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Calvin Dik: Ein Riesentalent auf dem Weg nach oben

 
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Es ist schon bemerkenswert: da fährt ein junger Mann bei den Welt- bzw. Europatitelkämpfen in Aigle/Schweiz in die Medaillenränge und von der sogenannten Sportmetropole Berlin nimmt kaum einer Notiz davon. Der Berliner Radsport Verband e.V. (BRV) macht trotz nicht vorhandener Lobby bei den einschlägigen Kreisen und vielen internen Problemen dennoch immer wieder durch herausragende Leistungen seiner Sportler auf sich aufmerksam, dabei sich stützend auf die gute Arbeit in den Vereinen, wie z.B. beim RSV Werner Otto, dem SC Berlin oder dem Marzahner RC 94, wo hervorragende Trainer den Grundstein für spätere Topleistungen legen.

Hinzu kommt das einzigartige Engagement der Eltern, die ihre gesamte Freizeit für den Leistungssport ihrer Kinder opfern und ohne deren finanzielle Unterstützung das alles nicht möglich wäre. So ist es auch bei Calvin Dik vom RSV Werner Otto, dessen Eltern mit großem Einsatz dabei sind und dabei die Unterstützung bzw. die Wertschätzung von Erfolgen seitens des BRV aber auch des Landessportbundes eher vermissen. Bei anderen Landesverbänden und auch Nationen läuft es besser, da werden Topleistungen bei Welt- und Europameisterschaften entsprechend honoriert und gewürdigt. Dann muss man sich auch nicht wundern, wenn es immer wieder dazu kommt, dass Sportler aus Berlin den Landesverband wechseln.

Für Berlins Aushängeschild auf der Bahn Calvin Dik war der August ein ereignisreicher und auch kräftezehrender Monat mit zwei internationalen Meisterschaften innerhalb von zehn Tagen. Zunächst stand die Bahn-Weltmeisterschaft des Nachwuchses vom 15. bis 19. August an, wo er im Punktefahren und im Madison gemeinsam mit Nils Weispfennig vom RSV Edelweiß Oberhausen am Start war. Im Punktefahren ließ sich Calvin Dik im zweiten Vorlauf den Sieg nicht nehmen und distanzierte dabei den starken Australier Lucas Plapp, die beide zu den vier Fahrern gehörten, die einen Rundengewinn erzielten. Die Regenerationszeit für Calvin Dik zum späteren Finale betrug weniger als eine Stunde, was sich im Finale über 120 Runden mit zwölf Wertungsspurts schon bemerkbar machte. Hier hatte dann aber der Australier das bessere Ende mit drei (!) Rundengewinnen für sich, während Calvin Dik nur einen herausfuhr und mit Rang fünf vorliebnehmen musste. Unter 20 Startern konnte er dennoch mit diesem Ergebnis mehr als zufrieden sein. 

Im Madison belegten Calvin Dik/Nils Weispfennig im zweiten Vorlauf den vierten Platz, mit dem sie locker das Finale erreichten. Auf diesem undankbaren vierten Platz landeten sie auch im Finale über 140 Runden, das von 13 gestarteten Mannschaften nur acht beendeten und von den Australiern Blake Quick/Lucas Plapp gewonnen wurde. Sie fuhren aber ein starkes Rennen und lagen vor der Schlusswertung nur einen Punkt vom dritten Platz entfernt, den sie durch Behinderung und dem folgenden Ausweichmanöver nicht mehr realisieren konnten. 

Nur zwei Tage später fand am gleichen Ort die Europameisterschaft statt, etwas unüblich vom Zeitverlauf und vom Austragungsort her, aber es hatte seinen Grund. Anders als in den Jahren zuvor, wo die europäischen Titelkämpfe im Juli des Jahres stattfanden, sollten sie in diesem Jahr vom 21. bis 26. August im italienischen Montichiari ausgetragen werden. Durch die  Schließung des Velodroms von Montichiari musste die Europameisterschaft kurzfristig abgesagt werden, aber der Europäische Radsportverband (UEC) fand schnell einen neuen Ausrichter und so war erneut Aigle Veranstalter eines großen Radsportevents für den Nachwuchs.  

Berlin war wieder durch Calvin Dik vertreten und auch Berlins zweites As im Bahnradsport Elias Richter vom Marzahner RC 94 war diesmal am Start. Letzterer wurde im Punktefahren über 120 Runden als 10. klassiert, während er im Ausscheidungsfahren auf Platz 11 landete. Für Calvin Dik stand zunächst die Mannschaftsverfolgung auf dem Programm und mit einem vierten Platz in der Qualifikation reichte es schließlich zum Lauf um Platz drei, wo er mit Max Gehrmann vom RSC Turbine Erfurt, Jannis Peter vom SSV Gera und Tobias Buck-Gramcko von Tuspo Weende die starken Belgier mit einem neuen deutschen Rekord von 4:07,401 Minuten auf den vierten Platz verwies und somit die Bronzemedaille hinter Polen und Italien gewann. 

Der Berliner wurde darüber hinaus noch im Omnium und Madison eingesetzt und dabei erreichte er weitere, ganz ausgezeichnete Ergebnisse. Zunächst gab es im Omnium eine tolle Silbermedaille mit 129 Punkten nur knapp hinter dem Belgier Fabio van den Bossche, der 132 Punkte erzielte. „Ich habe im Scratchrennen mit dem 12. Platz den Titel verloren, hatte dort nicht ins Rennen gefunden und falsch gekettet“, sagte Calvin Dik, der sich dennoch über den Silberrang freuen durfte. Die Temporunden hatte er sogar mit zwei Rundengewinnen siegreich gestaltet und auch der fünfte Platz im Ausscheidungsfahren ließ dennoch alle Chancen für das abschließende Punktefahren offen. Auch dort konnte er einen Rundengewinn vollziehen und sich die 10 Punkte für den Schlussspurt sichern, womit er den Italiener Tommaso Nencini noch auf Platz drei verwies. 

Im abschließenden Madison mit seinem kongenialen Partner Nils Weispfennig gab es eine weitere Silbermedaille hinter den siegreichen Belgiern Nicolas Wernimont/Fabio van den Bossche, die trotz des finalen Spurtsiegs der Deutschen nicht mehr von Platz 1 zu verdrängen waren. In dem von 12 Mannschaften bestrittenen Finale war kein einziger Rundengewinn zu verzeichnen und letztlich beendeten auch nur acht Teams das Rennen. Am Ende waren es neun Punkte, die die Belgier Vorsprung hatten, während die Polen Damian Papierski/Filip Prokopyszyn auf Rang drei ebenfalls neun Punkte weniger als die Deutschen auf dem Konto hatten. Das Rennen begann für Calvin Dik/Nils Weispfennig vielversprechend, aber durch den Sturz eines Spaniers kamen sie etwas aus dem Rhythmus und ließen ein paar Punkte in den Wertungen liegen. 

Alles in allem gaben Elias Richter und insbesondere Calvin Dik eine gute Figur ab und bewiesen einmal mehr, dass in Berlin hervorragende Talente vorhanden sind, die sogar international bestehen können. Es ist immer von der Sportmetropole Berlin die Rede, aber in dieser wird der Radsport - eine Sportart, die international wie kaum eine andere ständig große Erfolge erzielt - einfach nur stiefmütterlich behandelt. Man muss sich nur einen weiteren jungen Mann wie Maurice Ballerstedt vom SC Berlin als Beispiel nehmen, der auf der Straße bei den Junioren zum Kader des Bund Deutscher Radfahrer (BDR) zählt und in der Gesamtwertung der Rad-Bundesliga derzeit einen ausgezeichneten zweiten Platz einnimmt. Er muss kurzfristig einfach den Landesverband wechseln, denn wie soll er in Berlin, wo es keine Tour de Berlin mehr gibt und auch die Internationale kids-tour Berlin mit ihren Etappen ins Umland gehen muss, realistische Chancen zur Weiterentwicklung haben? 

Fahrradinitiative hin oder her: auch der Radsport hat ein Recht auf mehr Beachtung und sollte bei den vielen Events dieser Stadt nicht immer auf dem letzten Platz stehen. Die Deutschland Tour hat gerade zuletzt wieder eindeutig bewiesen, dass das Interesse für leistungsmäßigen Radsport durchaus vorhanden ist. 

Bericht: Bernd Mülle    

Fotos: Arne Mill / frontalvision.com (Archivbilder)

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Berlin
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Hallo Bernd,

ein sehr guter Artikel. Aber was erwartest Du eigentlich von einer Stadt, deren sportliches Aushängeschild mit dem Schriftzug TEDi auf der Brust spielt? In der die Anmeldung eines Autos mehrere Wochen dauert? In deren Flughafen man sich wie in der dritten Welt vorkommt?

Viele Grüße, Tom.
T
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