Der Beginn der Bahn-Weltmeisterschaften 2018 im niederländischen Apeldoorn hätte für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) kaum besser sein können: der erste Titel für die Teamsprinterinnen Kristina Vogel, Miriam Welte und Pauline Sophie Grabosch, die ihre Klasse ein weiteres Mal mit entsprechender Dominanz unterstrichen. Schon in der Qualifikation in der Besetzung Miriam Welte und Pauline Sophie Grabosch fuhren sie Bestzeit und nur unwesentlich langsamer waren dann Kristina Vogel und Miriam Welte in der 1. Runde, als sie klar gegen Polen gewannen.
Erstes Gold für den BDR: Die Teamsprinterinnen einmal mehr souveräne Sieger
Mit erneut bester Zeit aller acht Teams erreichten sie das Finale um Gold gegen die starken Fahrerinnen aus den Niederlanden, die ihren Heimvorteil zu nutzen verstanden. Aber Kristina Vogel und Miriam Welte ließen sich davon nicht beeindrucken und erzielten noch einmal Bestzeit mit 32,605 Sekunden, so dass die Niederländerinnen Kyra Lamberink und Shanne Braspennincx keine Chance hatten. Für die Titelverteidigerinnen Daria Shmeleva und Anastasiia Voinova blieb in diesem Jahr gegen China nur Bronze übrig, wobei sie sich als amtierende Europameisterinnen zumindest die Finalteilnahme erhofft hatten.
Für die Männer verlief der Teamsprint in der Qualifikation in der Besetzung Robert Förstemann, Maximilian Levy und Joachim Eilers mit einem dritten Platz in der Zeit von 43,452 Sekunden hinter den Niederlanden und Frankreich durchaus erfreulich mit der Hoffnung auf eine Medaille, nachdem im Vorjahr nur ein enttäuschender 12. Platz herausgesprungen war. In der 1. Runde gegen Russland kam dann Stefan Bötticher für Robert Förstemann zum Einsatz und die 43,594 Sekunden reichten nicht zum Sieg, den die Russen mit 43,557 Sekunden herausfuhren. Die hauchdünne Niederlage reichte am Ende nur zu Platz fünf, obwohl sie von den acht Teams die viertbeste Zeit erzielt hatten. Als Laufsieger gegen Japan hatten die Franzosen eine schlechtere Zeit als die Deutschen, aber das für viele recht undurchsichtige Reglement wollte es anders.
Ein Schmankerl gab es dann bei der Siegerehrung, als die Niederländer als neuer Weltmeister vor Großbritannien und Frankreich geehrt wurden. Insgesamt fünf Fahrer aus Großbritannien hatten den Wettbewerb absolviert und alle erhielten eine Silbermedaille, nur ein fünfter Blumenstrauß war nicht aufzutreiben und so zeigten die Briten eine tolle Reaktion, als sie aus den vorhandenen Sträußen jeweils eine Blume herausnahmen und sie ihrem fünften Mann in die Hand drückten. Chapeau!
Am ersten Tag trumpften die einheimischen Fahrer besonders stark auf und holten sich eine weitere Goldmedaille im Scratchrennen der Frauen über 10 km durch die routinierte Kirsten Wild, die die Belgierin Jolien D’Hoore und die starke Dänin Amalie Dideriksen auf die weiteren Podiumsplätze verwies. Für die deutsche Teilnehmerin Tatjana Paller blieb in diesem illustren Starterfeld von 22 Frauen nur Platz 17 übrig. Mit zwei Gold- und einer Silbermedaille in den drei Entscheidungen des ersten Tages übernahmen die Niederlande souverän den ersten Platz im Medaillenspiegel vor Deutschland.
Auf dem Programm des ersten Wettkampftages standen ferner die Qualifikationsrennen in der Mannschaftsverfolgung der Frauen und Männer. Bei den Frauen waren 13 Teams am Start und für die Fahrerinnen des BDR, Charlotte Becker, Franziska Brauße, Lisa Brennauer und Gudrun Stock, ging es vor allem darum, das schwache Ergebnis des Vorjahres, als man den 14. und letzten Platz mit der mäßigen Zeit von 4:36,287 Minuten belegte, zu revidieren. Mit einer starken Lisa Brennauer, die Tatjana Paller ersetzte, fuhren sie in der Qualifikation mit 4:26,746 Minuten rund zehn Sekunden (!) schneller als vor Jahresfrist und erreichten damit einen ausgezeichneten 6. Platz. So treffen sie in der 1. Runde am Donnerstag auf Frankreich und wahrten damit ihre Chance auf eine mögliche Bronzemedaille, wenngleich der zeitliche Abstand zu starken Nationen wie Neuseeland oder Italien, aber auch Kanada noch zu groß sein dürfte. Dennoch war die Leistung der deutschen Frauen nach den vielen vorherigen Enttäuschungen bereits jetzt aller Ehren wert und im Hinblick auf die nächsten Olympischen Spiele mehr als hoffnungsvoll.
Gleiches gilt für die Männer, die zwar auf einen so wichtigen Mann wie Domenic Weinstein verzichten mussten, aber in der Besetzung Felix Groß als Anfahrer, Kersten Thiele, Maximilian Beyer und Theo Reinhardt im Feld der 16 Teams mit einer Zeit von 3:57,447 Minuten einen hervorragenden vierten Platz in der Qualifikation erreichten. Gegen die Schnellsten, die Fahrer aus Großbritannien, mussten sie dann in der 1. Runde antreten und auch hier schlugen sie sich ganz hervorragend, wenngleich sie gegen 3:56,335 Minuten der Briten mit einer Zeit von 3:58,047 Minuten letztlich unterlagen. Aber das liebe Reglement macht es möglich, dass sie dennoch ihre Chance auf Bronze erhielten, denn nicht der zweite Platz in den Läufen der acht besten Teams war letztlich ausschlaggebend, sondern die gefahrene Zeit und da hatten die Deutschen gegenüber Neuseeland, die Schweiz, Russland und Kanada die Nase vorn.
Nun gilt es gegen starke Italiener im Kampf um Bronze zu bestehen, aber die stark verbesserten Südländer sind leicht favorisiert. Über drei Sekunden waren sie als Verlierer gegen Dänemark schneller als die Deutschen und sie haben mit Simone Consonni und Filippo Ganna zwei Fahrer in ihren Reihen, die mit dem UAE-Team Emirates in der WorldTour unterwegs sind und gerade erst am letzten Wochenende in Belgien beim Omloop Het Nieuwsblad auf der Straße fuhren. Es zeigt sich auch an diesem Beispiel wieder, dass es für Straßenfahrer kein Problem ist – siehe auch Elia Viviani oder Roger Kluge -, starke Leistungen auf der Bahn abzurufen. Den einen oder anderen Straßenfahrer auch in Deutschland für den Vierer einzubinden, wäre durchaus eine Alternative um vielleicht ganz vorn zu landen, ohne die am ersten Tag in Apeldoorn gezeigten Leistungen schmälern zu wollen. Denn die Zeiten der um Gold kämpfenden Nationen Großbritannien und Dänemark sind mit rund 3:54 Minuten noch nicht ganz in Sichtweite, zumal auch die in diesem Jahr fehlenden Titelverteidiger aus Australien mit Zeiten um 3:50 Minuten noch ganz andere Maßstäbe setzen.
Warum sie in Apeldoorn nicht am Start sind, lässt sich nur schwer nachvollziehen und ist bei dem großen Reservoir an geeigneten Athleten für die Mannschaftsverfolgung eigentlich nur schade. Sind es die 21. Commonwealth Games Anfang April 2018 in der australischen Stadt Gold Coast, die für die Australier unbedingte Priorität haben oder sind es gar finanzielle Aspekte, die die lange Reise nach Europa verhinderten? Für sie bleibt bei diesen Weltmeisterschaften nur die Hoffnung auf Edelmetall durch Cameron Meyer im Punktefahren und gemeinsam mit Callum Scotson im Madison, der auch im Scratchrennen startet sowie durch Matthew Glaetzer und Stephanie Morton in den Kurzzeitdisziplinen.
Bericht: Bernd Mülle
Fotos: Arne Mill (frontalvision.com)