Altglienicke vs Chemnitz-18

Altglienicke vs. Chemnitzer FC: Drei Elfer, 1022 Zuschauer und ein gemalter Teufel

Mittwochabend auswärts in Berlin. Anpfiff um 18:30 Uhr, von Chemnitz aus mal eben rund 270 Kilometer Anreise. Den Chef belöffeln, damit man früher von der Arbeit wegkommt, rasch nen Kasten paar Bier gekauft und dann die Qual der Wahl: Die A9 über Leipzig oder doch lieber die östliche Route über A14 und A13? Am Ende waren es rund 200 Anhänger des Chemnitzer FC, die den Weg in die Gästeblock des Jahn-Sportparks fanden und nach Kräften ihre Mannschaft unterstützten. Und auf der Heimseite? Beim Heimspiel gegen den VfB Auerbach verloren sich gerade einmal 112 Zuschauer auf der Haupttribüne des JSP, gegen Germania Halberstadt waren es zuletzt 190 Fußballfreunde. Am gestrigen Abend herrschte indes erstaunlich großes Interesse, das vor Anpfiff vor allem an der langen Schlange vor dem Bierstand deutlich wurde.

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Einfach nur locker flockig Fußball gucken. Ohne Herzrasen und Mitfiebern. Ohne Stress und Aufregung. Einfach nur auf einem der grünen Schalen sitzen und schauen, was sich auf dem Rasen und in der Gästekurve tut. Bekannte und weniger bekannte Gesichter. Groundhopper en masse, die die Gelegenheit nutzten, um endlich bei Altglienicke bzw. beim JSP gepflegt das Kreuzchen machen zu können. Fußballfans der verschiedensten Vereine, von Hansa bis Union. Spielerbeobachter, Berichterstatter, Talentspäher, Zivilpolizisten, Allesfahrer, Allestrinker, Zeit-Totschläger und Insolvenzverwalter. Alle waren sie da, und so kam es, dass am Ende eine offizielle Zuschauerzahl von 1.022 angesagt wurde. 17 mehr als beim Auftaktspiel gegen den FC Rot-Weiß Erfurt, als der Gästeblock etwas gefüllter war. Wirklich erstaunlich. 

Weniger erstaunlich war, dass die Mannschaft des Chemnitzer FC auch bei der VSG Altglienicke souverän spielte und am Ende zum siebten Mal in Folge drei Punkte einfuhr. Das „Auf geht´s Chemnitzer Jungs!“ ertönte aus dem Gästeblock, auf dem Rasen hatte Dejan Bozic eine erste prima Möglichkeit. Sein Versuch wurde erfolgreich abgeblockt. In den bisherigen sechs Saisonspielen gingen die Himmelblauen fünfmal in der ersten Viertelstunde in Führung, erklärte ein Chemnitzer Kumpel, der sich gestern mit mir das Spiel gemeinsam anschaute. Ein Blick in die Statistik: Gegen Fürstenwalde war es Langer in der 3. Minute, gegen den BFC Dynamo war es Müller in der 13. Minute, gegen Babelsberg war es Frahn in der 15. Minute, gegen Auerbach war es Velkov in der 7. Minute und gegen Halberstadt war es Müller in der 12. Minute. Nur beim Spiel in Erfurt fielen in der ersten Halbzeit gar keine Treffer.

Gestern bei der VSG Altglienicke war es wieder soweit. In der 11. Spielminute zeigte der Schiedsrichter auf den Punkt. Elfmeter für den CFC. Rafael Garcia ging zu Boden, der Schiri überlegte nicht lange. Verantwortung übernahm Dennis Grote, vom Punkt aus besorgte er souverän die Chemnitzer Führung. Trocken rein, 1:0 für den Tabellenführer. „Auswärtssieg! Auswärtssieg!“, riefen die Gästefans. Doch noch war nix in trockenen Tüchern. In der 17. Minute hatte die VSG Altglienicke die Chance zum Ausgleich, doch der Schuss wurde zur Ecke geklärt. 

„Flug … zeug!“, hallte es durch das weite Rund (ich vermutete anfangs ein ziemlich sinnfreies "Blue - white", ließ mich dann jedoch aufklären). Bereits bei früheren Auftritten im Jahn-Sportpark (u.a. bei Türkiyemspor) wurde dieser Schlachtruf Kult. Als Berliner achtet man gar nicht mehr auf die Tegel ansteuernden Flugzeuge. Als Gästefan wohl schon. Noch lauter wurde es kurzzeitig beim geschmetterten „Ehre, Treue, Leidenschaft für Verein und Heimatstadt!“ Auf dem Platz ließ Chemnitz nichts anbrennen und kontrollierte ganz klar das Spiel. In der 37. Minute ertönte wieder der Pfiff, wieder Elfmeter für den Chemnitzer FC. Dieser war allerdings mehr als schmeichelhaft. Der später auf der Pressekonferenz dazu befragte CFC-Trainer meinte, der erste Elfer sei eine klare Sache gewesen, und was den zweiten Elfer betraf: „So gut sind meine Augen auch nicht mehr.“ 

Dieses Mal trat Daniel Frahn an. VSG-Keeper Dan Twardzik ahnte die Ecke, doch der Ball ging unten links zu platziert rein. 2:0 für Chemnitz - was sollte da noch groß passieren?! Und dann! In der 45.+2. Minute gab es wieder einen Pfiff. Wieder ein Strafstoß, doch dieses Mal für den Gastgeber. Im Getümmel vor dem CFC-Gehäuse kam Rico Steinhauer zu Fall. Ganz eindeutig schien die Angelegenheit nicht. Immerhin gab es somit ausgleichende Gerechtigkeit. Benjamin Förster trat an, verwandelte ebenso souverän, jubelte aber nicht. Er wurde kurz nach dem Mauerfall in Chemnitz geboren, spielte in den Nachwuchsmannschaften des CFC und stand auch in der Herrenmannschaft bis 2014 unter Vertrag.

Nur noch 1:2. Da ging noch was. Es schien eine spannende zweite Halbzeit zu geben. So spannend wurde es aber nicht. Chemnitz tat nicht mehr als nötig und hielt den Gegner geschickt vom eigenen Gehäuse fern. Die Gästefans sangen sich nun richtig warm. Neben mir griff mein Sohn zum Notizblock und zeichnete eine Kogge und wenig später völlig aus der Kalten einen Teufel. Einen was? Mein Chemnitzer Kumpel erschrak kurz und meinte, dass er dem Teufel im Logo der „Diablos Leutzsch“ durchaus ähnlich sei. Hm ja, dies sei ganz klar ein Zeichen, meinte ich. Eine Eingebung. Im sächsischen Landespokal wird es noch zum Aufeinandertreffen zwischen Chemnitz und der BSG Chemie Leipzig kommen.

„Um Gottes Willen. Bitte nein! Für uns gibt es in dieser Saison zwei Ziele: Der Aufstieg und Chemie im Pokal aus dem Weg gehen!“, erklärte neben mir der Chemnitzer und griff zum Bierbecher. Kurz vor Abpfiff wurde ihm fast noch das Bier vergällt. Die ganze zweite Halbzeit hatten die Himmelblauen die Sache gut im Griff, doch am Ende kam Altglienicke doch noch fast zum Ausgleich. Aber eben nur fast. Von der rechten Seite wurde der Ball hereingebracht und Tugay Uzan vergab die fette Möglichkeit zum 2:2. Am Ende blieb es beim unter dem Strich vollkommen verdienten Chemnitzer Sieg. Der siebte Streich in Folge, wer soll diese Mannschaft eigentlich noch aufhalten? 

Fotos: Felix

> zur turus-Fotostrecke: Chemnitzer FC

Artikel wurde veröffentlicht am
13 September 2018
Spielergebnis:
1:2
Zuschauerzahl:
1.022
Gästefans
200

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Benutzer-Kommentare

4 Kommentare
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Kommentare
Bitte nicht Chemie
Schöner Bericht.
Aber bitte nicht gegen Chemie im Pokal, die singen uns an die Wand.
Und ob der CFC weiterkommt ist auch fraglich.
Die Leutzscher sollen lieber die Lok entgleisen lassen und wegen mir aufsteigen.
Aber uns sollen sie aus dem Weg gehen.

C
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cooler artikel
wieso musste ich wohl so lachen.. danke für die amüsanten Beitrag .. macht im Forum bei uns schon de Runde
C
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G
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G
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