Krasse Gegensätze in der Zona Sul von Rio de Janeiro

 
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altZum Abschluss der Brasilienreise wollten wir noch einmal die Zona Sul zu Fuß erkunden. Quer durch die Straßen und Gassen von Copacabana und Ipanema wanderten wir bis Leblon und von dort aus am Strand wieder zurück. Diese Tour sollte fast den ganzen Tag in Anspruch nehmen und an einer kleinen Parkanlage im Zentrum beginnen. Dort fotografierte ich eine alte weiß gekleidete Candomblé-Priesterin, die jeden Tag dort auf dem Bürgersteig saß und vor sich ein Bild von Jesus Christus hielt. In der linken Hand hielt sie einen hellblauen Schirm und um ihr Haupt war ein weißes Tuch gebunden. Ihre Augen waren verschlossen und die Passanten warfen in den meisten Fällen nur einen verstohlenen Seitenblick.

Ein paar Schritte weiter telefonierten ein paar Leute an den türkisfarbenen oi-Telefonzellen. Gegenüber im Restaurante Cevada brutzelten die Angestellten Fleischgerichte und nebenan im multi fruti konnte man Früchte und gekühlte Kokosnüsse kaufen.

altTypisch für Rio waren die zahlreichen Zeitungskioske, deren Wände prall vollgehängt waren mit Zeitschriften, Ansichtskarten und Werbung, und die kleinen blauen Kioske, an denen man auf die Schnelle Schlüssel nachmachen oder seine Schuhe neu besohlen lassen konnte. »Chaveiro Q-Chave«. Auf winzigem Raum drängten sich zwei Männer und schliffen auf alten Maschinen die Schlüsselrohlinge.

Im Restaurante Artaca in Copacabana wurden »comidas típicas do Pará« - typische Gerichte aus der Region Pará - angeboten, im »Shopping Santa Clara 33« konnten diverse Fabrikwaren erworben werden und im »Santa Clara 27« gab es leckere frisch zubereitete Fruchtsäfte. Ja, in den Straßen von Copa, Ipanema und Leblon gab es zahlreiche Möglichkeiten, etwas zu entdecken, zu kaufen und zu probieren. Im Geschäft »Canadian Video« wurde wie in anderen vielen Läden die DVD mit dem Film »Tropa de Elite«, der auf der Berlinale zu Recht mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet wurde, angeboten.

altImmer wieder wurde man auch daran erinnert, wie brutal und erschütternd die negative Seite der Stadt war und ist. Zwar waren es dieses Mal bei Weitem nicht mehr so viele wie damals im Sommer 1996, doch es gab sie noch. Die Obdachlosen, die auf Pappen halbnackt vor Hauseingängen und unter Gebäudevorsprüngen schliefen. Unter einem x-beliebigen Baum war eine Pappe ausgebreitet. Ein dunkelfarbiger Mann um die 30 mit leicht angezogenen Beinen und blau-roter Short und freiem Oberkörper lag neben einer zusammengeknüllten Decke und einer kleinen Tüte. Den Kopf hatte er mit seinem rotfarbenen T-Shirt zugedeckt. Der Oberkörper lag auf der Pappe, die Beine auf dem blanken Pflaster des Bürgersteigs. Punkt. Mehr gibt es darüber gar nicht zu berichten. Einfach ein Beispiel von Hunderten. Dass nicht tausende Obdachlose die Bürgersteige der Zona Sul bevölkerten lag allein daran, dass die Militärpolizei während der vergangenen Jahre mächtig »aufgeräumt« hatte. Zahlreiche Arme wurden in die sich ausweitenden Favelas zurückgedrängt ...

altGegenüber einer kleinen Filiale der Supermarktkette Zona Sul im Stadtteil Ipanema sichtete ich einen älteren Pappensammler mit ausgewaschenem Flamengo-Trikot und labberiger Shorts, der auf der Bordsteinkante saß und sich ausruhte. Die krausen Haare des Schwarzen waren mittlerweile ergraut und sein linker Fuß war notdürftig bandagiert. Sein rechtes Bein sah allerdings noch übler aus. Erst auf dem zweiten Blick war zu erkennen, dass seine Wade unförmig und mächtig geschwollen war. Der Karren neben ihm war beladen mit aufgestapelten Pappen, ein paar Kisten und einem grauen Müllsack. Ich dachte sofort an die obdachlose Familie, die Kathrin und ich damals auf einer Wiese am Straßenrand im Stadtteil Botafogo gesehen hatten.

> turus-Fotostrecke: Impressionen aus Brasilien

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