgart hatten die gleichen Ticket in ihren Vereinsfarben.[/quote]
1993/94 stellte der BVB auf kleine Karten mit Hologramm um. Der MSV tat es ebenso. Gleiche Druckerei - gleiche Größe - gleiches Design. 1994/95 trennte sich dann jedoch der gleiche Design-Weg von MSV und BVB.[/quote]
Für einen Augenkollaps sorgten die Tickets von Schalke 04 Anfang der 90er Jahre. Weiß, hellblau und pink waren die Farben der Eintrittskarten. In der Saison 1993/94 lächelte einem zudem eine Miezekatze mit Nase in Herzform an. Werbung für den Ruhr Zoo Gelsenkirchen. Ab der Saison 1993/94 gab es dann auch bei den Knappen kompakte moderne Karten.[/quote]
Die Vereine probierten aus, was das Zeug hielt. Auch Borussia Mönchengladbach. Zuerst die dicken Pappkarten mit dem lilafarbenen Innenteil, dann gigantisch große Tickets in Vereinsfarben, dann wurde die Größe geviertelt, dann wurden sie ganz dunkelgrün und dann wurden sie teurer...[/quote]
Der 1. FC Köln behielt von 1992/93 bis 1994/95 die gleichen dicken Tickets. Nur der aufgedruckte Hauptsponsor änderte sich jährlich. Aus Citibank wurde Pepsi. Aus Pepsi wurde Ford. Mit Ford wagte man 1995/96 schließlich einen Designwechsel. Die Ticketgröße blieb, doch nun gab es auf der Vorderseite eine Luftaufnahme des Müngersdorfer Stadions zu sehen. Die Rückseite blieb identisch.[/quote]
Die Idee mit einem Foto auf der Eintrittskarte hatte allerdings der SC Fortuna Köln bereits in der Saison 1993/94. Auf der Rückseite ein farbiges Mannschaftsfoto - womit sich der Kreis zum Beginn des Textes schließt.[/quote]
Zum Abschluss noch eine letzte Anekdote aus meiner Heimatstadt: Die Idee mit dem Foto griff der BFC Dynamo in der Saison 2000/01 auf. Nachdem es in den 90er Jahren als FC Berlin so unsagbar hässliche Eintrittskarten gab, wollte man sich im neuen Jahrtausend nicht lumpen lassen. Als Eintrittskarte gab es eine Postkarte mit einem Spielerfoto drauf. Zum Relegationsspiel gegen den FC Magdeburg am 2. Juni 2001 schmückte Jörn Lenz die Vorderseite der massiven Pappkarte...[/quote]
(M. Bertram)

> fast wie zu alten Zeiten: Spielbericht Hallescher FC - FC Magdeburg

> zur Fotogalerie Fußball Anfang bis Mitte der 90er Jahre[/quote]


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04 Okt 2009 16:59 #12029 von famy
Nein, diese alten heruntergekommenen Arenen möchte ich nicht wieder zurück haben! Wirklich nicht!

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08 Okt 2009 18:24 #12126 von magdalena
ja, hat Marco wirklich gut geschrieben!
Gruß Magdalena

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12 Okt 2009 13:46 #12183 von Markus
Das waren noch Zeiten. Mann o Mann!
Aber schön war´s wirklich, jaaaaaaaa!
Dank für den Rückblick
Markus

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13 Okt 2009 19:56 #12206 von Franki
Ja! Witzig! Hertha vor 6000 Zuschauer... Höhö

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17 Okt 2009 11:58 #12249 von Scampi, Bochum
Ja die gute, alte Zeit. Neun Stunden im Bus nach Rostock. Und im Stadion standen DIXI-Klos. Aber schön war's trotsdem.

Danke für den Bericht.

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28 Okt 2009 22:00 #12348 von Onkel HOrst
Tja, schöne Zeiten. Auch wenn die Stadien fast alle mit Laufbahn versehen waren und die Spieler gefühlte 1 km weit weg waren (besonders wenn mann hinterm Tor stand), es im Winter wie Hechtsuppe zog, war es doch eine Kommerz- und Eventfreie Zeit, wo wiklich nur fussballinteressierte ins Stadion kamen.

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