Lucinda Brand gewinnt die Tour durch die riesigen Felder mit den gelben Blumen

Lucinda Brand gewinnt die Tour durch die riesigen Felder mit den gelben Blumen

 
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Es ist geschafft und den Organisatoren gilt ein Sonderlob! Mit großen Anstrengungen und einem durchdachten Hygienekonzept hat die unermüdliche Vera Hohlfeld mit ihrem gesamten Organisationsteam „ihre“ Rundfahrt zu einem vollen Erfolg werden lassen. Dazu ein internationales Fahrerfeld auf Topniveau mit 97 Fahrerinnen aus 17 Nationen, da konnte eigentlich nichts schiefgehen. Nach dem Ausfall der Rundfahrt im letzten Jahr aufgrund der Corona Pandemie, die uns auch weiterhin nicht zur Ruhe kommen lässt, hat Vera Hohlfeld keinerlei Kosten und Mühen gescheut, wenigstens in diesem Jahr die so beliebte LOTTO Thüringen Ladies Tour wieder zu ermöglichen. Eine Crowdfunding Aktion kam ihr dabei ebenfalls zu Hilfe. 

Es ist ihr mit Bravour gelungen und nach den ersten drei etwas verregneten Tagen schoss beim Rennen um Dörtendorf auch die Sonne durch die Wolken und hob die Stimmung vor allen Dingen beim radsportbegeisterten Thüringer Publikum, das es sich nicht nehmen ließ, an die Strecke zu kommen und für gute Atmosphäre zu sorgen. Es fühlte sich an wie ein Befreiungsschlag aus der Corona Pandemie! Am Rande der Strecken waren geschmückte Vorgärten zu beobachten und trotz Maskenschutz war die Stimmung ausgezeichnet.



alle Bilder der Rundfahrt bei der Bildagentur frontalvision.com


Das i-Tüpfelchen besorgten die vielen gelben Blumen, die insbesondere bei den ausländischen Fahrerinnen im Feld große Bewunderung hervorriefen. Waren die zu dieser Zeit in Deutschland so üblichen Rapsfelder dort nicht bekannt? Die gute Stimmung wurde nicht dadurch geschmälert, dass ausschließlich die ausländischen Fahrerinnen die Etappensiege herausfuhren und durch Lucinda Brand aus den Niederlanden vom Team Trek-Segafredo Women, die zwei Etappen gewann, auch den Gesamtsieg erkämpften. Ihre Landsmännin Lorena Wiebes vom Team DSM war ebenfalls zweimal erfolgreich, während die beiden übrigen Etappen vom dänischen Shootingstar Emma Norsgaard vom Movistar Team sowie von der für die belgische Nationalmannschaft fahrenden Lotte Kopecky gewonnen wurden. 

Letztere wurde Zweite der Gesamtwertung vor Emma Norsgaard, hinter der als beste Deutsche Liane Lippert vom Team DSM einen hervorragenden vierten Platz belegte. Die bei der letzten Austragung in 2019 siegreiche Deutsche Kathrin Hammes von Ceratizit-WNT Pro Cycling gewann in diesem Jahr die Bergwertung und belegte Platz 11 in der Gesamtwertung.

Das Feedback der Rennfahrerinnen, die besonders die gute Organisation hervorhoben, war sehr gut, zumal es solche Rennen für die Frauen auf absolutem World-Tour-Niveau kaum noch gibt. Auch hinsichtlich der Berichterstattung in den Medien war diese Tour ein Schritt in die richtige Richtung. Die mediale Reichweite hat sich auch international durch Übertragungen bei Eurosport und Global Cycling Network (GCN) um einiges erhöht, was dem bislang eher benachteiligten Frauenradsport nur gut tun kann. Das MDR-Fernsehen war täglich dabei und auch die sozialen Netzwerke wie Twitter, Instagram und Facebook wurden mit  hervorragenden Beiträgen bedient. 

Ihre letzte Tour in Thüringen bestritt Trixi Worrack im Team Trek-Segafredo Women und an all den Rundfahrten knüpfte sie sehr schöne Erinnerungen. „Es ist toll, über so viele Jahre dabei gewesen zu sein. Vor allem an 1999 als Juniorin mit Sondergenehmigung denke ich gern zurück. Bei den wenigen Radrennen in Deutschland ist es immer schön gewesen, so eine Rundfahrt im eigenen Land zu haben. Die professionelle Organisation und der Mix aus schweren und etwas leichteren Etappen für Sprinterinnen sind einfach super“, gab sie uns abschließend zu verstehen. 

Ihre aktuelle Sportdirektorin Ina-Yoko Teutenberg, die diese Rundfahrt im Jahre 1996 vor Vera Hohlfeld gewinnen konnte, äußerte sich wie folgt über Trixi Worrack: „Sie ist immer ein wichtiger Bestandteil des Teams. Ihre Erfahrung und Führung ist unersetzlich in jedem Rennen. Thüringen ist ihr Heimrennen und somit war die 22. und damit letzte Teilnahme für sie natürlich besonders. Es war einfach nur schön, dass wir ihr so einen Abschied verschaffen konnten“. 

Ein Lob zollte Ina-Yoko Teutenberg auch Vera Hohlfeld und ihrem Organisationsteam, das hervorragende Arbeit geleistet hat und hoffentlich im nächsten Jahr etwas weniger Stress haben wird. Zur Kapitänsrolle von Lucinda Brand gab sie folgendes zu Protokoll: „Lucinda war schon unsere einzige Leaderin, da es für Elizabeth Deignan das erste Rennen nach langer Pause war. Wir wollten in erster Linie Etappensiege herausfahren, aber durch die bestechende Form von Lucinda haben wir dann auf beides gesetzt“. 

Im Starterfeld war mit der RSG Gießen Biehler auch eine Mannschaft mit sechs Fahrerinnen vertreten, von denen einmal zwei besonders zu erwähnen sind. Da ist zunächst Helena Bieber, 22 Jahre jung und Siegerin der diesjährigen Main-Spessart-Rundfahrt in Karbach im Rahmen der Radbundesliga und darüber hinaus ihre 25-jährige Teamkameradin Katharina Fox, die dort als Dritte ebenfalls überzeugte. Letztere fährt erst seit diesem Jahr Radrennen und kommt vom Mountainbike Sport, den sie bislang in Freiburg ausübte. „Es war ein riesen Spaß, aber auch sehr lehrreich, sich im großen Profipeleton zu bewegen. Als ich auf der zweiten Etappe attackieren konnte und allein vorne war, das war schon ein surreales Gefühl und schwer in Worte zu fassen. Die Rundfahrt war perfekt organisiert und all die Verantwortlichen um Vera Hohlfeld waren ansprechbar und hilfsbereit.  Die Stimmung innerhalb unseres Teams war unglaublich gut und jeder konnte sich auf den anderen verlassen. Die Zuschauer am Hankaberg schrien uns nach oben, es war einfach Gänsehaut pur“, vermittelte uns Katharina Fox ihre Eindrücke.

Helena Bieber war anfangs nur dankbar, dass sie mit ihrem Team an einer so großen und perfekt organisierten Rundfahrt teilnehmen durfte. „Es war eine unglaubliche Erfahrung in so einem Feld mit den Besten der Welt unterwegs zu sein. Vor der ersten Etappe waren wir schon sehr nervös, aber wir haben jeden Tag viel dazu gelernt. Für mich war der Tag in Schleiz das Highlight, als ich über 100 km mit so einer Größe wie Kirsten Wild in der Spitzengruppe fuhr. Das war wie in einem Rausch und wir haben alles gegeben, um vielleicht am Ende doch das Ziel als erste zu erreichen. Ich könnte mich dran gewöhnen, auch wenn hier der Unterschied zwischen Profileben und Amateur spürbar war“, resümierte die junge Athletin.

Zufrieden äußerte sich auch der Sportliche Leiter des Teams RSG Gießen Biehler, Christian Müller, dessen Statement wie folgt lautete: „Für uns hätte es am Ende nicht viel besser laufen können. Wir wollten uns aktiv zeigen und früh in die Offensive gehen und so habe ich den Mädels vermittelt, dass sie sich durchaus etwas zutrauen sollen. Unsere Philosophie vom Rennsport konnten wir gut zeigen, wobei es nicht unsere Art ist, nur einfach im Feld mitzurollen“. 

Zum Abschluss unserer Nachbetrachtung kommt noch die „Chefin“ Vera Hohlfeld zu Wort, die in erster Linie erleichtert war, dass es keinen positiven Fall von Corona gab. „Wir haben nichts verlernt in den letzten beiden Jahren und ich bedanke mich ganz besonders bei meinem gesamten Team, mit dem wir diesen Kraftakt stemmen konnten. Es fiel mir am Ende ein Stein vom Herzen, aber mein Kopf ist immer noch voll mit Blick auf die Zukunft der Rundfahrt, wobei jetzt erst einmal die Nachbereitung erfolgt, Aus dem Engagement jedes einzelnen Mitarbeiters oder Volunteers habe ich meine Kraft gezogen, ebenso war die Unterstützung von Polizei, Ministerien oder Gesundheitsämter ganz hervorragend und trug zum Gelingen der Veranstaltung bei. 

Mein Dank gilt allen, die mitgewirkt haben“, war Vera Hohlfeld am Ende mehr als zufrieden, wenn sie auch bedauerte, dass ihre Familie in den vergangenen Monaten schon erhebliche Einschränkungen in Kauf nehmen musste. Für sie gibt es dennoch nichts anderes als weiter zu machen, wobei sie sich eine hauptamtliche Entlastung wünscht und auch hofft, dass künftig die Rundfahrt weiterhin finanzierbar bleibt.

Erstaunlich bleibt am Ende, dass vom Bund Deutscher Radfahrer (BDR) kein Verantwortlicher in Thüringen vorbeigeschaut hat! Der Frauenradsport hat einfach mehr Beachtung verdient, aber wenn schon beim BDR darauf offensichtlich nur wenig Wert gelegt wird, kann man nur neidisch nach Belgien, Frankreich, den Niederlanden oder Italien blicken, wo der Radsport über eine ganz andere Lobby verfügt. Die einzige Vertreterin des BDR war Vera Hohlfeld selbst als Koordinatorin Frauenradsport, aber das kann es doch nicht gewesen sein!  

Bericht: Bernd Mülle 

Fotos: Arne Mill / alle Bilder der Rundfahrt bei der Bildagentur frontalvision.com

Inhalt der Neuigkeit:
Rennbericht
Radrennen-Art:
  • Rundfahrt
  • Straßenrennen
Name des Radrennens
  • Internationale Thüringen Ladies Tour

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