Mit einer konzentrierten und nervenstarken Leistung rettete Kristina Vogel am vierten Tag der Bahnradsport-Weltmeisterschaften die Ehre des in den letzten Jahren so überaus erfolgreichen Kurzzeitbereiches des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) mit ihrem zweiten WM-Sprinttitel nach 2014. Im Halbfinale gegen die starke Chinesin Tianshi Zhong verlor sie zunächst den ersten Lauf knapp, um dann im zweiten ebenso knapp den Spieß umzudrehen, so dass erstmals ein dritter Lauf über die Finalteilnahme entscheiden musste. Da zeigte sich Kristina Vogel voll auf der Höhe, gewann den Lauf und zog in das Finale um Gold ein. Hier traf sie dann auf die Niederländerin Elis Ligtlee, die ihr Halbfinale gegen die Australierin Stephanie Morton in zwei Läufen dominierte. Im Finale bot Kristina Vogel trotz eines Sturzes nochmals eine eindrucksvolle Vorstellung, gewann den ersten Lauf mit hauchdünnem Vorsprung, um im zweiten sich dann relativ klar zu behaupten. Die Bronzemedaille ging schließlich an Zhong, die beide Läufe gegen Morton siegreich gestalten konnte.
UCI Bahn-WM: Kristina Vogel rettet mit Gold die Ehre der deutschen Sprinter
Im Scratchrennen der Frauen über 10 km waren 24 Teilnehmerinnen am Start, darunter auch die junge Deutsche Gudrun Stock, die sich in diesem starken Feld mit einem zehnten Platz achtbar aus der Affäre zog. Mit der Niederländerin Kirsten Wild siegte eine der Topfavoritinnen vor der sympathischen Australierin Amy Cure, die ihre Medaillensammlung nach Gold in der Mannschafts- und Bronze in der Einzelverfolgung komplettierte und derzeit die erfolgreichste Frau der WM ist. Die Bronzemedaille ging an Allison Beveridge aus Kanada, die für ihr Land das zweite Edelmetall errang. Die eigentlich Drittplatzierte Pascale Jeuland aus Frankreich wurde disqualifiziert, da sie die Slowakin Alzbeta Pavlendova geschnitten und fast zum Sturz gebracht hatte.
Bei den Männern stand die Einzelverfolgung mit der Qualifikation am Nachmittag an, in der der Australier Jack Bobridge mit 4:16,219 Minuten die schnellste Zeit erzielte und den Schweizer Stefan Küng, den Russen Alexander Serov und den überraschend starken Franzosen Julien Morice auf die nächsten Plätze verwies. Eine ganz starke Leistung mit persönlicher Bestzeit von 4:21,724 Minuten bot der deutsche Teilnehmer Kersten Thiele, der einen guten sechsten Platz unter 20 Startern erreichte. Im Finale am Abend war dann der Schweizer Stefan Küng der Glückliche, der den favorisierten Australier Bobridge bezwang und mit starker Leistung nach der Hälfte des Rennens noch den Sieg aus dem Feuer riß. Es war die erste Goldmedaille für die Schweiz, nachdem die legendären Bruno Risi und Franco Marvulli in 2007 den Madisonwettbewerb gewonnen hatten. Bronze ging schließlich an den Franzosen Morice, der den Russen Serov äußerst knapp auf den undankbaren vierten Platz verdrängte.
Der Omniumwettbwerb am zweiten Tag begann mit einem Sieg von Lucas Liss im 1000 Meter Zeitfahren und einem guten fünften Platz in der fliegenden Runde über 250 Meter hinter dem erneut siegenden Italiener Elia Viviani, der den Deutschen auf den siebten Rang der Gesamtwertung katapultierte und ihm noch Chancen auf eine Medaille für das abschließende Punkterennen über 40 km ließ. Hier jedoch spielte Liss keine Rolle mehr, als er lediglich zwei Punkte erspurtete und auch keinen Rundengewinn erzielen konnte und im Endergebnis auf den 11. Platz zurückfiel. Dagegen schaffte der Neuseeländer Aaron Gate sogar drei Überrundungen und schob sich damit noch auf den fünften Gesamtrang nach vorn. Die Goldmedaille ging an den Sieger des Weltcups von London Fernando Gaviria aus Kolumbien, der zu Beginn des Punkterennens stürzte, aber umgehend das Rennen fortsetzte und gleich darauf den letztlich entscheidenden Rundengewinn herausfuhr. Mit 205 Punkten bestätigte er seinen Londoner Erfolg und bezwang den Australier Glenn O’Shea mit 190 Punkten und den Italiener Elia Viviani mit 181 Punkten, obwohl Letzterer allein drei der sechs Einzelwettbewerbe gewann.
Für die deutschen Männer des Kurzzeitbereiches sind diese Weltmeisterschaften eher ernüchternd. Der am vierten Tag beginnende Sprint begann zunächst mit der Qualifikation über 200 Meter, die Stefan Bötticher noch mit phantastischen 9,641 Sekunden gegen 33 Kontrahenten gewann, wobei für den Wahlberliner Robert Förstemann mit 9,877 Sekunden nur ein inakzeptabler 20. Platz zu verzeichnen war. „Ein Schlag ins Gesicht“, so äußerte sich Förstemann, war diese seit 2008 schlechteste WM-Platzierung für ihn, die schon im Sechzehntelfinale im Duell mit dem Australier Matthew Glaetzer das Aus brachte. Dagegen schaffte Bötticher den Laufsieg gegen den Kanadier Joseph Veloce, jedoch war auch für ihn frühzeitig nach dem Achtelfinale Endstation, als er gegen den Russen Denis Dmitriev auf verlorenem Posten stand und auch im Hoffnungslauf gegen die Franzosen Francois Pervis und Michael D’Almeida unterlag.
Hier fällt die Entscheidung um den Titel am heutigen Schlusstag ebenso wie im Omnium der Frauen, das nach drei Disziplinen von der Niederländerin Kirsten Wild mit 102 Punkten vor der Australierin Annette Edmondson mit 98 Punkten und der Britin Laura Trott mit 96 Punkten angeführt wird. In dem Klassefeld von 20 Frauen nimmt die junge Deutsche Anna Knauer mit 46 Punkten nur den 15. Platz ein, nachdem sie im Scratch Platz 11, in der Einzelverfolgung Platz 16 und den 13. Platz im Ausscheidungsfahren belegt hatte.
Für den Schlusstag sind noch einmal spannende Kämpfe zu erwarten, wo es in noch vier Wettbewerben Medaillen zu erringen gibt. Die deutschen Chancen auf weiteres Edelmetall sind im Madison und im Keirin der Frauen durchaus gegeben.
Text: Bernd Mülle
Fotos: Arne Mill