Leistungsschutzrecht und Lobbyismus - Danke Springer, Focus, BDVZ etc.

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Leistungsschutzrecht und Lobbyismus - Danke Springer, Focus, BDVZ etc.

Es ist absurd, aber so ist manchmal die deutsche Politik: Unerfahrene Volksvertreter lassen sich von sehr erfahrenen und nicht ohne wirtschaftliche Interessen in Berlin agierenden Lobbyisten Wünsche in ihr Gehirn einpflanzen, die am Ende ohne nachzudenken in Gesetzesform gegossen werden. Letzer - gerade noch abgemildeter - Fall: Das Meldegesetz. Neuester - und jetzt von allen Parteien durchgewunkener - Fall: Das Leistungsschutzrecht.

Das Leistungsschutzrecht geht auf Initiative der großen Presseverleger und des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDVZ) zurück, die nicht damit einverstanden waren, dass Google und seine weltweit meist genutzte gleichnamige Suchmaschine "Ansrisstexte" beispielsweise bei Google News anzeigt und damit laut den Verlagen Geld verdient. Absurd: Die Presseverleger wollen von Google einen finanziellen Ausgleich für die Anzeige der so genannten "Snippet" - dabei bringt gerade Google durch diese Anzeige den Presseverlegern Besucher, Klicks, Views und somit Werbeeinnahmen.

Aber soweit gehen die Gedanken der Presseverlage und vor allem der Politik nicht. Sie machen Google indirekt für ihre Rückläufigen Einnahmen verantwortlichen, anstatt bei sich selbst die Fehler zu suchen - beispielsweise in der Qualität der Inhalte und dem technischen Umfeld. Und so wurde vor der Zustimmung des Leistungssschutzrechts am 22. März durch den Bundesrat viel schmutzige Wäsche von den Befürwortern - Presseverlagen - in ihren eigenen Publikationen gewaschen - meist auch knapp an der Wahrheit vorbei.

So führte der bekannte Medienblogger Stefan Niggemeier zahlreiche "Lügen fürs Leistungsschutzrecht" in einem Beitrag zusammen: Wie die Anekdote von Herrn  Jörg Quoos - Chefredakteur beim Focus - der allen Ernstes in einem Editorial behauptete, dass Google die Texte "die Ver­lage von ihren Redak­tio­nen und Auto­ren teuer erstel­len las­sen [...] zum eige­nen Vor­teil kos­ten­los an seine Nut­zer verteilt". Der Focus steht mit dieser Behauptung nicht alleine. Andere setzen noch einen drauf und behaupten, dass Google gar ihre Bezahlinhalte umgeht und die Inhalte kostenlos verteilt. Dass da aber eigentlich die Technikabteilung des jeweiligen Verlagshauses nicht gut gearbeitet hat und kein funktionierendes Paid-Content-System entwickelt hat - wird nicht thematisiert. Schuld ist der erfolgreiche Big Player. Aber Suchmaschinenoptimierung ist kein Hexenwerk, jedenfalls dann nicht, wenn ein Seitenbetreiber nicht in Suchmaschinen gelistet werden will: Einfach eine Datei namens "robots.txt" mit dem Befehl "Disallow: /" in das Wurzelverzeichnis laden - fertig. Aber das wollen die klagenden Seitenbetreiber nicht - im Gegenteil - viele Online-Seiten der Presseverlage sind bis in die hinterste Ecke auf Google oder Bing optimiert.

Aber trotzdem: Nicht das eigene digitale Geschäftskonzept ist Schuld, sondern Google und nun sollte Google zur Kasse gebeten werden, damit die Presseverlage ihre wirtschaftlichen Fehler aus der Vergangenheit mit einem Wisch korrigieren können. Zusammengerauft lag es dann nahe, dass man dies nur über den Weg der Berliner Politik lösen konnte, die zwar einige "Netzpolitiker" in ihren Reihen hat, aber die Mehrheit sich die Worte lieber in den Mund legen lässt und Gesetze wie diese einfach durchwinkt. Auch die SPD, die vorher vollmundig verkündete das Leistungsschutzrecht zu kippen, knickte vor der Lobby-Übermacht ein. Immerhin: Das nun beschlossene Leistungsschutzrecht wurde ein wenig abgemildert, so dass anstatt für die Anzeige der Snippets in den Suchergebnissen eine angemessene Vergütung an die Verlage zu zahlen, „einzelne Wörter und kleinste Textausschnitte“ angezeigt werden dürfen. Eine Aussage so schwammig gehalten, so dass Anwälte sich schon die Hände reiben und die nächste Abmahnflut kurz vor der Tür steht, denn nicht Google wird mit dem Gesetz getroffen, sondern wahrscheinlich Unternehmen, die Informationsdienste entwickeln.

Richtig: Google ist ein Milliardenschweres Unternehmen und bietet zahlreiche Aneckpunkte bei seinen Geschäftskonzepten (Street View, Google Books oder jetzt Google Images), aber jede Online Publikation lebt von Google. Denn neben den wiederkehrenden Stammlesern, ist es doch die Suchmaschine, die die Leser bringt und nicht nur die: Facebook und andere soziale Netzwerke und Dienste bescheren den Verlegern, wenn sie es richtig machen tausende von Werbeeinblendungen und somit Einnahmen - die am Ende trotz alle Bekundungen und das Hochhalten des Textes als wertvolles Gut seitens der Unternehmen - wahrscheinlich nicht bei den Autoren ankommt.

Deswegen erlauben wir von turus.net die kostenlose Übernahme von Überschrift und Anrisstext sowie die Verlinkung der Artikel und das nicht nur Google, sondern allen.

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