Il Teppista: Tiefe Einblicke in die Geschichte der Ultrà-Szene von Inter

Il TeppistaIl Teppi... Was? Das Buch kam quasi völlig aus der Kalten. Es schneite nach persönlicher Empfehlung gut verpackt in den Briefkasten. Umschlag geöffnet, zum Vorschein kam ein 192-seitiges Taschenbuch aus dem Hause Burkhardt & Partner. „Il Teppista - 30 verfluchte Jahre Mailand“. Auf dem Cover: Italienische Kumpels schauen einem tief in die Augen. Echte Charisma-Typen. Auf der Rückseite der gleiche Anblick. Ultras mit Fellkragen, markanten Sonnenbrillen und einprägsamen Gesichtern. Der in den Farben schwarz und blau gehaltene Einband macht deutlich: In diesem Buch geht es um Inter Mailand!

Il TeppistaIl Teppi... Was? Das Buch kam quasi völlig aus der Kalten. Es schneite nach persönlicher Empfehlung gut verpackt in den Briefkasten. Umschlag geöffnet, zum Vorschein kam ein 192-seitiges Taschenbuch aus dem Hause Burkhardt & Partner. „Il Teppista - 30 verfluchte Jahre Mailand“. Auf dem Cover: Italienische Kumpels schauen einem tief in die Augen. Echte Charisma-Typen. Auf der Rückseite der gleiche Anblick. Ultras mit Fellkragen, markanten Sonnenbrillen und einprägsamen Gesichtern. Der in den Farben schwarz und blau gehaltene Einband macht deutlich: In diesem Buch geht es um Inter Mailand!

Ran ans Buch! Lesen und Rezension schreiben! Leicht gesagt, gar nicht so leicht getan! Der persönliche Grund: Zwar seit 1990 rund 700 Fußballspiele als Fan, neutraler Beobachter, Autor und Fotojournalist auf dem Buckel, doch kurioserweise führten meine Fußballtouren nicht nach Italien. Quer durch Deutschland, häufig nach Polen, auf die Britischen Inseln und nach Holland, doch Italien blieb weitgehend ein weißer Fleck auf der persönlichen Fußballlandkarte. Berührungspunkte? Ein Testspiel zwischen Bayer 04 Leverkusen und Lazio Rom irgendwann Anfang der 90er Jahre und eine Europacupfahrt mit Bayer 04 zum AC Parma im Frühjahr 1995. Allein diese Tour wäre einen Bericht wert. Damals allesamt des Landes verwiesen und von der italienischen Polizei bis zur Grenze gebracht. Vielleicht war dies auch der Grund, weshalb in der Folgezeit um den Stiefel einen Bogen gemacht wurde.

Aus der Ferne beobachtet wurde das Geschehen indes sehr wohl. FC Barcelona gegen Sampdoria Genua in Wembley 1991. Die brennenden Kurven in den Stadien. Die Zwischenfälle, die man Woche für Woche aufgeschnappt hatte. Ja, und das Moped, das vom Oberrang geworfen wurde. Legendär und fest eingebrannt auf der menschlichen Festplatte. Und hier ist der erste Anküpfungspunkt: Der Mopedwurf. Ein Kapitel über die Ereignisse beim Spiel Inter Mailand gegen Atalanta Bergamo im Mai 2001. Die Neugier siegte, die ersten Passagen im Buch „Il Teppista“ wurden quer gelesen. Ja regelrecht mit den Augen verschlungen. 

Jedoch wurden nicht die Zusammenhänge klar, vor allem mir nicht, der zwar Ahnung von Fußball und Fankultur hat, aber kein Italienexperte ist. Umso besser, dass nun das Buch, geschrieben vom 1966 in Mailand geborenen Giorgio Specchia, auf dem Tisch bzw. in der Tasche bei den Berliner S- und U-Bahnfahrten lag. Wichtig: Dieses Werk muss von vorn nach hinten gelesen werden. Noch wichtiger: Auch Vorwort-Muffel (zu denen ich auch gehöre) sollen, ja müssen die Seiten sechs bis neun lesen! Denn hier kommt der Hauptprotagonist zu Worte. Nino Ciccarelli, Hauptfigur im auf Tatsachen beruhenden Buch, hatte im Oktober 2011 beeindruckende Zeilen verfasst. Ein Mann, der bis dato insgesamt 12 Jahre lang im Knast gesessen hatte und der sich deshalb 12 Efeublätter auf den linken Arm tätowieren ließ, lässt sein bisheriges an Dramatik kaum zu überbietendes Leben kurz Revue passieren. Ein Mann, der einst vom Quarto Oggiaro loszog, um wer weiß wo anzukommen. Ein Mann, der nicht nur einmal sein Leben riskiert hatte, der sich jedoch keinesfalls als Opfer des Systems oder als Held sieht. 

Nachdem ich das Vorwort gelesen hatte, war ich zum einen berührt und zum anderen im Thema drin. Erst jetzt konnte es losgehen! Der Autor Giorgio Specchia, der bereits das Buch „L´altra Milano“ (Das andere Mailand) verfasst hatte, setzt im Jahre 1983 an. Genauer gesagt am 11. Oktober, an dem „San Firmino“ war. Hauptprotagonist Nino knöpfte sich einen Typen vor, der jüngere Schüler mit Tinte und Textmarker gedemütigt hatte. Faustschläge ins Gesicht, den Kerl dabei fest im Griff. Ninos Laufbahn als Schüler ist mit diesem Tage beendet. Im gleichen Atemzug begann seine Laufbahn bei den Ultras von Inter. Mit einem Kumpel ins San Siro geklettert. Das erste Mal in der Kurve gestanden. Emotional gepackt worden. Sofort ihren Platz gefunden – und zwar dort, wo einst die drei Banner von „Boys“, „Ultras“ und „Savage“ hingen und Telefonbücher zu Konfetti zerrissen wurden. 

22. Februar 1987. Die erste Fahrt mit dem Torpedobus nach Rom. Ab nun wird der Leser mitgerissen in de italienische Fußballwelt der späten 80er, der 90er und schließlich der Nuller des neuen Jahrtausends. Es soll an dieser Stelle nicht allzu viel verraten werden. Sei nur gesagt, es ist so ziemlich alles dabei. Frühere, damals noch kaum von der Polizei begleitete und somit immens gefährliche Auswärtsfahrten. Schlägereien. Kriminelle Raubzüge. Racheaktionen, Drogen und Gefängnisaufenthalte. An manchen Stellen des Buches ist man beeindruckt, an anderen Stellen eher erschüttert. Und da der Autor kein Blatt vor den Mund nimmt, werden auch skurrile Erlebnisse geschildert, bei denen Fußballprofis und weitere Sternchen ihr Fett wegbekommen. 

Rasch arbeitet man sich durch den „Il Teppista“ und erreicht schließlich die Neuzeit des italienischen Fußballs mit all seinen Repressionen und Sicherheitsdiskussionen, die die Ultrà-Kultur in den oberen Ligen fast zum völligen Erliegen gebracht hatten. Und das in einer Zeit, in der die Dekadenz in den oberen Schichten überhaupt keine Grenzen mehr kennt. Dass auch in der Gegenwart die Ultras noch durchaus Macht ausüben können, beweist eines der letzten Kapitel, in dem es um die Kommunalwahl in Mailand geht. 20.000 Stimmen aus beiden Mailänder Kurven hatten plötzlich Gewicht, verdammt viel Gewicht. Manch sicher geglaubtes Politikerpöstchen ging flöten. Witzigerweise endet schließlich das Buch wie es beginnt: Mit dem „Autoscooter“. Worum es hierbei genau geht, sollte sich jeder selbst erlesen.

Fazit: Nach anfänglicher Skepsis war ich von diesem Buch sehr begeistert. Wenn gleich das Lektorat manchmal ein wenig verwirrende Arbeit geleistet hat. Fehler diesbezüglich sollte man dem Verlag verzeihen, denn das Werk als solches ist absolut lesenswert! Keine Frage, für 11,90 Euro darf man ruhig zugreifen:

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Artikel wurde veröffentlicht am
21 Februar 2013

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