Ein sonniger Sonnabend und noch nichts vor? Zeit für einen Hopping-Ausflug nach Ebbs! Ebbs ist eine Gemeinde mit knapp 6.000 Einwohnern in der Nähe von Kufstein. Der etwas irritierende Vereinsname hat nichts mit der Kreisstadt in Oberbayern zu tun, sondern bezieht sich auf den Hauptsponsor und Holzunternehmen Freisinger das unter anderen Häuser aus Holz produziert.
Die Anreise erfolgte relativ bequem mit den Öffentlichen. „Relativ“, weil die Münchner Stammstrecken-Sperrung jede Anreise durch die Stadt weg in eine kleine Odyssee verwandelt. Ansonsten ist man mit dem Zug von München aus schnell im schönen Kufstein, wo bereits einige Innsbruck-Fans auf den Lokalbus nach Ebbs warten. Sie haben mehr oder weniger Heimspiel, zahlreiche Aufkleber verraten, dass der Wacker hier in der Region die unangefochtene Nummer eins ist.
Der FC Wacker ist einer der erfolgreichsten Vereine Österreichs, blickt unter anderem auf zehn Meistertitel und diverse Auftritte in internationalen Wettbewerben zurück. Im UEFA Intertoto Cup 1995 kamen die Innsbrucker sogar bis in das Halbfinale. Dank Insolvenzen ging es jedoch in den letzten Jahren steil bergab, so dass die Innsbrucker sich aktuell – noch – in Liga 4 befinden und somit über die Dörfer tingeln müssen.
Apropos Berge: Natürlich ist Tirol bekannt für seine Berge, und so lohnt sich ein Ausflug nach Ebbs schon allein aufgrund des Panoramas. Der SK Freisinger spielt in der „Glonner Arena“, was natürlich ein ziemlich hochtrabender Name ist. Mutmaßlich ist dieser auch wieder auf irgendeinen Sponsor zurückzuführen, aber davon abgesehen gibt die „Arena“ eine durchaus passable Spielstätte ab. Es gibt mehrere nicht überdachte Sitzreihen sowie ein gut gepflegtes Vereinsheim. Die Versorgungslage ist gut, es wird lokales Bier der Marke Egger ausgeschenkt, das hervorragend mundend. An mehreren Ständen kann man sich unter anderem mit erstklassiger Bosna versorgen. Das Geläuf ist auch gut in Schuss, man ist gut auf den namhaften Gegner aus der Tiroler Landeshauptstadt vorbereitet.
Entspannt ist die Situation im Hinblick auf die Sicherheitsorgane. Wo in unseren Gefilden bei jedem Spiel mit Fanszene Hundertschaften der Polizei mobilisiert werden, regelt das in Ebbs der Ordnerdienst allein. Was auch sinnvoll ist, schließlich hat Ebbs keine organisierte Fanszene, und somit sind Konfrontationen nicht zu erwarten. Möchte man meinen, denn tatsächlich kann man eine solche vor Spielbeginn erleben. Was war passiert? Eine Autobesatzung Münchner 1860-Fans hat offenbar ebenfalls eine Hopping-Tour nach Ebbs geplant. Vier junge Herren im Casual-Stil haben sich auf der Tribüne breit gebracht, wovon einer glatt im ACAB-Nicki mit Löwen darauf aufläuft. Was natürlich eine grobe Respektlosigkeit gegenüber einer durchaus namhaften Szene darstellt.
Jetzt kann man über den Grad der Rivalität zwischen 1860 und Wacker Innsbruck spekulieren. 1860 war früher mit Kaiserslautern befreundet, der frühere Rivale von Innsbrucks Freunden der Eintracht aus Frankfurt. Zudem gab oder gibt es Kontakte zwischen Sechzigern und Fans von Austria Salzburg, dem wohl größten Rivalen von Wacker Innsbruck.
Vielleicht lassen sich die Wackerer sich aber auch Nickis von anderen Szenen grundsätzlich nicht gefallen, jedenfalls dauert es nicht lange, bis die Fäuste fliegen. Eine Überzahl Innsbrucker drängt auf die vier Sechziger, beziehungsweise auf den jungen Mann mit dem provokanten Nicki und versucht selbige aus dem Stadion zu drängen. Diese wehren sich. Es fliegen Gegenstände, eine Sitzbank wird umgeworfen. Der Ordnerdienst schreitet ein und am Ende bleiben die Sechziger, das Nicki wird aber verdeckt. Nun rücken doch noch Polizeibeamte an, halten sich aber dezent im Hintergrund. Der Stadionsprecher hält noch eine Ansprache.
Nachdem sich die Gemüter beruhigt haben, die Wacker-Fans sich ihren Platz auf den Rängen respektive Hängen gesucht haben, kann das Spiel beginnen. Der SK Ebbs ist sehr familiär aufgestellt, unzählige Kinder tummeln sich, es gibt sogar einen integrierten Spielplatz auf der Anlage. Die Kinder sind nicht nur beim Einlaufen der Mannschaften dabei, sondern bemühen sich auch um Unterstützung ihres Vereins. Früh übt sich! Die Wacker-Szene, vom Stile her eher italienisch geprägt, mit vielen jungen Anhängern gesegnet, hat natürlich die akustische Hoheit. Zahlreiche melodische Gesänge gehen gut ins Gehör.
Die angereisten Gästefans haben auch viel zu feiern. Auf dem Platz hat der FCW beim bisherigen Tabellen-Siebten leichtes Spiel. Der Tabellenführer frühstückt die Ebbser locker mit 3:0 ab und lässt nichts anbrennen. Der Aufstieg ist zwar formal noch nicht perfekt, dürfte aber nicht mehr lange auf sich warten lassen. Zuschauer kommen heute etwa 1.000, eine durchaus beachtliche Zahl für den kleinen Verein. Auskunft darüber gibt uns ein sympathischer Vereinsoffizieller mit gelber Warnweste, der nicht nur euren Fotografen mit Akkreditierung an das Spielfeld wandern lässt, sondern auch euren geschätzten Schreiberling – ohne Akkreditierung, dafür mit gutem Egger-Bierchen. Ja, insgesamt ist er ein gastfreundlicher Verein – der SK Freisinger.
Nach Spielende wird im Gästeblock weitergefeiert, für uns geht es zurück Richtung Norden, ein schöner Hopping-Ausflug geht mit einer Extra-Runde durch die Untiefen des Münchner Nahverkehrs zu Ende.
Bericht: Mittel-Michi
Fotos: Stadionhüpfer Inkognito
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