Starke Leistung: Lisa Brennauer auf Platz 3 der Women World Tour

Starke Leistung: Lisa Brennauer auf Platz 3 der Women World Tour

 
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Der Frauenradsport hat es schon in normalen Zeiten nicht einfach und steht nur selten im Blickpunkt. Nun kam in diesem Jahr noch die Corona Pandemie hinzu, die ab März des Jahres auch hier großen Einfluss nahm und vieles erschwerte. Das Rennprogramm hatte sich zwangsläufig sehr reduziert und so gab es in der Women WorldTour (WWT) nur 11 von insgesamt 23 geplanten Rennen. In diesen Rennen der höchsten Kategorie des Frauenradsports war es die Britin Elizabeth Deignan von Trek-Segafredo Women, die als einzige dreimal siegreich war und dabei den GP de Plouay sowie La Course by Le Tour de France gewinnen konnte. Zu ihrem persönlichen Highlight wurde dann noch der Sieg  beim Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich, als sie die Australierin Grace Brown von Mitchelton-Scott um neun Sekunden auf Platz zwei verwies und die ersten Verfolgerinnen mit über zwei Minuten Rückstand ins Ziel kamen. Die Niederländerin Anna van der Breggen vom Boels-Dolmans Cycling Team gewann mit dem Giro d’Italia Internazionale Femminile und dem Fleche Wallonne zwei der wichtigsten Rennen und krönte ihre Saison noch mit zwei Weltmeistertiteln im Straßenrennen und Einzelzeitfahren.

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Zu den Siegerinnen der World Tour Rennen zählte gleich zu Anfang der Saison die Deutsche Liane Lippert vom Team Sunweb, die das Cadel Evans Great Ocean Road Race Anfang Februar gewann und das Ziel im Alleingang erreichte. Erst Anfang August ging es mit Strade Bianche weiter, wo sich die Niederländerin Annemiek van Vleuten von Mitchelton-Scott souverän durchsetzte und sich am Ende des Monats noch mit dem Titel der Europameisterin im Straßenrennen schmücken konnte. Zu den weiteren Siegerinnen der Rennserie zählten die Belgierin Jolien d’Hoore vom Boels-Dolmans Cycling Team (Gent-Wevelgem), ihre Teamkameradin Chantal van den Broek-Blaak aus den Niederlanden (Flandern-Rundfahrt) und deren Landsmännin Lorena Wiebes vom Team Sunweb, die bei den Driedaagse Brugge-De Panne erfolgreich war.

Wie zum Beginn, so gab es auch zum Abschluss der Serie einen deutschen Sieg durch Lisa Brennauer von Ceratizit-WNT Pro Cycling, die einmal mehr ihre Weltklasse bewies und gerade zum Ende der Saison absolute Spitzenleistungen ablieferte. Sie bestätigte gerade in diesem Jahr erneut ihr großes Allroundtalent, hatte auf eine Teilnahme Anfang des Jahres in Australien verzichtet und sich im Winter erneut in Trainingslagern mit ihrem Team und mit der Nationalmannschaft auf die Weltmeisterschaft im Bahnradsport in Berlin und den anschließend folgenden Klassikern vorbereitet. Ein Bahnlehrgang unmittelbar vor der Weltmeisterschaft rundete das Ganze ab und da blieb in Berlin dann auch der Erfolg nicht aus. Eine Silbermedaille errang sie in der Einzelverfolgung, als sie nur der starken US-Amerikanerin Chloe Dygert den Vortritt lassen musste und holte sich darüber hinaus auch noch eine Bronzemedaille in der Mannschaftsverfolgung mit Franziska Brausse, Lisa Klein und Gudrun Stock. Eigentlich ein Saisonauftakt nach Maß, aber was dann folgte, konnte für eine derart engagierte Sportlerin nur frustrierend sein!

„Ich habe mit meinem Trainer Daniel Healey einen Plan gemacht und hatte dabei das Glück, die ganze Zeit draußen trainieren zu können. So konnte ich meine Leistung halten und mir eine gute Grundlage schaffen. Als man absehen konnte, wann wieder Rennen stattfinden, habe ich intensivere Intervalle trainiert und mich auf die ersten Höhepunkte, die Deutsche Straßenmeisterschaft  und die Straßen-Europameisterschaft, vorbereitet“, so schilderte uns Lisa Brennauer die lange Zeit der Zwangspause. Wie gut dennoch ihre Form war, unterstrichen die Ergebnisse der ersten Wettkämpfe im August dieses Jahres auf der Straße, als sie beim  Strade Bianche mit Platz 8 eine hervorragende Platzierung herausholte, danach den deutschen Meistertitel im Straßenrennen aus dem Vorjahr verteidigte und bei den Europameisterschaften im Mixed Relay mit Lisa Klein, Mieke Kröger, Michel Hessmann, Miguel Heidemann und Justin Wolf den Titel gewann. Ein 4. Platz im Einzelzeitfahren, wo sie nur um 15 Sekunden die Bronzemedaille verpasste und ein 6. Platz im Straßenrennen als Spurtsiegerin der Verfolgergruppe, unterstrichen die guten Leistungen der in Kempten geborenen Lisa Brennauer, die sich wie immer auf große Ereignisse hervorragend fokussieren konnte. 

„Mein Trainer erahnte anhand der Trainingsdaten, dass es beim Strade Bianche gut laufen könnte. Dennoch war es eine Überraschung, dass ich meine gute Form hier schon so gut umsetzen konnte. Die Reise dann zwischen DM und EM hatte ich mir selbst so ausgesucht, es war ein längeres Projekt mit Unterstützung meines Teams, das mir die Möglichkeit gab, die Strecken in Plouay schon vorher anzuschauen und mich langfristig darauf vorzubereiten. Die Konzentration lag hauptsächlich auf die beiden Straßenrennen bei der DM und der EM, obwohl ich das Einzelzeitfahren der EM schon sehr ernst genommen habe. Aber unmittelbar am Tag nach der deutschen Meisterschaft ein so schweres Einzelzeitfahren zu bestreiten, das bedurfte schon eines konkreten Planes, den ich mit meinem Trainer erarbeitet hatte. Darüber hinaus hat mich auch der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) dabei unterstützt, um möglichst stressfrei die Reise bewältigen zu können“, erzählte uns Lisa Brennauer von ihrem Husarenstück, das mit dem Sieg beim Mixed Relay seinen Höhepunkt fand. 

Danach ging es für Lisa Brennauer zum Giro d’Italia, wo sie hauptsächlich Helferdienste für ihre Teamkameradinnen Ane Santesteban aus Spanien und Erica Magnaldi aus Italien zu leisten hatte. Angabegemäß diente der Giro für Lisa Brennauer in erster Linie zur Rennbelastung und zur Vorbereitung auf die Weltmeisterschaften und den folgenden Klassikern im Oktober. Bei der Weltmeisterschaft in Imola gab es erneut einen undankbaren 4. Platz im Einzelzeitfahren und wieder fehlten ihr nur 14 Sekunden zur Bronzemedaille. Ihre dennoch starke Leistung bestätigte sie auch beim Straßenrennen, als sie schon früh in einer stark besetzten, am Ende neunköpfigen Ausreißergruppe vertreten war, die ein hohes Tempo vorlegte und erst rund 40 Kilometer vor dem Ziel eingeholt wurde. Am Ende hatte sie noch genügend Kraft, um den Spurt der ersten großen Verfolgergruppe zu gewinnen und Platz 9 zu belegen und sich darüber zu freuen, dass ihre Teamkameradin Liane Lippert sogar hervorragende Fünfte wurde. „Unsere Taktik hat gut funktioniert und ich wollte in der Fluchtgruppe sein, denn ich wusste genau, wenn vorne die Post abgeht, wird es zu hart für mich“, sagte Lisa Brennauer unmittelbar nach dem schweren Rennen, wo sie eine tolle Vorarbeit für Liane Lippert geleistet hatte. 

Danach folgten ein dritter Platz bei Gent-Wevelgem, ein vierter Platz bei der Flandern-Rundfahrt und ein toller zweiter Platz beim Driedaagse Brugge-De Panne, als Lisa Brennauer sich nur der schnellen Niederländerin Lorena Wiebes beugen musste. „Mein Trainer, das Team und mein Umfeld haben es mir leicht gemacht, so dass ich mir gezielt meine Höhepunkte setzen konnte, wo mein Team mich entsprechend unterstützt hat. Ich konnte auch mal eine Pause einlegen und neue Kräfte sammeln, das war ein guter Weg. Die Motivation fällt auch nicht schwer, wenn der Job Spaß macht und dann stellen sich auch die guten Ergebnisse ein. Geärgert hat mich allerdings das verfehlte Treppchen bei der Flandern-Rundfahrt“ gab uns Lisa Brennauer zu verstehen, deren Ehrgeiz auf große Erfolge ungebrochen scheint.

Der Höhepunkt für sie war dann zum Abschluss der Saison Anfang November der Gesamtsieg bei der Ceratizit Challenge by La Vuelta, die über drei Etappen führte. Nach dem dritten Platz auf der ersten Etappe hinter Lorena Wiebes und der Italienerin Elisa Balsamo vom Team Valcar-Travel & Service, siegte Lisa Brennauer auf der zweiten Etappe beim Einzelzeitfahren über 9 km und besiegte dabei so starke Gegnerinnen wie Elisa Longo Borghini aus Italien und deren niederländische Teamkameradin von Trek-Segafredo Women Ellen van Dijk sowie Annemiek van Vleuten. Damit übernahm die Deutsche die Führung in der Gesamtwertung, die sie bis zum Schluss nicht mehr abgab. In der von Elisa Balsamo vor Lorena Wiebes gewonnenen Schlussetappe reichte der 7. Platz für Lisa Brennauer zum allemal hochverdienten Erfolg, der durch den Sieg in der Punktwertung noch untermauert wurde.

„Die Madrid Challenge war noch einmal insbesondere für mein Team wichtig, da Ceratizit auch als Hauptsponsor der Rundfahrt fungierte und dort im Rahmen der Vuelta ein großes Medieninteresse besteht. Der Sieg war ein super Abschluss einer tollen Saison und ich denke, dass es gut war nach Madrid jetzt eine Pause einzulegen. Dieses Jahr hat uns vieles abverlangt und jetzt gilt es auszuruhen, um sich für die neue Saison auch mental vorzubereiten, bevor es mit dem Training wieder losgeht. So gesehen war auch ein Start bei den Bahn-Europameisterschaften für mich nicht vorgesehen“, blickte die sympathische Ausnahmeathletin des deutschen Frauenradsports mehr als zufrieden zurück.

Wie wir alle in dieser Zeit der Corona Pandemie auf vieles verzichten müssen und letztlich aber auch daraus eine Menge für die Zukunft lernen können, so geht es auch den Sportler-/innen nicht anders, die -soweit überhaupt möglich- ihren Sport nur unter verschärften Hygienebedingungen ausüben können. Dass gerade im Radsport positive Coronafälle in überschaubarem Rahmen blieben, zeigt in erster Linie die ausgezeichnete Disziplin aller Beteiligten, die die nicht immer einfachen Regeln sehr gut eingehalten haben. „Was ich in dieser Zeit gelernt habe, dann, dass man zwar planen kann, aber vor allem flexibel bleiben muss“, stellte Lisa Brennauer abschließend fest. Sie bereitet sich natürlich auf die Olympischen Spiele als absoluten Höhepunkt vor und nutzt den Winter auch als Vorbereitung für die Klassiker, die hoffentlich im Frühjahr stattfinden und ein weiteres großes Ziel für sie sein werden. „Ich hoffe, vor oder nach den Klassikern noch einen Start auf der Bahn einbauen zu können, was im Hinblick auf die Spiele nochmal sehr wichtig wäre. Der Start beim nächsten Giro d’Italia sollte als letzter Formtest Richtung Olympia dienen. Mein Vertrag bei Ceratizit wurde bis 2021 verlängert und was danach kommt, werden wir sehen“, geht Lisa Brennauer zuversichtlich ihren Weg, dessen Ende hoffentlich noch in weiter Ferne liegt.

Durch die glanzvolle zweite Saisonhälfte belegt Lisa Brennauer in der World Tour einen ausgezeichneten dritten Platz hinter Elizabeth Deignan und Elisa Longo Borghini. Sie hat damit ihren Weltklassestatus einmal mehr unterstrichen, der jetzt auch für die erst 22-jährige Liane Lippert auf Platz 9 der World Tour gilt. Beide sind auch in diversen anderen Weltranglisten unter den Top Ten zu finden und werden mit Sicherheit in Zukunft für weitere Topleistungen sorgen. 

Bericht: Bernd Mülle 
Fotos: Arne Mill

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Rennbericht
Radrennen-Art:
  • Straßenrennen

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