Was schon seit Tagen vermutet wurde ist nun leider Realität: Die international anerkannte LOTTO Thüringen Ladies Tour (LTLT) 2025 wurde abgesagt. Die Gründe sind vielfältig, aber vor allem in der neuen Landesregierung von Thüringen insbesondere den Chef der Staatskanzlei und Sportminister Stefan Gruhner sowie Ministerpräsident Mario Voigt zu suchen, die scheinbar nur – wenn man zwischen den Zeilen der Absage-Pressemeldung liest – mit Unwissenheit um die Geschichte der Tour und deren Möglichkeiten für das Land Thüringen sowie Respektlosigkeit gegenüber den Organisatoren in Erscheinung traten, als mit einem professionellen Umgang des ganzen Themas. Man ist ja dieser Tage einiges gewohnt in Sachen Politik und vor allem Weltpolitik, aber die Posse rund um die Ladies Tour aus dem Freistaat Thüringen setzt dem Ganzen noch die Krone auf.
Ganz klar: Die Absage der 37. LOTTO Thüringen Ladies Tour ist das Ergebnis eines eklatanten politischen Versagens der neuen Thüringer Landesregierung. Trotz der internationalen Bedeutung des ältesten Profi-Frauenradrennens der Welt und der nachgewiesenen medialen und touristischen Werbewirkung für den Freistaat, wurde den Veranstaltern durch die neue Staatskanzlei unter Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) und Sportminister Stefan Gruhner (CDU) jegliche Planungssicherheit entzogen. Aber der Clou: Die Herren Voigt und Gruhner hatten nicht mal den Anstand dies in persönlichen Gesprächen oder Beratungen zu erörtern. Nein die Orga wurde einfach fast bis zum Ende „wortlos“ fallen gelassen.
Bereits zugesicherte Fördermittel der vorherigen Regierung wurden nicht bestätigt, Kommunikationsversuche monatelang ignoriert und Gespräche verschleppt oder ohne Ergebnis geführt.
Zitat aus der Pressemeldung:
„Nachdem die Unterstützung durch die alte Landesregierung für 2025 zugesichert war, arbeiteten wir bereits seit Mitte letzten Jahres motiviert und fleißig an der kommenden LTLT-Auflage vom 17.-22.06.2025.
Seit Beginn des Kalenderjahres bemühten wir uns um einen persönlichen Kontakt zur neuen Landesregierung. Unsere anfänglichen Fragen und späteren Hilferufe wurden seitens der Thüringer Staatskanzlei ignoriert.
Die Chronologie des versuchten Dialogs
09.01.2025 – erste telefonische Kontaktaufnahme mit der Thüringer Staatskanzlei (Sportministerium) mit der Bitte um eine kurzfristige Terminvereinbarung, die telefonisch zugesagt wurde. Zusätzlich eine E-Mail an die Staatskanzlei zum gleichen Thema. Eine Woche lang keine Antwort. Auf eine erneute Erinnerung erhielt die LTLT-Organisation folgende Antwort: „Wir haben den Vorgang zur Bewertung in das zuständige Fachreferat gegeben und melden uns nach Prüfung und Bewertung (…)“
16.01.2025 – wieder eine E-Mail an den Minister mit der dringenden Bitte, um einen Gesprächstermin. Es erfolgte ein Anruf mit der sinngemäßen Bitte, von weiteren Kontaktaufnahmen abzusehen – man würde sich zu gegebener Zeit bei uns melden.
27.01.2025 – erneuter Versuch der Kontaktaufnahme – diesmal über Dritte – mit Minister Gruhner, um zu einer Terminvereinbarung zu kommen. Die Antwort des Ministers, er wird auf uns zukommen.
Es gab keine Möglichkeit, dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Sport, Ehrenamt und Chef der Staatskanzlei unsere besondere Situation darzulegen. Die Zeit drängte, wir waren zu diesem Zeitpunkt bereits gezwungen, in die heiße Phase der Tour Planung überzugehen und erste wichtige Investitionen zu tätigen.
Anfang Februar – Einladung in die Staatskanzlei zum 12.02.2025
12.02.2025 – zu Beginn des Termins lässt sich der Minister Gruhner entschuldigen und nimmt an dem Gespräch nicht teil.
“
Zitat Ende.
Ich wiederhole: „zu Beginn des Termins lässt sich der Minister Gruhner entschuldigen und nimmt an dem Gespräch nicht teil.“ Wenn man das aus der Diplomatie interpretieren möchte heißt das dann wohl soviel wie ins Gesicht spucken.
Aber das ist Politik von heute. Danke für nix.
Laut den Verantwortlichen der Tour hätte eine frühzeitige, ehrliche Absage oder Dialogbereitschaft Schaden abwenden können – stattdessen herrschten Verzögerung, Intransparenz und eine respektlose Haltung gegenüber einer traditionsreichen Veranstaltung und deren Organisatoren.
Besonders schwer wiegt die späte und einzige schriftliche Absage erst am 10. März – nur wenige Tage vor der Deadline zur Absicherung vertraglicher Verpflichtungen. Damit ließ die Staatskanzlei die Verantwortlichen der Tour sehenden Auges ins offene Messer laufen. Die nachträgliche Behauptung, die Tour sei zu hoch subventioniert gewesen, entbehrt laut Veranstaltern jeglicher Grundlage. Eigentlich ist es nochmal ein richtiges Nachtreten und wieder eine öffentliche Demütigung ohne Repekt für die geleistete Arbeit.
Meine Meinung auch wenn ich nicht aus Thüringen komme: Die politische Ignoranz und mangelnde Wertschätzung für die immense ehrenamtliche Leistung sowie das internationale Prestige der Tour sind nicht nur ein Affront gegen den Frauenradsport, sondern ein herber Rückschlag für die sportliche, kulturelle und touristische Strahlkraft Thüringens.
Wenn ich in meine Stadt schaue nach Essen: Hier gab es früher Kohle unter der Erde oben drüber aber nicht und immer noch nicht. Wir baden nicht in Milch und essen auch keine goldverzierte Steaks, aber die Stadt Essen hat die Chance des Radsports erkannt und holt jetzt die Deutschland Tour zum zweiten Mal in kürzester Zeit in die Stadt. So findet sowohl der Prolog, als auch der Start der ersten Etappe 2025 hier statt. Das alles gibt es auch nicht für umsonst, aber es ist alles wert. Alleine für die Außendarstellung.
Aber das scheint der Landesregierung Thüringen egal. Erst ein internationales Medienecho lässt sie kurzzeitig aufwachen. Zu spät versucht man nun zu kommunizieren und lamentieren. Aber es ist wie es ist: Man hat es richtig „verkackt und damit leider ein Paradebeispiel geliefert, wie politische Kurzsichtigkeit und Kommunikationsversagen ein Leuchtturmprojekt zu Fall bringen können.
> Fotos / frontalvisision.com: Lotto Ladies Tour 2024