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Buenos Aires im Ausnahmezustand: Boca Juniors und River Plate wollen den großen Pott

Boca! La Bombonera! Diego Maradona und Rafael di Zeo! La 12! Anfangs des Jahrtausends klebten wir förmlich am Fernseher, spulten die VHS-Kassette immer wieder zurück und saugten die Bilder auf. Die Luftaufnahmen vom gefüllten Stadion, die feiernden Massen, die Interviews mit Rafael di Zeo. Faszinierend und ein wenig gruselig zugleich. Die damalige BBC-Reportage hatte es wahrlich in sich. Zu einer Zeit, in der das Netz noch nicht so gefüllt war mit reichlich Stuff aus aller Welt bot uns diese Doku die volle Palette. Millwall, Lazio und Boca Juniors. Maradona schwärmte in der Doku wie ein kleines Kind von den Boca-Fans und der charismatische Rafael di Zeo, der Kontakte zu den obersten Riegen des Landes hat, kam wie das bravste Lamm daher. Eingebrannt hatten sich die Filmaufnahmen von den Jungs von La 12 (La Doce), als sie auf den weißen Plastikstühlen saßen, von der Politik und der einstigen Militärdiktatur sprachen und anschließend auf einem kleinen Feld den Ball rollen ließen. Männer mit freien Oberkörpern und schweren Goldketten spielten eine Runde Fußball, in späteren Sequenzen saßen sie allesamt in einem Restaurant, stimmten ein Lied an und wedelten mit den T-Shirts. Was kostet die Welt?! Ich persönlich war noch nie in Argentinien (dafür jedoch einige Wochen in Brasilien), doch diese BBC-Doku hatte mich vor 15 Jahren wahrlich geprägt.

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Nun ist es nicht so, dass ich regelmäßig auf den argentinischen Fußball schaue, doch die aktuellen Meldungen und Videos konnten keineswegs übersehen werden. Der absolute Hammer! Die Stadtrivalen Club Atlético Boca Juniors (CABJ) und Club Atlético River Plate (CARP) spielen derzeit das Finale der Copa Libertadores (vergleichbar mit der europäischen Champions League) aus. Da Gästefans eh nicht zugelassen sind, macht es sich gut, dass die Sache mit Hin- und Rückspiel ausgetragen wird. Sind im Ligaalltag diese Derbys schon der Knaller, so kann sich jeder Fußballfreund ausmalen, was derzeit in Buenos Aires abgeht!

Dreimal konnte River Plate (1986, 1996, 2015) die Copa Libertadores gewinnen, sechsmal holte Boca Juniors (1977, 1978, 2000, 2001, 2003, 2007) den großen Pott. Würde Boca die Angelegenheit für sich entscheiden, könnte nach Titeln mit dem Stadtrivalen CA Independiente (Avellaneda ist ein Vorort von Buenos Aires) gleichgezogen werden. Apropos: Independiente gelang es als einziger Mannschaft bisher, die Copa Libertadores vier Jahre hintereinander (1972, 1973, 1974, 1975) zu gewinnen.

Als Finale der Copa Libertadores gab es den Superclásico zwischen Boca Juniors und River Plate bislang noch nicht. Allerdings trafen die Erzrivalen in der zweiten Runde der Copa Libertadores im Mai 2015 aufeinander. Das Hinspiel gewann River Plate mit 1:0, beim Rückspiel gab es ein torloses Remis. Bei grandioser Atmosphäre ging es mit dem 0:0 in die Halbzeitpause, und plötzlich griffen sich einige Gästespieler ins Gesicht und zogen die Trikots hoch. Betreuer spülten den Spielern die Augen aus. Zuvor hatte jemand im Spielertunnel Pfefferspray versprüht. Die Partie wurde abgebrochen, unter den Schutzschilden der aufgestellten Polizisten marschierten Spieler und Betreuer von River Plate in die Katakomben.

Nun also auf ein Neues! In die Finalrunde der Copa Libertadores 2018 zogen sechs argentinische Vereine, sechs brasilianische Verein sowie zwei Vereine aus Paraguay, ein Verein aus Kolumbien und ein Verein aus Chile ein. Im Achtelfinale konnte sich Boca locker gegen den Club Libertad (2:0 und 4:2) durchsetzen, gegen Cruzeiro Belo Horizonte (2:0 und 1:1) und Palmeiras São Paulo (2:0 und 2:2) ging es etwas knapper zu. River Plate hatte es im Achtelfinale mit dem Racing Club (0:0 und 3:0) zu tun, es folgten die Duelle gegen CA Independiente (0:0 und 3:1) und Grêmio Porto Alegre (0:1 und 2:1).

Das Hinspiel des Finales stieg am 10. November im Estadio Alberto Jacinto Armando (La Bombonera / „Die Pralinenschachtel“). Vor 49.000 Zuschauern (Gästefans waren nicht zugelassen) ging Boca in der 34. Minute mit 1:0 in Führung. Im Nachschuss wurde der Ball von Ábila kraftvoll untergebracht und die blau-gelben Massen tobten vor Freude. Nur eine Minute später war die Hintermannschaft von Boca allerdings unachtsam und Lucas Pratto konnte zum 1:1 ausgleichen.

Unmittelbar vor dem Pausentee verlängerte Benedetto mit dem Kopf zur 2:1-Führung, und die Boca-Fans waren wieder komplett aus dem Häuschen. Bitter aus Sicht des Gastgebers: Nach einer Stunde bugsierte Izquierdoz das Spielgerät ins eigene Gehäuse. Ausgleich zum 2:2 für River Plate, und draußen auf den Straßen feierten nun die Fans in Weiß-Rot ausgelassen den Treffer. Am Ende blieb es beim 2:2. Das mit Hochspannung erwartete Rückspiel im Estadio Monumental Antonio Vespucio Liberti steigt am kommenden Samstag, den 24. November 2018.

Fotos: Michael Stoffl

> zur turus-Fotostrecke: Fußball in Argentinien

Inhalt über Klub(s):
Artikel wurde veröffentlicht am
16 November 2018

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