Paris-Roubaix: ein monumentaler Klassiker nun auch für die Frauen

Paris-Roubaix: ein monumentaler Klassiker nun auch für die Frauen

 
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Was war das für ein Wochenende in Frankreich, als das 118. Paris-Roubaix ausgetragen wurde und die Witterungsbedingungen am Sonntag beim Rennen der Profis für eine Schlammschlacht erster Güte sorgten, verbunden mit vielen Stürzen, die überwiegend glimpflich verliefen. Man schrieb das Jahr 1896 und die erste Austragung des eigentlich immer sehr spektakulären Rennens gewann damals der Deutsche Josef Fischer, dessen Sieg sich aus deutscher Sicht bislang nur einmal wiederholen ließ, als John Degenkolb im Jahre 2015, damals noch im Team Giant-Alpecin, siegreich war und auch in diesem Jahr mit Ambitionen an den Start ging.

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Waren die Chancen für einen deutschen Sieg auch beim ersten Rennen der Frauen vorhanden? Auf verkürzter Strecke von Denain nach Roubaix über 116,4 km und über  insgesamt 17 Kopfsteinpflaster-Sektoren war dieses Rennen eine echte Herausforderung, wobei die Fahrerinnen noch relativ gute Wetterbedingungen vorfanden.

Unter den 129 Starterinnen aus 24 Nationen waren mit Lisa Brennauer von Ceratizit-WNT Pro Cycling, Trixi Worrack von Trek-Segafredo, Romy Kasper vom Team Jumbo-Visma, Franziska Koch vom Team DSM, Tanja Erath vom Team TIBCO-SVB und Mieke Kröger vom Team Coop-Hitec Products auch sechs Deutsche am Start, von denen man Lisa Brennauer und Franziska Koch durchaus einiges zutrauen konnte.

Die Schwere des Rennens wurde allein schon dadurch unterstrichen, dass nur 61 Fahrerinnen ins Ziel kamen und nicht weniger als 24 das Rennen nicht beendeten. Der Rest kam außerhalb des Zeitlimits ins Ziel, darunter befanden sich auch Tanja Erath, Trixi Worrack und Mieke Kröger. Diktiert wurde das Rennen von der Britin Elizabeth Deignan von Trek-Segafredo, die eine bemerkenswerte Solofahrt hinlegte. Bereits zu Beginn der ersten Kopfsteinpflasterpassage etwa 80 Kilometer vor dem Ziel hatte sie attackiert und sukzessive bis zu zwei Minuten Vorsprung herausgefahren, der von den Verfolgerinnen nicht mehr zu kontern war.

Die Niederländerin Marianne Vos vom Team Jumbo-Visma, eigentlich mit allen Wassern gewaschen und für ein derartiges Rennen prädestiniert, erreichte mit 1:17 Minuten Rückstand als Zweite das Ziel vor der stark fahrenden Italienerin Elisa Longo Borghini von Trek-Segafredo, die 1:47 Minuten Rückstand aufwies und Lisa Brennauer um lediglich vier Sekunden auf den undankbaren vierten Platz verwies. 

Ein sensationelles Rennen fuhr auch die erst 21-jährige Franziska Koch, die nur 2:10 Minuten einbüßte und am Ende einen ausgezeichneten 7. Platz belegte. Auch Romy Kasper enttäuschte nicht mit Platz 18, während immerhin so erfolgreiche Fahrerinnen wie z.B. Lorena Wiebes vom Team DSM, Katarzyna Niewiadoma von Canyon SRAM Racing, Annemiek van Vleuten vom Movistar Team oder Marlen Reusser von Ale BTC Ljubljana nicht ins Ziel kamen. 

Für die 174 Profis aus 28 Nationen sollte der Sonntag dann wirklich ein Ritt durch die Hölle des Nordens bedeuten. Sie hatten 257,7 km von Compiegne nach Roubaix zurückzulegen und dabei sollte das Wetter eine ganz entscheidende Rolle spielen. Die meist üblichen, staubigen Feldwege inklusive der Kopfsteinpflasterpassagen sind schon bei trockenem Wetter nicht einfach zu beherrschen, aber was bei dieser 118. Auflage die Profis bewältigen mussten, glich eher einer Tortur. 

Satte 55 Kilometer auf nicht weniger als 30 Sektoren über das „heiß geliebte“ Kopfsteinpflaster, da sind dann ständige Regengüsse eine noch härtere Herausforderung für die Protagonisten der Landstraße. So war es nicht verwunderlich, dass  im Dauerregen, der zu einer wahren Schlammschlacht führte, mehr als 20 Stürze zu verzeichnen waren und es regelrecht zu einem Ausscheidungsrennen kam. 

Nur 96 Fahrer erreichten das Ziel auf der Radrennbahn von Roubaix und auch der Zweitplatzierte von 2019, der Deutsche Nils Politt von BORA-hansgrohe, als Mitfavorit ins Rennen gegangen, stürzte und erreichte das Ziel ebenso wenig wie z.B. die Italiener Davide Ballerini von Deceuninck-Quick Step, Matteo Trentin vom UAE-Team Emirates und Giacomo Nizzolo vom Team Qhubeka NextHash oder die zuletzt so starken Schweizer Michael Schär vom AG2R Citroen Team und Stefan Küng von Groupama-FDJ. 

Der Sieger des Jahres 2014, der Niederländer Niki Terpstra vom Team TotalEnergies, erreichte das Ziel in Roubaix nur mit 30-minütiger Verspätung und damit außerhalb des Zeitlimits und war dabei in guter Gesellschaft seines mitfavorisierten Landsmannes Dylan van Baarle von INEOS Grenadiers. Es war ein mörderisches Rennen, das mit dem Sieg des sich derzeit in Bestform befindlichen Italieners Sonny Colbrelli von Bahrain-Victorious endete, der sich schon im September den Titel des Straßen-Europameisters gesichert hatte.

Dreckverkrustet gewann er in Roubaix den Spurt gegen den sensationell starken, erst 22-jährigen Belgier Florian Vermeersch von Lotto Soudal und einem im Ziel bitter enttäuschten Niederländer Mathieu van der Poel von Alpecin-Fenix, der völlig erschöpft niedersank, während Sonny Colbrelli seinen Sieg nicht fassen konnte und sich schreiend auf dem Rasen des Innenraums der Radrennbahn wälzte. „Mein erster Start bei Paris-Roubaix und dann gleich der Sieg. Ein Traum wurde wahr, ich bin sehr glücklich“, waren die ersten Worte des Italieners, der einmal mehr in diesem Jahr überzeugen konnte. 

Ein starkes Rennen fuhr auch sein Landsmann Gianni Moscon von INEOS Grenadiers, der eine lange Solofahrt hinlegte und schon wie der sichere Sieger aussah. Aber etwa 30 Kilometer vor dem Ziel hatte er zunächst einen Reifenschaden, bekam ein neues Rad und verlor Zeit, um dann später noch zu stürzen. Auf dem Sektor Carrefour de l'Arbre wurde er von der dreiköpfigen Gruppe um Sonny Colbrelli ein- und überholt, belegte aber letztlich noch einen guten 4. Platz. 

Bester Deutscher auf Platz 11 war Jonas Rutsch von EF Education-Nippo unmittelbar vor Max Walscheid vom Team Qhubeka NextHash, die beide einen ganz starken Eindruck hinterließen. Auch Max Walscheid war gestürzt ebenso wie John Degenkolb von Lotto Soudal und der amtierende Deutsche Meister Maximilian Schachmann von BORA-hansgrohe, die das Ziel auf den Plätzen 53 bzw. 77 erreichten. 

Bericht: Bernd Mülle

Fotos: Arne Mill / frontalvision.com

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