Bei den anfänglichen Planungen waren die Hoffnungen gering, einen Besuch im ziemlich geilen Stadion von Sidoarjo unterzubekommen. Bis mir diese AFF U16 Championship unter die Augen kam. Noch besser sollte es werden, als die Besucherzahlen der Spiele der indonesischen Juniorenauswahl auftauchten. Das konnte doch nicht stimmen? Über 20.000? Bei einem U16 Spiel? Da merkt man erst wie fußballbegeistert dieses Land eigentlich ist und wie stolz man trotz des geringen Erfolgs der Nationalelf auf die eigene Nation ist. Als kleine Randnotiz sei erwähnt, dass sich Indonesien nicht einmal für die Asian Cup im Januar 2019 qualifiziert hat. Ich habe vor einigen Jahren mal ein Spiel der deutschen U18-Nationalmannschaft besucht und da waren nicht einmal 500 Leute.
Über 23.000 Zuschauer beim U16-Länderspiel in Indonesien
Bevor es jedoch soweit war, ging es mit der äußerst nützlichen App „Grab“ erst einmal in das südlich von Surabaya gelegene Sidoarjo. Auch dieser Ort ist natürlich eine Hochburg von Persebaya Surabaya, hat aber auch einen eigenen Verein in Liga 3 zu bieten. Der Deltras FC zählt eigentlich zu einem der bekannteren Vereinen in Indonesien und spielte bereits international, allerdings ist er tief gefallen. Tiefer als Liga 3 geht ja nicht. Da dieses Turnier täglich zwei Spiele in einem Stadion bietet, wurde sich als kleines Warm up im Hellen, natürlich auch die Partie zwischen Myanmar und Kambodscha gegönnt.
Netter Nebeneffekt, man konnte das Stadion somit in seiner architektonischen Schönheit bewundern, da sich diesen Kick kaum jemand anschauen wollte. Bereits in Hälfte 2 dieses Spiels füllten sich die Ränge allmählich. Nach dem guten bisherigen Abschneiden der U16 war eine regelrechte Euphorie spürbar. 23.000 Leute bevölkerten schlussendlich die Traversen des Stadions, wobei man bei einer angegebenen Stadionkapazität von 35.000 an mehr gedacht hätte. Sah schon ziemlich voll aus.
Ein weiterer Unterschied zu den meisten Ländern ist, dass die Nationalmannschaft in einem Maße unterstützt wird, wie es auch in den hiesigen Ligaspielen der Fall ist. Es gibt verschiedene Fangruppen, die einen tadellosen Support aufs Parkett legen. Ob es andere Nationalmannschaften gibt, die dermaßen aktiv unterstützt werden, wäre mal interessant. Hinzu kommt, dass eigentlich jeder die Farben der eigenen Nation trägt. Sehr sympathisch. Nach der Halbzeit gab es eine der üblichen Zettelchoreografien zu bestaunen. Nichts besonders kreatives, aber das gesamte Stadion in den Nationalfarben macht dennoch Eindruck. Ebenso gern genutzt ist die optische Untermalung mit Handylichtern. Einer fängt an und es greift um sich wie ein Virus, bis das ganze Stadion infiziert ist. Auch dieses einfache optische Mittel wirkt in der Masse beeindruckend. Dazu wurde die Mannschaft regelrecht von den Gesängen über den Rasen getragen und hatte keine Probleme den ehemaligen kleinen Bruder zu besiegen.
Erst seit 2002 ist Timor-Leste völlig unabhängig von Indonesien und war somit das erste Land im 21. Jahrhundert, welches dies erreichte. Zuvor hatte das Land eine sehr bewegte Zeit hinter sich. Kolonialisiert von Portugal, im 2. Weltkrieg von den Japanern besetzt und in den 70er Jahren schließlich von Indonesien selbst. 24 Jahre dauerte die Besatzung durch Indonesien, welche fast ein Viertel der Bevölkerung das Leben kostete. Nach dem offiziellen Unabhängigkeitsreferendum 1999, musste sogar eine internationale Friedenstruppe zur Stabilisierung der Lage nach Timor-Leste entsandt werden. Die ersten Wahlen nach der Wiederherstellung der Unabhängigkeit waren ebenso so chaotisch. Das Land kam nicht wirklich zur Ruhe. Erster Premierminister wurde schließlich Xanana Gusmao, der auch bei diesem Spiel anwesend war und die mitgereisten Anhänger aus Timor-Leste in Begeisterungsstürme ausbrechen ließ.
Letztlich sollte sich auch die Euphorie in Indonesien noch steigern, denn die Junioren schafften es bis ins Finale und gewannen auch dieses. Irgendwie schön, wie eine ganze Nation gebannt vor den Fernsehern saß, den Junioren die Daumen drückte und den ersten Titel dieser Altersstufe feierte.
Bericht: Marcel Hartmann
Fotos: Marcel Hartmann