TSV Havelse vs. 1. FC Lok Leipzig, 3:0

TSV Havelse vs. Lok Leipzig: Frust und Nachbetrachtung

Ich musste lange Zeit mit mir und meinen Gefühlen hadern, ob es sich wirklich lohnt einen sachlichen Kommentar über die Geschehnisse am vergangenen Wochenende abzugeben. Dabei spielt es tatsächlich nur eine untergeordnete Rolle, ob ich eine imaginäre Liebesbeziehung mit einem der beiden Vereine führe oder nicht. 

TSV Havelse vs. 1. FC Lok Leipzig, 3:0
TSV Havelse vs. 1. FC Lok Leipzig, 3:0

Dieser Sonntag und die ganzen Wochen vorher haben mich und viele andere Personen mental dermaßen herausgefordert, dass man eigentlich schon ganz froh ist die Saison endlich beendet zu haben und nun in der Sommerpause ein wenig verschnaufen zu können. Der Gastgeber aus Havelse und die komplette Führungsriege des kleinen Dorfclubs haben sich wochenlang von ihrer absolut schlimmsten Seite gezeigt und stehen symptomatisch für alle negativen Begleiterscheinungen, die der Fußball aktuell zu bieten hat. 

TSV Havelse vs. 1. FC Lok Leipzig, 3:0
TSV Havelse vs. 1. FC Lok Leipzig, 3:0

Zu allererst – Glückwunsch zum Aufstieg! Sportlich absolut verdient. Die Rot-Weißen haben eine herausragende Saison in der Regionalliga Nord gespielt und hätten sich ebenso wie Schweinfurt, Duisburg, Hoffenheim II und natürlich auch Lok einen direkten Aufstieg verdient gehabt. Da spielt es keinerlei Rolle, ob man die Vereine mag oder nicht. Wenn man die Aufstiegssystematik ändern möchte, dann muss man auch mit unbeliebten Meistern leben. 

TSV Havelse vs. 1. FC Lok Leipzig, 3:0
TSV Havelse vs. 1. FC Lok Leipzig, 3:0

Aber auch in den zwei Relegatiosspielen haben die Niedersachsen einen guten Ball gespielt und nicht ganz unverdient auch gewonnen. War es im Hinspiel noch ziemlich ausgeglichen, hatte Havelse im Rückspiel doch ein etwas leichteres Spiel, allen voran nach dem Platzverweis für Tobias Dombrowa in der zweiten Halbzeit. Auch da sind sich wohl alle einig – ein Schiedsrichter mit etwas mehr Fingerspitzengefühl gibt in diesem Fall einfach den Freistoß für Havelse und lässt beim Leipziger Spieler die Karte stecken. Man sah allerdings auch, dass er sich der bereits vorhandenen gelben Karte gar nicht bewusst war und konnte schlussendlich nicht mehr zurückziehen.

TSV Havelse vs. 1. FC Lok Leipzig, 3:0
TSV Havelse vs. 1. FC Lok Leipzig, 3:0

Rein menschlich und moralisch hat es der TSV Havelse allerdings gar nicht verdient und hat sich nun vermutlich auch etwas ungewollt einen unfassbar schlechten Ruf in Deutschland gemacht. Frei nach dem Motto „Auch negative Nachrichten sind gute Werbung“ ist das kleine Nest in Garbsen nun wieder auf der Karte angekommen. Wir reden hier von Zensur, fehlender Kommunikation, unfassbar frecher Eintrittspreise, völlig falscher Organisation und dem blanken „Ossi-Hass“. 

TSV Havelse vs. 1. FC Lok Leipzig, 3:0
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Der wohl am wenigsten schlimmste Punkt ist die Zensur. Unmittelbar nach Bekanntgabe des Relegationsgegners schaltete der TSV Havelse die Kommentarfunktionen auf sämtlichen Social-Media-Plattformen aus. Selbstverständlich gab es diversen Kommentare unterhalb der Gürtellinie, allerdings auch sehr viel konstruktive Kritik und auch Anhänger des eigenen Vereines wunderten sich bereits über die völlig fehlende Kommunikation. Sämtliche Kritik und anderweitige sachliche Kommentare wurden somit entfernt und einer offenen Diskussion wurde direkt umgangen. 

TSV Havelse vs. 1. FC Lok Leipzig, 3:0
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Ein absolut fließender Übergang zum zweiten Punkt. Die fehlende Kommunikation. Während man wochenlang nur noch Partybilder der eigenen Meisterfeier in die Timeline gespült bekommen hat und nebenbei noch zwei kostenlose Fanbusse nach Leipzig angepriesen wurden, wartete man vergeblich auf Informationen zum Ticketverkauf. Dies betraf in diesem Fall sogar beide Lager. Die Geschäftsstelle wirkte wie ausgestorben, auf Presseanfragen mit Presseausweis und Redaktionsauftrag wurde gar nicht erst geantwortet. Selbst die Verantwortlichen des 1. FC Lok wurden nicht wirklich ernst genommen und mussten ewig auf ein paar sachdienliche Hinweise warten. 

TSV Havelse vs. 1. FC Lok Leipzig, 3:0
TSV Havelse vs. 1. FC Lok Leipzig, 3:0

Der Sportdirektor, sowie auch Spieler Florian Riedel gab zwischendurch wenigstens mal dem MDR ein kleines Interview, bezog sich auf seine ostdeutsche Herkunft und versprach konstruktive Gespräche und eine möglichst hohe Anzahl an Leipziger Zuschauern im Stadion. Ein absoluter Hohn. Nach weiteren Tagen der nicht vorhandenen Kommunikationsstrategie legte man dem Gast aus Leipzig ein absolut unverschämtes Angebot vor, bei dem man gar nicht wusste ob man lachen, heulen oder ausrasten soll. 

Das Ticketkontingent von 600 Zuschauern kann man durchaus noch als Erfolg verwerten, dann allerdings 35 (!) Euro dafür zu verlangen, ist wohl an Lächerlichkeit nicht zu überbieten. In der öffentlichen Wahrnehmung klopfen sich die Niedersachsen wohl immer noch wohltuend auf die Schultern, dass man schlussendlich nochmal 10 Euro Rabatt geben hat. Ein kleiner Stehplatzbereich für 25 Euro pro Person. Die Stadionmiete in Hannover für die kommende Saison dürfte somit schon durch finanziert sein. Ein weiterer Hohn gegenüber den Gästefans, wenn man bedenkt dass der TSV im Heimbereich an ALLE Zuschauer T-Shirts verschenkt hat. 

TSV Havelse vs. 1. FC Lok Leipzig, 3:0
TSV Havelse vs. 1. FC Lok Leipzig, 3:0

Ein absolutes NoGo ist aber die Berichterstattung der lokalen Presse. Die „Garbsen-City-News“ fing plötzlich an, das neue Sprachrohr des Vereines zu werden und veröffentlichte widerlegbare Artikel, die wohl nur auf den nächsten Klick aus waren.

Das Ziel? Den 1. FC Lok Leipzig in ein möglichst schlechtes Licht zu rücken. Natürlich sprangen auch diverse andere fragwürdige Blätter darauf an. Plötzlich redete man von Naziaufmärschen, die Bewohner des kleines Örtchens sollte bestenfalls nicht die Straßen betreten und noch vieles mehr. Die Anzahl an Fakenews verbreitete sich wie ein Strohfeuer und war irgendwann nicht mehr aufzuhalten. 

Ist es das, was ihr wolltet? Herzlichen Glückwunsch, ist euch gelungen. Den Ossis den Nazi- und Krawall-Stempel verpassen und damit von der eigenen Unprofessionalität ablenken. Aber hey: die Gegner in der kommenden Saison werden mit Sicherheit nicht kleiner, da sollte man mal etwas an der Kommunikation arbeiten.

Apropos krachen. Was haben die bösen Leipziger in Havelse veranstaltet? Gute Stimmung und sonst nichts. Die Demo verlief komplett entspannt, die Polizei hatte eh keinen Bock auf die Veranstaltung und behandelte die Gästefans wie ganz normale Menschen. Danke dafür! Einige Lokfans, die sich von der Demo abkapselten, durften sogar das komplette Spiel am Eingang zum Gästeblock über einen Übertragungswagen schauen, die netten Damen und Herren vom Catering gaben sogar Getränke und Essen nach draußen. 

TSV Havelse vs. 1. FC Lok Leipzig, 3:0
TSV Havelse vs. 1. FC Lok Leipzig, 3:0

Ansonsten gab es tatsächlich nur eine einzige Leuchtspur, die gen Heimbereich flog. Dort hat sich die Dorfjugend versammelt, um mal auf großen Macker zu machen. Nun ja. Der Stadionsprecher ließ sich trotzdem nicht zweimal bitten und machte nach Spielende noch eine Ansage in Richtung aller Leipziger, dass am heutigen Tage der Fußball gewonnen hätte und nicht etwa der Hass. Vermutlich hatte er sich diesen Text bereits vor mehreren Wochen von wem auch immer aufschreiben lassen und musste ihn zwingend noch abstottern. Völlig egal, ob angebracht oder nicht. 

Man kann für alle Drittligisten nur hoffen, dass im kompletten Verein des TSV Havelse ein Umdenken stattfindet und man das große Ziel „Professionalisierung“ nun tatsächlich versucht anzugehen. Aktuell ist man davon noch kilometerweit entfernt. Sollte sich erwartungsgemäß gar nichts ändern so wie schon beim letzten 3. Liga Auftritt, tun mir alle Vereine der dritten Liga einfach nur leid.

Bericht: Max Wieler

Fotos: privat, Max Wieler

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5 Kommentare zu „TSV Havelse vs. Lok Leipzig: Frust und Nachbetrachtung“

  1. Ich möchte da gerne nochmal zu ein paar Punkten was sagen.

    Erstmal: Natürlich ist man sich wahrscheinlich einig, das aus der Fanszenenbrille die Lok der attraktivere Verein für die dritte Liga gewesen wäre. Dann bin ich auch total beim Autor, dass das Verhalten rund um die Karten und die Preisgestaltung völlig Banane waren.

    Aber: Ich kann total gut verstehen wieso der TSV die Kommentarspalten dicht gemacht hat. Wenn man sich mal anschaut was bei denen und bei jedem anderen Medium los war welches über das Spiel berichtet hat. Die Welt besteht halt nicht nur aus Ultraszene und ihren internen Logiken und Gesetze und das ganz normale Vereinsdullis und FB User schlicht keinen Bock haben, jeden Tag 150 Beiträge von Lok-Interet-Rambos und Tastaturultras zu moderieren oder zu lesen und man dort dann die Reißleine zieht, das kann ich nachvollziehen.
    Auch was die Sicherheitsvorkehrungen beim Heimspiel angeht. Man darf bitte nicht vergessen, das die Havelser (nochmal, die haben keine Ultras oder ähnliches, das waren einfach nur Ottos vom Dorf, plus Bürgermeister) in Leipzig am Ende sogar noch angegriffen worden sind. Was hat man denn erwartet was passiert? Vor allem wenn man sich das Benehmen des Leipziger Anhangs in der restlichen Saison anschaut. Das sag ich auch als jemand der live beim Spiel Jena vs Lok in Jena mit dabei war.
    Fankultur und Ultraszene in alle Ehren, aber dann muss man auch die Verantwortung dafür tragen und wenn ich mit meiner Szene gerne auf Krawallerie und dicke Hose mache, dann darf ich mich am Ende nicht beschweren wenn nen Dorfverein dann mal das Dorf dicht macht, weil die keinen Bock darauf haben.

  2. Danke für diesen guten Bericht.
    Ansonsten gilt es für Lok Leipzig nach Vorne zu schauen und aller guten Dinge sind manchmal 3.
    Meister müssen aufsteigen, fertig!

    1. Lok machte den gleichen Fehler wie zuvor gegen Verl und der BFC gegen Oldenburg und Cottbus gegen Unterhaching! Der Nordost-Meister spielt immer zuerst daheim. Und immer wurde zu zaghaft gespielt und aufs Rückspiel gesetzt. So funktionierte das eben NICHT. Viermal wurde es verpasst, daheim vorzulegen…

  3. Kein 3. Liga Stadion auch keines in Planung was eines werden könnte, aber 3. Liga zocken.

    Da hat fast jeder Landesligist ne besser Orga als dieser Klub. Der DFB sollte sich schämen denen die Lizenz zu geben.

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