Nach 35 Jahren wieder Sixdays in London: de Ketele / de Pauw Punktsieger

BM Updated 25 Oktober 2015
Nach 35 Jahren wieder Sixdays in London: de Ketele / de Pauw Punktsieger

LondonAm ersten Abend des Londoner Sechstagerennens, das nach 35 Jahren Pause – zuletzt siegten 1980 die Australier Danny Clark und Donald Allan – von der Madison Sport Group wiederbelebt wurde, gab es gleich einen Sieg eines Briten. Mark Stewart war es, der den 1878 Cup, bezugnehmend auf das Erfindungsjahr der Sixdays in London, zu seinen Gunsten entschied. Dieser eigenständige Wettbewerb, der als Omnium ausgetragen wurde und mit dem Schlusstag der Europameisterschaften in Grenchen kollidierte, diente als Prolog für das Sechstagerennen und sah insgesamt 24 Fahrer am Start, darunter u.a. die Dänen Lasse Norman Hansen und Michael Mörköv sowie die Niederländer Niki Terpstra und Yoeri Havik. Aber auch deutsche Fahrer wie Christian Grasmann oder Lucas Liss sowie nicht zuletzt der Berliner Sebastian Wotschke vom KED-Stevens Team waren dabei und rollten sich für die restlichen fünf Tage des traditionellen Sechstagerennens ein.

Nach den Wettbewerben Scratch, Ausscheidungsfahren, 500 m Zeitfahren stehend, 500 m Zeitfahren fliegend und 30 km Punktefahren war Mark Stewart mit insgesamt 27 Punkten und den Siegen in beiden Zeitfahren nicht zu schlagen. Hinter Michael Mörköv und Niki Terpstra erreichte Christian Grasmann mit 41 Punkten einen guten vierten Platz, während Lucas Liss auf Platz 13, Achim Burkart auf Platz 20 und Sebastian Wotschke auf Platz 22 vor Stefan Schäfer landeten.

BalzerAuch die Sprinter waren mit sechs Fahrern schon im Einsatz, wo sich der Deutsche Erik Balzer den Sieg vor dem Japaner Kazunari Watanabe sicherte. Im Madison des U 23 Talent Cups über 40 km triumphierten die Franzosen Philemon Marcel-Millet/Joseph Berlin-Semon vor den Dänen Mathias Krigbaum/Elias Helleskov Busk. 

Am Montag wurde dann das Sechstagerennen gestartet mit insgesamt 18 Teams, darunter Olympiasieger, Welt- und Europameister, die für ein äußerst attraktives Fahrerfeld sorgten. Mannschaften wie die Brüder Michael und Jesper Mörköv sowie Alex Rasmussen/Marc Hester aus Dänemark, die Belgier Kenny de Ketele/Moreno de Pauw und Iljo Keisse/Gijs van Hoecke, die Niederländer Niki Terpstra/Yoeri Havik oder auch die Spanier David Muntaner/Albert Torres stellten für die deutschen Teilnehmer eine große Konkurrenz dar. Die größten Chancen konnten noch Lucas Liss an der Seite des französischen Madison-Weltmeisters Morgan Kneisky und den Deutschen Meistern Christian Grasmann/Stefan Schäfer eingeräumt werden, während Sebastian Wotschke auf seinen Standardpartner Hans Pirius verzichten musste und mit Achim Burkart ein Team bildete.

LondonDie Veranstalter hatten keine Kosten und Mühen gescheut, nach so langer Zeit den Zuschauern ein großes Spektakel zu bieten. Wenn auch vielleicht eingeplante Fahrer wie Mark Cavendish oder Bradley Wiggins nicht am Start standen, so war das Fahrerfeld, zu dem auch die Sprinter, Frauen und auch Nachwuchsfahrer der Junioren und U 23 zählten, voll gespickt mit vielen Athleten der Extraklasse, die mit tollen Leistungen in allen Bereichen die Zuschauer mitrissen. Die Atmosphäre, die in der Halle herrschte, mit dem DJ im Innenraum und den auf der Bühne jeweils präsentierten Siegern der Wettbewerbe, hatte schon etwas Besonderes, das man so bislang auf Europas Winterbahnen nicht kannte. Dazu die Trikots der Fahrer jeweils mit Rücken- bzw. Oberarmnummern in einer Größe, die sie deutlich erkennbar machten. Erfreulich auch die zügige Abwicklung der einzelnen Wettbewerbe, die keine elend langen Siegerehrungen zuließen. 

Ein Dank in diesem Zusammenhang an Eurosport, die alle Tage live aus dem Londoner Velodrom berichteten und mit ausgezeichneter Kameraführung den Zuschauern beste Eindrücke vermittelten. Dabei wurden nicht nur die Jagden übertragen, sondern auch die Dernyrennen, Ausscheidungsfahren und Mannschaftszeitfahren kamen nicht zu kurz. Hinzu kamen die Sprinter- und Keirinrennen und die Rennen der Frauen, die wie schon in Berlin und Bremen auch in London Gelegenheit bekamen, sich zu präsentieren. 

De Ketele/De Pauw Punktsieger vor starken Briten Latham/Wood 

Vor dem Schlussabend am Freitag hatten noch sieben Teams die Chance auf den Sieg im Londoner Sixdays, die sich jeweils in den täglichen Jagden als Spitzenmannschaften herauskristallisierten. Das britische Publikum, das an den letzten beiden Tagen zahlreich erschienen war, zeigte sich begeistert vom Sport, den insbesondere auch ihre jungen Lokalmatadoren Germain Burton/Mark Stewart und vor allem Christopher Latham/Oliver Wood boten. Letztere mischten couragiert bis zum Schluss mit und gaben sich erst im allerletzten Sprint dem routinierten Kenny de Ketele geschlagen, der seinen jungen Partner Moreno de Pauw zu seinem ersten Sechstagesieg führte. 

BeckerDoch bevor mit der Finaljagd begonnen wurde, hatte es vorher noch mit den Rennen der Sprinter und dem Omnium der Frauen spannenden Sport gegeben. Bei den Frauen war die in Berlin lebende Charlotte Becker am Start, die am vierten Veranstaltungstag im Scratchrennen siegte und tags darauf einen guten dritten Platz im Punktefahren herausfuhr. Am Schlusstag landete sie in den drei Disziplinen Punktefahren, Ausscheidungsfahren und Scratch auf den Plätzen 5, 7 und 9 und erreichte im Feld der 19 Teilnehmerinnen in der Gesamtwertung einen sehr guten 7. Platz hinter der besten Deutschen Stephanie Pohl, die auf Platz 3 sich nur der Siegerin Malgorzata Wojtyra aus Polen und der Norwegerin Anita Stenberg beugen musste. 

Die Sprinter mit den beiden Deutschen Erik Balzer und Sascha Hübner im 8-köpfigen Feld waren nach den umkämpften Vortagen nochmals in den Disziplinen 200 m fliegend, Keirin und Sprint gefordert und letztlich setzte sich mit dem mehrfachen Europameister Denis Dmitriev aus Russland in der Gesamtwertung mit 42 Punkten der Favorit durch, aber unter dem Jubel der Zuschauer war es der junge Brite Matthew Rotherham, der mit 45 Punkten einen ausgezeichneten zweiten Platz belegte. Mit 51 Punkten wurde Erik Balzer guter Dritter vor dem Tschechen Tomas Babek und Sascha Hübner, während sich Showman Nate Koch aus den USA durch starke Keirinrennen am Finaltag noch auf den 7. Platz vorschob.

KeisseDie erste Jagd über 20 km, wo alle Teams rundengleich blieben, gewannen zunächst die Belgier Iljo Keisse/Gijs van Hoecke vor den Briten Latham/Wood und nach dem von Kenny de Ketele gewonnenen Dernyrennen holten die jungen Briten unter dem Jubel der Fans nicht nur den Sieg im Mannschaftsausscheidungsfahren, sondern gewannen auch das 500 m Mannschaftszeitfahren. Mit den jeweils 20 Punkten als Sieger der Wettbewerbe sprengten sie die 200 Punktemarke und bekamen eine Runde gutgeschrieben. Damit lagen sie sensationell an der Spitze des Klassements vor dem großen Finale rundengleich mit den Belgiern de Ketele/de Pauw, Keisse/van Hoecke, den Niederländern Terpstra/Havik und den Spaniern Muntaner/Torres, während auch die Dänen Rasmussen/Hester ebenso wie ihr Landsmann Lasse Norman Hansen an der Seite des Niederländers Pim Ligthart mit nur einer Verlustrunde noch gute Podiumschancen besaßen. 

KeteleDie Spannung war deutlich zu spüren, als die finale Jagd mit sofortigen Vorstößen begann. Die Favoriten ließen sich dabei nicht aus den Augen und so wurden einzelne Rundengewinne sofort wieder gekontert. Es lief darauf hinaus, dass die Punkte am Ende entscheiden mussten und hier hatten die Briten Latham/Wood durchaus gute Chancen auf den Sieg. Ein letzter von Iljo Keisse gefahrener Vorstoß sah zunächst erfolgversprechend aus, doch das Fahrerfeld schloss nach einigen Runden wieder auf. Für Keisse/van Hoecke war mit dem letzten Spurt der Sieg nicht mehr möglich, aber zwischen de Ketele/de Pauw und Latham/Wood entbrannte ein ganz heißes Finale, das die Zuschauer von den Sitzen riss. Und Kenny de Ketele war es schließlich, der den letzten Spurt gewann und Latham/Wood das Nachsehen gab. Das äußerst faire Publikum spendete den Belgiern verdienten Beifall und konnte mehr als stolz über die jungen Christopher Latham und Oliver Wood sein, die mit 21 bzw. 19 Jahren die Zukunft vor sich haben und hier vor heimischer Kulisse ein tolles Rennen fuhren. 

wotschkeNoch ein Wort zum einzigen Berliner Teilnehmer Sebastian Wotschke: der KED-Stevens Fahrer, dessen Sportlicher Leiter Dieter Stein vor Ort war, enttäuschte keineswegs und fuhr erstmals an der Seite von Achim Burkart, mit dem er recht gut harmonierte. Am Ende reichte es zwar „nur“ zum 14. Platz unter den 18 Teams, aber sie mussten im gesamten Verlauf des Rennens auch nur sieben Runden preisgeben. Mit seinem Stammpartner Hans Pirius sollte er im Januar in Berlin am Start sein und zur Belebung des 105. Berliner Sechstagerennens beitragen können. 

Man darf an dieser Stelle gespannt sein, ob die Veranstalter, die ja seit kurzem auch Gesellschafter der Berliner Sixdays sind, schon Anfang nächsten Jahres einige in London gut angekommene Dinge (s.o.) auch in der Hauptstadt umsetzen. Das Londoner Sechstagerennen hat jedenfalls Lust auf mehr gemacht, insbesondere auch durch die ausführlichen Live-Übertragungen von Eurosport. Über diese Medienpräsenz oder vielleicht auch über einen schon oft diskutierten Live-Stream lohnt es sich durchaus darüber nachzudenken.

Ergebnis:

  1. Kenny de Ketele/Moreno de Pauw (BEL) 231 Punkte
  2. Christopher Latham/Oliver Wood (GBR) 224 Punkte
  3. Iljo Keisse/Gijs van Hoecke (BEL) 214 Punkte
  4. Niki Terpstra/Yoeri Havik (NED) 122 Punkte
  5. David Muntaner/Albert Torres (ESP)   71 Punkte
  6. Alex Rasmussen/Marc Hester (DEN) 134 Punkte 1 Rd.
  7. Michael Mörköv/Jesper Mörköv (DEN) 104 Punkte 2 Rd.
  8. Lasse Norman Hansen (DEN)/Pim Ligthart (NED)   96 Punkte
  9. Morgan Kneisky (FRA)/Lucas Liss (GER)   98 Punkte 4 Rd.
  10. Germain Burton/Mark Stewart (GBR)   99 Punkte 5 Rd.
  11. Stefan Schäfer/Christian Grasmann (GER)   18 Punkte 6 Rd.
  12. Andreas Müller/Andreas Graf (AUT)     4 Punkte
  13. Jesper Asselman/Wesley Kreder (NED)   32 Punkte 7 Rd.
  14. Sebastian Wotschke/Achim Burkart (GER)     2 Punkte
  15. Ivan Kovalev (RUS)/Melvin van Zijl (NED)     0 Punkte 10 Rd.
  16. Jacob Duehring/Daniel Holloway (USA)     7 Punkte 11 Rd.
  17. Glenn O’Shea (AUS)/Adam Blythe (GBR)   34 Punkte 12 Rd.
  18. Christopher Lawless (GBR)/Denis Rugovac (CZE)     0 Punkte 17 Rd.        

Text: Bernd Mülle

Fotos: Arne Mill

> zur turus-Fotostrecke: Sixdays London 2015

 

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