Kinderparadies oder Geldabzocke? Berlins große Indoorspielplätze im Test

MB Updated
Kinderparadies oder Geldabzocke? Berlins große Indoorspielplätze im Test

KinderautoEin Kindergeburtstag der Tochter einer guten Bekannten im Ritterland Berlin am Buckower Damm hatte sich eingebrannt. Allerdings war das eigene Kind mit knapp einem Jahr einfach noch zu klein. Wacklig auf den Beinen, völlig überfordert. Stress pur. Nun nähert sich beim Bübchen der dritte Geburtstag – da könnte solch ein Indoorspielplatz schließlich eine tolle Sache sein. Zumal das Wetter grausig ist. Trüb, regnerisch und kalt. Selbst den kreativsten und naturverbundensten Eltern gehen zu dieser Jahreszeit die Ideen aus, wie man seinen Sprössling auf Trab halten kann. 

BübchenVon Frühjahr bis Spätherbst gibt es keine offenen Fragen. Raus aus der Stadt, ab ins Grüne. Wanderungen, Spaziergänge. Allerdings ist das Gute manchmal auch sehr nah. Kleine Parkanlagen wie der Comeniusgarten in Berlin-Rixdorf, Spielplätze oder der Streichelzoo am Görlitzer Park. Die meisten Dinge kosten nicht einmal einen Cent. Im Winter – wenn nicht gerade frischer Pulverschnee zur Schlacht und zum Rodeln einlädt – gestaltet sich das Ganze schwieriger. Nur daheim mit Duplo-Steinen spielen sowie Mickey Mouse Wunderhaus, Kleiner Roter Traktor und JoNaLu schauen, kann nicht die Lösung sein. Jedes Kind mit Bewegungsdrang wird irgendwann muffig und will sich mal richtig austoben und die Sau rauslassen.

EisenbahnBeim Blick ins Netz stoßen interessierte Eltern sofort auf zahlreiche Angebote. Die deutsche Hauptstadt hat einiges zu bieten, was Hallen- bzw. Indoorspielplätze betrifft. Aus den Angeboten haben wir zwei herausgepickt und mit unserem knapp dreijährigen Kind ausprobiert. Die Grundsituation: Eine sehr motivierte und zuversichtliche Mutter, ein etwas skeptischer, aber auch zuversichtlicher Vater. Dazu ein Söhnchen, das beim Blick auf die entsprechenden Webseiten sogleich im Dreieck sprang. Bereits beim Anschauen der Fotostrecken von „Jolo Berlin Kinderwelt“ in Berlin-Kreuzberg Am Tempelhofer Berg und von „Jacks Fun World“ in Berlin-Reinickendorf in der Miraustraße 38 brannten beim Kind glühten im Kopf sämtliche Sicherungen. Freudenschreie und Tränen wechselten sich sekundenschnell ab. „Da, da! Ich auch Pirata! Mama, Papa, jetzt hinfahren! Da, Pirata!“ Bei „Jacks Fun World“ ließen die Bilder vom Piratenschiff das Kinderherz höher schlagen, bei „Jolo Berlin Kinderwelt“ waren es die Kindereisenbahn und das große grüne aufgeblasene Krokodil, das Jubelorgien und wildes Gestikulieren hervorrief. 

SpielhalleTest Nummer eins: Direkt am Neujahrstag ging es schließlich gegen Mittag in den Bergmannkiez in die hübsch gelegene „Jolo Berlin Kinderwelt“. Am Wochenende und in den Schulferien zahlen Kinder unter 3 Jahre für zwei Stunden drei Euro, für den ganzen Tag vier Euro. Für Kinder im Alter über drei Jahre müssen fünf bzw. 7,50 Euro gezahlt werden. Erwachsene Begleitpersonen legen 2,50 bzw. 3,50 Euro auf den Tresen. In unserem konkreten Fall hieß das beim zweistündigen Schnuppern: Insgesamt acht Euro. In der Regel kauft man beim Betreten Tagestickets und lässt sich, falls man nach zwei Stunden gehen möchte, den Differenzbetrag rückerstatten. 

ComputerStraßenschuhe aus, Socken an. Los geht´s! Überfüllt scheint die „Jolo Berlin Kinderwelt“ eher selten zu sein. Hüpfburgen, Kletterburg, ein Trampolin und Rutschen laden zum Energieentladen ein. Dem großen aufgeblasenen Krokodil können die Kids ins Maul klettern. Hinten geht´s dann wieder runter. Nicht zu empfehlen ist, als Elternteil mit in die Kletterburg zu kriechen und die Rutsche zu benutzen! Erlaubt ist das eigentlich sowieso nicht. Allerdings lässt man sich vom Bübchen allzu schnell dazu ermutigen. In der Rutschröhre, die im Bällebad mündet, kann man sich übel die Ellenbogen prellen. Die Geschwindigkeit eines Erwachsenen ist nicht zu unterschätzen. Hammer ist allerdings auch, wie selbst Kleinkinder aus der Röhre oder von der offenen breiten Rutsche sausen. Entspannter zuschauen kann man indes im Kleinkindbereich. Durchatmen. Der Puls der Eltern kommt wieder runter. Kriechtunnel. Schmetterlingswippe. Und Computer mit Touchscreens, an denen Memory gespielt werden kann. Zur Verfügung steht auch eine Kindereisenbahn, die leider nicht allzu oft durch den Felstunnel und über den aufgebauten Tierhof tuckert. Lobenswert sind zwei Dinge: Zum einen das kleine Kettenkarussell, das ohne Aufpreis genutzt werden kann. Knopf an und los geht´s. Zum anderen die Cafeteria, die Platz für zirka hundert Gäste bietet. Kein Drängeln. An der Selbstbedienungsbar können verschiedene Speisen und Getränke bestellt werden. In unserem Fall war der absolute Hit der Milchreis mit Apfelmus für schlappe zwei Euro. Der ging nach der Toberei weg wie nichts!

Test Nummer zwei: Was bei der „Jolo Berlin Kinderwelt“ von uns positiv hervorgehoben wird, war bei Berlins größten Indoor-Freizeitpark ein echter Laune-Drücker. Bei „Jacks Fun World“ müssen zahlreiche Spielgeräte mit Euromünzen extra gezahlt werden. In diesem konkreten Fall auch das Kettenkarussell für Kleinkinder. Bei den doch recht knackigen Eintrittspreisen ein echter Wermutstropfen. Erhältlich sind nur Tagestickets, 2-Stunden-Tickets wie Am Tempelhofer Berg gibt es in Berlin-Reinickendorf nicht. Erwachsene zahlen am Wochenende und in den Ferien pro Person drei Euro. Kinder ab 1 Jahr zahlen entweder 7 Euro für ein „Jacks Easy Ticket“ oder 14,50 Euro für ein „Jacks Fun Ticket“. Letzteres beinhaltet die zeitlich unbegrenzte Nutzung aller Attraktionen (außer Seilbahn und Münzspielgeräte). Wer das „Jacks Easy Ticket“ kauft, muss für eine weitere Fahrt (eine ist im Eintrittenthalten) mit der Kindereisenbahn einen Euro extra zahlen. Für die Fahrt mit dem Bumper-Boot sind 2,50 Euro extra fällig. 

KinderweltNur zu klar, dass ein Tag in der „Jacks Fun World“ echt ans Geld geht. Klar, dass man das nicht jede Woche macht. Und für einen echten Kracher-Tag zahlt man gern für seine Kinder. Allerdings nerven all die aufgebauten Automaten und Spielzeugautos, die mit 1-Euro-Münzen gefüttert werden möchten. Überall das Gleiche: „Papa, guck. Geld!“ Das Bübchen sitzt schon im Polizeihelikopter oder auf dem Elefanten und zeigt auf den Einwurfschlitz. Prima! Dass selbst das Minikarussell extra Geld kostet, nervte mich persönlich am allermeisten. Das Gerät ignorieren und ab auf den Minifußballplatz. Mama stellt sich schon mal am Bootsverleih an. Zuvor musste sie Euro in sogenannte Dukaten umtauschen. Fünf Euro für zehn Dukaten. Mit denen kann man die Boote und die Kindereisenbahn bezahlen. Achtung! Zurücktauschen kann man dieses Piratengeld nicht!

Am Wochenende kann die Wartezeit für das runde elektrisch angetriebene Bumper-Piratenboot schon mal lang sein. Tränen beim Kind. Es hilft nichts. Papa muss das Bübchen weiter ablenken und so lange in den 350 Quadratmeter großen Kleinkindbereich bringen. Das ist Bübchen aber doch zu blöd, schreiend rennt es wieder zur Warteschlange am künstlichen Teich. Umso größer die Freude, wenn es endlich so weit ist. Ein überaus glückliches Kind! Das Warten hatte sich gelohnt! Kurze Wartezeiten auch an der Kindereisenbahn-Haltestelle. Wieder helle Aufregung. Die Lokomotive soll, ja muss es sein. Glück gehabt, das pünktliche Anstellen hatte sich gelohnt. 

KinderfußballDie große Halle ist wirklich gut gefüllt mit Attraktionen. Hier wird wirklich Business betrieben. Unglaublich viele Personen sind bei „Jacks Fun World“ angestellt. Das rechtfertigt natürlich ein wenig die hohen Eintrittspreise. Nicht aber die Tatsache, dass für jedes elektrische Münz-Spielgerät extra gezahlt werden muss. Achten sollte man auf eine Sache: Der oder die Kleinste ist fixer verschwunden, als man denkt. Kaum einmal ein paar Sekunden nicht aufs Kind geachtet, schon ist es weg! Zweimal trieb es uns den Schweiß auf die Stirn. Wo ist unser Junge? Der war doch eben noch auf der Hüpfburg? Nicht mehr zu sehen! In der verwinkelten Anlage sind die Minis recht fix außer Sichtweite! Dass das Ganze bei einer mitgebrachten Kindermeute zu einem echten Akt werden kann, sollte einem vor dem Besuch klar sein.

Wie erwähnt, war der Milchreis im Indoorspielplatz des Bergmannkiezes bei unserem Kind ein echter Renner. Kein Renner ist dagegen die Verpflegungssituation in „Jacks Fun World“. Pommes. Burger. Fischstäbchen. Softgetränke. Süßkram an einem extra Stand. Gesund ist anders. Nur zu klar, dass viele Kids Pommes und Fischstäbchen mögen, doch sollte es Alternativen geben. Die haben wir vor Ort nicht gefunden. Hierbei sollte erwähnt werden, dass selbst mitgebrachte Speisen und Getränke nicht verzehrt werden dürfen. Ausgenommen ist Baby-Nahrung. Mit all den Gutscheinen und Coupons sieht der Besucher zudem kaum durch. In unserem Fall zahlten wir für zwei schlichte Burger, eine kleine Portion Pommes Frites mit drei Fischstäbchen sowie eine Cola und eine Saftschorle fast exakt zehn Euro. 

Bübchen oder Bärchen?Fazit: Für etwas größere Kinder kann die „Jacks Fun World“ eine tolle Angelegenheit sein. Mit kleineren Kindern ist diese Anlage noch nicht das Richtige, wenn gleich die Bootsanlage prima ist. Doch Bootfahren kann man besser im Frühling – und zwar an der Freundschaftsinsel in Treptow und anderswo. Entspannter und preiswerter ist ein Tag in der „Jolo Berlin Kinderwelt“. Von der dortigen Cafeteria hat man als Elternteil einen guten Blick zum Kleinkindbereich. Generell erscheint es mir persönlich, dass ein gemeinsamer Tobe-Nachmittag mit eingeladenen Kita-Freunden im Wohnzimmer genauso viel Spaß bereitet, doch ausprobieren sollte man diese Indoorspielplätze auf jeden Fall. 

Ganz wichtig! Bevor motivierte Eltern einen Kindergeburtstag in einem dieser Indoorspielplätze planen, sollte die Sache unbedingt vor Ort getestet werden. Und zwar in kleiner Runde. Bereits dann wird man sehen, ob beim Nachwuchs und den Eltern sämtliche Sicherungen glühen... ;-)

> zu den turus-Fotostrecken: Gesellschaftsthemen 

 

 

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