Es läuft im Ostseestadion die sechste und letzte Spielminute der Nachspielzeit. Hansa liegt mit 1:2 zurück. Endet heute unsere kleine Serie von zusammen drei ungeschlagenen Spielen? Muss ausgerechnet „das Dorf“ heute gewinnen?

Das Dorf war mit 30 „Bauern“ nach Rostock angereist, zur Mottofahrt „Erntefest am Ostseestrand“, dazu gab es einen 10-tägigen Traktorkorso von Verl bis Rostock. Vom geschmückten Anhänger schmissen die Verler mit „Bonbons und Schokolade“. Wir antworteten mit alten Heringen.
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Es gibt noch mal Eckball für Hansa in der 96. Spielminute. „Siegesgewiss fahren wir nach Mexiko“, wurde heute sicherlich bei vielen auswärtigen Hansafans im Autoradio gespielt, denn den zwei vorhergegangenen Siegen sollte doch der dritte Sieg folgen. Neuerdings können wir sogar mehr als zwei Tore schießen. „Ich glaub es geht schon wieder los“ dachten sicherlich einige der wieder fast 25.000 Zuschauer im Ostseestadion, denn Florian Carstens sorgte in der 5. Spielminute für unsere 1:0-Führung.

Marco Schuster tritt die letzte Ecke für Hansa. „Wenn die Ostseewellen trecken an den Strand“, so fühlten sich die Chancen für Hansa in der ersten Halbzeit an. Voglsammer und zweimal Naderi scheiterten mit ihren Großchancen. Den gut spielenden Verlern gelang dafür in der 26. Spielminute das 1:1. Schusters Ecke landet genau in der Mitte auf dem Kopf von Gürleyen.

Nach der Pausenbowu folgte ein komplett anderes Spiel. Spielten die Verler in der ersten Halbzeit einen schönen Fußball, ging es nur noch um das Verteidigen des 1:1 und gelegentliches Kontern. Die Krönung war dann aber Schulze im Gästetor. Der Dirigent hasst das Orchester. Er übertrieb es mit seiner Verzögerungstaktik. Statt den Ball weiterzuleiten, wartete er mehrere Sekunden, ob dann ein Hanseat ihn angreifen würde.

Leider wurde Verl in der 78. Minute mit der 2:1-Führung belohnt. Vorher hatte Hansa noch einen Lattenknaller durch Schuster. Schulze setzte noch einen drauf und fiel plötzlich im Tor um, um weiter Zeit zu schinden. Gürleyen köpft in der letzten Spielminute und der Torwart hält. Würde dieser Antifußball am Ende belohnt? Hansa wirft alles nach vorne. Versucht es mit einem Dreierwechsel und bringt unter anderem „Kingsombi“, welcher ja bekannt für Jokertore ist.

Noch sechs Minuten im Rostocker Ostseestadion und keiner wankt. Der Ausgleich muss noch irgendwie gelingen. Erinnerungen werden wach an die berühmte „Bernd Arnold-Minute“ – der ehemalige Hansa-Spieler hatte 1982 den 1. FC Union Berlin in der 92. Spielminute mit einem 40-Meter-Weitschuss zum 1:0-Sieg bezwungen!

Unvergesslich Chris Kinsombis 1:0-Siegtreffer in der 90. Spielminute gegen Hannover II im letzten Dezember. „Tue es noch einmal, Sam.“ Der Torwart kann den Ball nicht festhalten und Kinsombi staubt zum 2:2 Ausgleich ab!!!
Erinnerungen werden in mir wach. „Lieber Doktor Markus Merk. Ich gehe jeden Tag zum Zahnarzt“. Das Ostseestadion explodiert. Alles jubelt und liegt sich in den Armen. Fußball für Millionen. Nichts kann ein Live-Erlebnis im Stadion mit dem Fernseher ersetzen. Wobei, ein bekannter Fernsehreporter hätte jetzt gesagt: „Liebe junge Väter, haben sie Mut. Nennen Sie ihre Neuankömmlinge des heutigen Tages ruhig Chris!“.

Torwart Schulze macht noch Faxen beim Rausgehen und der Gästetrainer jubelt laut Pressekonferenz über sein bisher größtes Fanerlebnis im deutschen Fußball. Den, der hier alle gewählten Zitate (ob Musik, Film oder Bücher) als erstes entdeckt, lade ich auf ein Bier zum nächsten Heimspiel in die Trotzenburg ein. Ahoi Heiko

Fotos: Heiko Neubert, René H., Jens, Marco Bertram




