Walpurgisnacht in Berlin: Scharmützel rund um den Boxhagener Platz

MB Updated
Walpurgisnacht in Berlin: Scharmützel rund um den Boxhagener Platz
altBerlin-Friedrichshain. 30. April 2010. 21:00 Uhr. Der Boxhagener Platz war wieder abgesperrt, die Straßen der Umgebung waren autofrei. Das Bild ähnelte anfangs dem von 2009. Polizisten sammelten an den Zugängen Flaschen ein und teilten Plastikbecher aus. Insgesamt wirkte alles recht friedlich, auf dem ersten Blick waren weniger Leute rund um den "Boxi" unterwegs als im Jahr zuvor. Im späteren Verlauf des Abends bleib es jedoch nicht friedlich, an verschiedenen Ecken kam es zu einzelnen Auseinandersetzungen zwischen Veranstaltungsgästen und den Einsatzkräften der Polizei.
 

Bis 21:30 Uhr gab es auf der Grünberger Straße nahe des "Zielona Gora"Live-Musik auf einem Wagen. Die Atmosphäre in den Kneipen rings herum war recht entspannt. Entspannt war zu jenem Zeitpunkt auch die Polizei an den Zugängen, denn die kam größtenteils nicht aus Berlin, sondern aus Niedersachsen. Einsatzkräfte mit dem weißen Pferdchen auf dem Oberarm sicherten das Terrain und zogen in kleinen Gruppen Streife.

Allerdings waren auch Berliner Einsatzkräfte vor Ort. An den vier Ecken des Boxhagener Platzes wurden Scheinwerfer aufgestellt, weitere Hundertschaften blieben zunächst auf standby.
Nachdem das Konzert beendet wurde, herrschte auf der Grünberger Straße eine gespenstische Stille. Um 22:10 Uhr wurde der Bühnen-Lkw langsam davongefahren. Vereinzelt wurden bereits die Helme aufgesetzt. An der Absperrung Ecke Gärtnerstraße flutschten vereinzelte Leute mit Glasflaschen durch.

altGegen 22:30 Uhr wurde über einen Lautsprecherwagen der Polizei "die Veranstaltung für beendet erklärt". Die Leute "sollten sich in kleinen Gruppen entfernen oder auf den Bürgersteig gehen". Die Durchsage wirkte ein wenig absurd, da das gesamte Terrain bis zum kommenden Morgen abgesperrt und autofrei blieb. Da jedoch die Menschenansammlung auf der Grünberger Straße inzwischen beachtlich angewachsen war, sollte diese aufgelöst werden.

Nach zwei weiteren Durchsagen durchkämmten polizeiliche Einsatzkräfte aus Berlin und Niedersachsen die Menge. Pfiffe, Buh-Rufe. Die Menge fühlte sich provoziert. Mit der entspannten Atmosphäre war es nun vorbei. Eine niederländische Touristengruppe fragte erstaunt, was hier los sei. Das Vorrücken der behelmten Polizei konnte auch sie nicht verstehen. "Die Leute würden doch irgendwann von allein nach Hause gehen, oder nicht?", fragte einer aus der Gruppe.

Vor einem Scheinwerferwagen an der Ecke Gabriel-Max-Straße postierte sich erwartungsvoll eine Gruppe Fotografen und Kameramänner. Walpurgisnacht und 1. Mai als echtes Medienereignis. Manch einer hatte einen Helm dabei, über den Schultern baumelten gleich mehrere Kameras. Beim "ersten Kontakt" zwischen Polizei und Gegner gab es ein Blitzlichtgewitter. Was man hat, das hat man. Am Rande wurde ein Fotograf von zwei jungen Männern angegangen. Vier niedersächsische Polizisten eilten zur Hilfe.

Vom Dach wurden ein paar Leuchtraketen abgeschossen. Die Menge jubelte. Die Polizei versuchte gezielt die Menschenansammlung zu strecken. Mit Erfolg. Das Geschehen verlagerte sich auf die Ecke Grünberger Straße / Gärtnerstraße.
"Haut ab! Haut ab!", "Hass, Hass, Hass wie noch nie. All Cops are Bastards - ACAB!", schallte es über den Platz.
Das Geschehen an der Ecke wurde unübersichtlich. An vorderster Front kam es zum Einsatz von Pfefferspray. Einzelne Flaschen und Steine flogen. Vor einer Haltestelle buddelte ein Typ gleich einen ganzen Haufen Pflastersteine aus und trat sie mit dem Fuß auf die Straße. Mehrere Leute nutzten die Steine auf der Straße als spannendes Fotomotiv.

"Hey, Lass den Scheiß! Hör auf zu filmen!" Manch einer wurde sehr empfindlich, was das Fotografieren und Filmen betraf. "Auf Grund solcher ins Netz gestellter Aufnahmen wurden letztes Mal viele unser Leute festgenommen!"
Die meisten Fotografen blieben so oder so lieber in sicherer Entfernung an der Ecke Gabriel-Max-Straße.
Das Geschehen verlagerte sich gegen 23:45 Uhr zur Ecke Gärtnerstraße / Krossener Straße. Der dortige Polizeischeinwerfer ging aus. In der Dunkelheit kam es nun zu Auseinandersetzungen. Gezielt rückten Polizeikräfte vor und zogen einzelne Randalierer heraus.
"Dein Namen, gib mir deinen Namen!", rief jemand von einem Balkon dem Festgenommenen zu. "Und dein Geburtsdatum! Du bist nicht allein!"

Kurz nach Mitternacht kesselte die Polizei eine randalierende Gruppe Ecke Gärtnerstraße / Krossener Straße ein. Wer nun als Schaulustiger mitten drin stand, hatte erst einmal Pech gehabt. Erschrocken versuchten ein paar junge Frauen ein Schlupfloch zu finden, doch die Polizisten hielt auch sie vorerst zurück.

Die ganz großen Ausschreitungen blieben dieses Jahr glücklicherweise aus, doch schien es, dass beide Seiten sich voll auf den Tag darauf konzentrierten. Der heutige Aufmarsch der Rechten im Prenzlauer Berg und die Revolutionäre 1. Mai Demonstration von Kreuzberg nach Neukölln und zurück wird für beide Seiten viel Energie kosten...

Text & Fotos: Marco Bertram

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