Vier Spiele. Ein Kantersieg. Zwei Niederlagen bei Spitzenspielen. Ein torloses Remis. So lautet meine persönliche Ausbeute, was die Sp.Vg. Blau-Weiß 90 Berlin in der zurückliegenden Landesliga-Saison betrifft. Flott los ging’s am 6. Spieltag mit einem 12:0-Auswärtssieg beim 1. FC Novi Pazar auf dem Sportplatz am Hertzbergplatz in Berlin-Neukölln. Bei vom Späti mitgebrachtem Flaschenbier ließ es sich gut aushalten, und es war eigentlich klar: Der Aufstieg am Ende der Saison wäre für Blau-Weiß 90 wohl reine Formsache.
Auf die alten Zeiten! Am Freitag, den 21. März schnappte ich mir den kleineren Sohnemann und düste mit ihm zur Sochos-Sportanlage, um das Spitzenspiel beim Tabellenzweiten Steglitzer SC Südwest 1947 zu schauen. Aus gefühlt 100 Metern Entfernung bekamen die Blau-Weiß-Fans nur sehr wenige Möglichkeiten zu sehen, und am Ende musste sich der Tabellenführer aus Mariendorf vor ordentlicher Kulisse mit 0:1 geschlagen geben.
Na gut, okay. Kann ja mal passieren. Der Vorsprung auf Rang zwei betrug zu jenem Zeitpunkt allerdings nur noch vier Punkte. Mund abwischen! Weiter ging’s! Am 27. April hatte ich wieder den kleinen Sohn dabei – dieses Mal führte die Sause in den Norden Berlins. Genauer gesagt zum Sportplatz des VfB Hermsdorf in der Seebadstraße.
Wieder gab es für Siebtliga-Verhältnisse eine passable Kulisse zu bestaunen, und wieder musste man sich beim Tabellendritten knapp mit 0:1 geschlagen geben. Wie bereits beim Freitagabendspiel in Steglitz war der Auftritt der Blau-Weißen nicht berauschend. Verrückt! In den bis dato 23 Partien gab es bislang 84 erzielte Treffer zu bejubeln, doch sah ich bereits zwei Saisonspiele ohne Tor von Blau-Weiß 90. Aber gut, dafür bekam ich ja 12 Tore beim besagten Duell am Hertzbergplatz zu sehen. Das musste wohl für mich reichen in der laufenden Saison.
Nehmen wir es mal gleich vorweg, am vergangenen Samstagnachmittag sah ich wieder keinen blau-weißen Treffer! Allerdings war der Aufstieg bereits in trockenen Tüchern! Da Blau-Weiß 90 mit 1:0 beim FC Internationale II gewinnen konnte und zeitgleich völlig überraschend der Verfolger VfB Hermsdorf daheim mit 1:6 gegen den Friedenauer TSC verloren hatte, war die blau-weiße Rückkehr in die Berlin-Liga bereits drei Tage vor Saisonschluss besiegelt. Nach dem freiwilligen Rückzug aus der NOFV-Oberliga Nord und dem sportlichen Abstieg aus der Berlin-Liga in die Landesliga, konnte nun endlich der Abwärtstrend beendet und das Ruder wieder herumgerissen werden!
Heja Blau-Weiß! Vor dem Anpfiff führte uns der Buchautor Andreas Thome auf der Sportanlage herum und erzählte einiges über die Historie der „Rathausritze“ und des Vereins. So wurde auf dem Sportplatz an der Rathausstraße am 14. April 1911 das Länderspiel Deutschland vs. England (2:2) ausgetragen. Bereits im vergangenen Herbst brachte Andreas Thome sein 208-seitiges Buch „Heja Blau-Weiß! Der einzigartige Verein aus Berlin Mariendorf“ heraus.
Wie heißt es so schön im Klappentext? „Im Mai 1986 geschah in (West-) Berlin das Unglaubliche. Die Sportliche Vereinigung Blau-Weiß 90 Berlin feierte den Aufstieg in die 1. Fußball-Bundesliga! Das Überraschungsteam aus dem Südberliner Stadtteil Mariendorf war plötzlich in aller Munde – und der Auftritt der Mannschaft im „Aktuellen Sportstudio“ wurde legendär. Andreas Thome erlebte den kometenhaften Aufstieg Mitte der 80er und den bitteren Absturz zu Beginn der 90er Jahre hautnah mit.“ Meine klare Kaufempfehlung an dieser Stelle!
Wie meinte Andreas Thome während des Heimspiels am vergangenen Samstag gegen SF Kladow? Es müsste bereits sein zehnter Aufstieg mit Blau-Weiß 90 gewesen sein! Wohl denn! Und passend zum Sprung von der Landesliga in die Berlin-Liga gibt es Neues von der „Rathausritze“ zu berichten! So sind zwei kleine Sitzplatztribünen mit je 50 blauen und weißen Sitzplätzen zu bestaunen! Die vordere wurde auch sogleich vom harten der Kern der Blau-Weiß-Fans mit großer Begeisterung in Beschlag genommen!
„Sitzen ist für nen Arsch!“ gilt nicht bei den Blau-Weiß-Fans! Und somit gibt es nun sogar einen kleinen VIP-Bereich mit Überdachung und Holzzaun. „Speziell-BW90-Fans“ war auf einem aufgestellten Schild zu lesen. Hoch die Tassen! Bei der Wärme schmeckte das gekühlte Bier noch besser. Schön zu sehen, dass all das Hickhack um die arg umstrittene Kooperation mit dem SV Tasmania Berlin überwunden scheint. Blau-Weiß 90 macht wieder Spaß – und in der kommenden Saison gibt es dann wieder unter anderen Auswärtsspiele bei den Füchsen auf dem allseits beliebten Wackerplatz, beim SC Charlottenburg, bei Empor Berlin und Polar Pinguin.
Was das Spiel gegen SF Kladow betraf, so wurde teilweise nicht mehr allzu konzentriert auf das Spielfeld geschaut. Treffer fielen wie bereits erwähnt keine, und so konnten sich die abstiegsbedrohten Kladower, die sogar von ein paar Fans begleitet wurden, über den geholten Punkt freuen. Wenn es am Ende reichen sollte, sei es ihnen gegönnt. Liebe Grüße ans andere Ufer des Wannsee! Eine Sause zu einem Spiel mit der Fähre macht wirklich Laune!
Was den vergangenen Samstag betrifft, so ließ man den Nachmittag und Abend bei Gesprächen vor dem Vereinsheim und beim Tempelhofer Hafenfest ausklingen. Auf ein Neues! Auf eine neue Saison! Auf die Zukunft! Heja Blau-Weiß!
Anmerkung: Am gestrigen Abend gab es wieder Tore zu sehen: Blau-Weiß 90 gewann gegen den SC Berliner Amateure mit 3:0!
Fotos: Marco Bertram