Dass man noch am Tag nach dem Niederrheinpokal-Finale (Endstand 1:2 vor 27.719 Fans – Zuschauerrekord) nur über eines spricht, nämlich über einen schrägen Satz des Duisburger Trainers Dietmar Hirsch in einem Interview, ist mehr als bedauerlich. Dabei hätte das Finale mehr verdient, als eine -wahrscheinlich aus dem emotionalen Impuls heraus getätigte – falsche Aussage. Aber einmal in der Welt, ist diese kaum zu kitten, da vor allem die heutigen Medien, insbesondere die Deutsche Presse-Agentur (dpa) sich direkt darauf stürzten und ungeprüft verbreiteten.

Blick auf das Niederrheinpokal Finale MSV Duisburg gegen Rot-Weiss Essen
Dabei hätte man doch lieber über eines der größten Landespokalendspiele der letzten Jahre schreiben können. Über 27.000 Zuschauer (darunter 5.000 Gästefans) und eine grandiose Stimmung schon weit vor dem Anpfiff über alle Tribünen. Schon Stunden bevor der Ball durch die Schauinsland-Reisen-Arena rollte, waren die MSV-Fans am Stadion und stimmten sich auf das Endspiel ein. Ein Sieg gegen den ewigen Rivalen Rot-Weiss Essen würde die eh schon geniale „Home-run“ Saison krönen. Nach dem Abstieg aus der dritten Liga, ließen die Zebras keine Zweifel daran, den direkten Wiederaufstieg klarzumachen. Taten sie auch mit großer Unterstützung ihrer Anhänger. Das i-Tüpfelchen auf die geile Saison, sollte der Pokalsieg im Finale des Landespokals Niederrhein werden.
Dreimal konnte Duisburg bislang den Pokal gewinnen. Rot-Weiss Essen dagegen zwölf Mal. Das bedeutet aber vor allem, dass RWE viel zu lange in den unteren Ligenregionen verweilte, um überhaupt an dem Wettbewerb teilzunehmen. Eigentlich muss für beide Teams das Ziel sein, nicht mehr im Niederrheinpokal über die Sportplätze zu tingeln, also in die zweite Liga aufzusteigen. Heißt aber auch nicht, dass man sich nicht über einen Pokalsieg freut, vor allem in einem Prestigeduell.
Gänsehaut-Choreo und Top-Stimmung von beiden Seiten
Entsprechend waren beide Fanlager „heiß wie Frittenfett“ und starteten das Spiel mit jeweils riesigen Choreographien. Während sich auf der MSV-Seite eine riesige Blockfahne über dem Schriftzug „Smells like teen spirit“ herunterrollte, zeigten die RWE-Fans eine Choreo unter dem Motto „Der Schreck vom Niederrhein, das bist nur du allein“ im rot-weissen Look und großem Vereinslogo.
Ganz klar: Ein starker Gänsehaut-Moment von beiden Seiten.
MSV Duisburg gegen Rot-Weiss Essen – das Spielgeschehen
Zum Sportlichen ist gar nicht viel zu erzählen: Bei strömendem Regen hatten es irgendwie beide Mannschaften schwer einen sehenswerten Kick aufzuziehen. Entsprechend fielen interessanterweise alle Treffer per Kopf. Natürlich bestimmte der Favorit aus Essen zu Beginn das Spiel. RWE nahm den Schwung aus einer genialen Rückrunde in der 3. Liga mit, als beste Rückrundenmannschaft nach Arminia Bielefeld und wollte gleich einmal klarstellen, dass der Titel in Essen bleibt. Aber der MSV kam immer mehr ins Spiel und kam dann zur nicht unverdienten Führung in der 18. Spielminute, als Steffen Meuer den Ball mit dem Kopf abfälschte und dieser hinter Felix Wienand im Tor landete.
Die MSV-Fans völlig außer Rand und Band peitschten ihre Mannschaft nach vorne. Sie hatten die Hand schon am Pokal und spielten ganz gut mit. Aber im Block der Duisburger Fanszene wurde es schon vor dem Tor merklich ruhiger. Man konnte nicht so richtig erkennen warum, da ja die anderen Duisburger Zuschauer weiter ihr Team mit Gesängen pushten. Ein Blick vom Innenraum in den Oberrang ließ erahnen, dass es einen medizinischen Notfall gab. Merklich wurde es ruhiger im Stadion und auch die meisten Fans von Rot-Weiss Essen bekamen mit, das irgendetwas passiert sein musste und stellten den Support ein.
Manch ein RWE-Fan wusste nicht so richtig und wollte weiter singen, wurde dann aber von der aktiven Fanszene mit Handzeichen gebeten ruhig zu sein. Über Minuten war es fast so still im Stadion, wie zu den unsäglichen Corona-Geisterspielen. Man hörte nur die Spieler auf dem Rasen miteinander kommunizieren. Gruselig. Im Laufe der Zeit wurde dann aber der eine oder andere Gesang angestimmt, vor allem weil im RWE-Fanblock keiner wusste was passiert ist und was vor sich ging. Wie auch? Es gab keine Durchsagen. Auch die MSV Fans waren nicht informiert und es gab ebenfalls vereinzelte Sprechchöre.
Gespielt wurde weiter und Rot-Weiss Essen drängte auf den Ausgleich. Es wurden Flanken und Eckbälle in den Duisburger Strafraum geschlagen, bis Klaus Gjasula dann kurz vor dem Pausenpfiff zum 1:1 Ausgleich traf. Übrigens trotz der Einstellung des Supports aufgrund des medizinischen Notfalls, hielten es Duisburger Fans im MSV-Fanblock für richtig Feuerzeuge und andere Wurfgeschosse in Richtung Ahmet Arslan zu werfen, der die Ecken ausführte und von Regenschirmen geschützt werden musste. Andere Spieler hätten sich darüber beim Schiedsrichter beschwert. Der RWE-Spieler tat es nicht, wahrscheinlich um nicht noch mehr Emotionen reinzubringen.
Mit der Pause kam die Durchsage vom Stadionsprecher, dass der Fan, der behandelt wurde auf dem Weg ins Krankenhaus sei. Wie schon vorher beim Abtransport brandete Applaus auf und die Fans auf beiden Seiten setzten die Unterstützung ihrer Mannschaften fort. Die aktive Fanszene des MSV entschied sich aber nicht weiter den Support anzustimmen und blieb still. Lautstark waren die anderen Duisburger Fans aber allemal. Dies ist auch gut in den TV-Aufnahmen und auf diversen Videos zu hören.
Das Spiel lief weiter und in der 52. Spielminute köpfte Ramien Safi das 2:1 für Essen. Der MSV gab nochmal alles vor allem in den letzten Minuten angepeitscht von den eigenen Fans und dem Trainer am Spielfeldrand, der u.a. seine Spieler nach Fouls am Gegner abfeierte und motivierte. Am Ende reichte es einfach nicht und es senkte sich kein Ball mehr ins Tor. Rot-Weiss Essen konnte sich zum dritten Mal als Pokalsieger feiern lassen und ist Teilnehmer der ersten Runde im DFB-Pokal. Die öffentliche Siegerehrung wurde aufgrund des medizinischen Vorfalls abgesagt. Zu Recht. Diese fand dann in den Katakomben des Stadions statt. Trotzdem kamen die Spieler noch einmal mit dem Pokal zu den Fans.
Damit wäre das Niederrheinpokalfinale eigentlich auserzählt. Ja, wäre da nicht MSV-Trainer Dietmar Hirsch mit seiner schrägen Aussage in einem Interview: „Es ist hier ein bisschen rund um dieses Spiel untergegangen, dass ein Fan um sein Leben gekämpft hat. Da haben sich die Essener Fans hier einfach respektlos verhalten und weiter gesungen. Das finde ich bodenlos. Unsere Zuschauer haben sich zurückgehalten“. Er legte dann noch nach und meinte, dass der MSV Duisburg durch diese Situation ein Auswärtsspiel gehabt hätte. Ich finde: Das ist emotional trotz der Niederlage schon mehr als drüber.
Was mich aber mehr stört als die Aussage des Trainers, ist die ganze Medienlandschaft die das Gesagte ohne Prüfung der Aussage glaubte und weiterverbreitete, wahrscheinlich aufgrund der Vorlage der dpa. Sie waren nicht vor Ort und haben es nicht Fakten gecheckt. Ja ihr seid gemeint: dpa, BILD, FAZ, RTL, Reviersport (erst heute wurde ein Artikel von gestern revidiert), Kölner Stadtanzeiger, Rheinische Post / RP Online, NRZ, N-TV, Kicker, T-Online, Web.de, WDR, Express und viele weitere. Dabei liegen sogar die TV-Bilder vor und auch die Inhalte der Liveticker, wo eindeutig zu hören und zu lesen ist, dass die RWE-Fans ebenfalls den Support eingestellt haben und auch, dass sich die MSV-Fans später eben nicht zurückgehalten haben.
ABER: Am Ende ist es „nur“ Sport gepaart mit vielen Emotionen und eigentlich heute nicht mehr wichtig.
Es gibt viel wichtigere Sachen im Leben, nämlich: Das Leben!
Heute tritt alles in den Hintergrund. Gestern noch wünschte man dem MSV-Fan alles Gute, heute kam die Nachricht dass er es leider nicht geschafft hat.
Traurig. Sehr traurig. RUHE IN FRIEDEN
Wir haben die Kommentarfunktion hier und auch bei Socal Media zu dem Thema geschlossen. Man kann sich denken warum, aber nochmal weil es wohl nicht ganz klar ist: Wir dulden keine Beleidigungen und persönliche verbale Angriffe (mit Androhungen körperlicher Gewalt) gegen uns oder egal gegen wen.
Natürlich würden die Zebras niemals zugeben, dass die RWE Fans gar keine Möglichkeit über den Vorfall informiert zu sein.
Liest sich halt auch viel geiler in den Medien, wenn da steht das es einen medizinischen Notfall gab und die RWE Fans sangen einfach „absichtlich“ weiter. Gut das absichtlich steht nirgendswo, aber kommt so rüber.
Tipp für die Zebras: Geht mal in Block 20 wo ich saß und schaut mal ob ihr dann irgendwas in irgendeinem Block auf der Gegenseite erkennt.
Nicht mal die Zebra Fans die am Gästeblock saßen haben was mitbekommen und munter weiter gepöbelt.
Heute gibt es in Duisburg Hirschragout, Hirschragout, Hirschragout
Danke für die gute Einordnung