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Persinga Ngawi vs. Persis Solo: Volle Ränge und Gespräche über den Tod

Eines der Ziele des erneuten Indonesienbesuchs war es, endlich mal ein Spiel von Persis Solo zu besuchen. Das heimische Stadion Manahan des Zweitligisten, konnte bereits Ende 2017 mit dem Derby Persija Jakarta vs Persib Bandung besucht werden, da dieses aus Sicherheitsgründen auf neutralem Platz ausgetragen wurde. Aufgrund der freundschaftlichen Kontakte beider Fanszenen, ist dies eine regelmäßige Lösung für diese Partie. 

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Nach Sichtung des Spielplanes fand sich jedoch kein wirklich passendes Ligaspiel. Allerdings konnte der Blick auf die Ansetzungen des indonesischen Pokals Abhilfe schaffen. In diesem wurde Persis ein Auswärtsspiel beim Drittligisten in Ngawi zugelost, wobei zugelost eher zugewiesen heißen dürfte. Denn die 1. Rundes des „Piala Indonesia“ wird in regionalen Duellen ausgespielt. Wohl auch um Reisekosten etwas im Rahmen zu halten. Somit also nur 76km Anreise für den Gast und nach kurzem Plausch mit der Fangruppe „Surakartans“ war klar, dass ein guter Haufen dieses Spiel besuchen würde. Das Ganze klang erst einmal vielversprechend. 

 

Die Anreise aus Surabaya war noch zu klären. Im ersten Moment versuchten die Surakartans mir netter Weise eine Mitfahrgelegenheit, bei in Surabaya lebenden Persis-Fans zu vermitteln, aber so richtig fündig wurden sie wohl nicht. Aber letztlich kein Problem, denn Ngawi liegt so gut wie auf jeder Busroute von Surabaya nach Surakarta – im allgemeinen Sprachgebrauch oft als Solo bezeichnet - oder Yogyakarta. Somit sollte der Bus genutzt werden, welcher etwa 4 Stunden ab Surabaya benötigt. 

 

Für den Trip nach Ngawi konnte noch ein indonesischer Fußballreisender begeistert werden, sodass die Kommunikation zumindest schon einmal deutlich erleichtert wurde. An einer Gabelung unweit des Stadions wurden wir abgesetzt und der letzte Kilometer wurde entspannt gelaufen. Am Stadion herrschte bereits ein großes Gewusel. Die Hauptstraße wurde komplett gesperrt und überall saßen Fans von Persis herum. Das sah richtig gut aus. Wenig später konnten ein paar führende Leute der „Surakartans“ begrüßt werden, welche sich über den Besuch aus Europa durchaus freuten. Man plauderte eine ganze Zeit über das Fandasein in Indonesien und auch kritische Themen, wie z.B. die häufigen Todesfälle bei den Spielen wurden angesprochen. Was die normalen Fanthemen angeht, ist vieles wie in Deutschland. Repressionen sind auch in Indonesien an der Tagesordnung. Zum Thema der Gewalt, wurde ein eher ernüchterndes Fazit gezogen. 

 

So wirklich zufrieden ist mit dem Umstand natürlich keiner, denn keiner will beim Ausleben seines Hobbys und seiner Vereinsliebe sterben. Insbesondere die Älteren sind der Auffassung, dass die jungen Fans einfach keine Grenze kennen. Im Rausch der Gruppendynamik überschreitet die Gewalt letztlich die Grenze zum Tod. Bei einem Angriff durch andere Gruppen wird sich eben gewehrt. Es wird sich somit auch in Zukunft nichts ändern und wenige Tage nach dem Todesfall eines PSS Sleman Fans im Derby gegen PSIM, kam es bei einem Drittligaderby in Jakarta erneut zu Auseinandersetzungen mit zwei Toten. Allerdings wurden hier auch Messer und Macheten eingesetzt. Man muss auch erwähnen, dass das indonesische Verhältnis zum Tod ein völlig anderes ist als in Europa. Man nimmt es viel leichter hin, was auch viele verrückte Aktionen im täglichen Leben und auf den Straßen erklärt.

 

Anschließend ging es gemeinsam in das nette, kleine Stadion, welches bereits sehr gut gefüllt war. Bis zum Anpfiff war keine Lücke mehr zu erkennen und einige Leute saßen auf Mauern, Zäunen und in den Bäumen. Der deutlich größere Anteil drückte den Gästen die Daumen, aber auch die Fans von Ngawi hatten einen guten Fanblock zusammengetrommelt. Persinga ist keine ganz kleine Nummer im Bezug auf ihre Fanaktivitäten. Insbesondere Spiele gegen den verhassten Ligakonkurrenten aus Madiun sollen nicht übel sein. Ein viel besseres Spiel als die Partie gegen Solo kann man aber kaum sehen, zumindest machen die Gäste die Hütte voll und bringen eine ganz gute Geräuschkulisse mit. Insgesamt war eine sehr runde Sache, denn auch der Blick in die Heimblöcke lohnte sich. Insbesondere nach der verdienten Führung, bebte der Heimbereich und der Trennzaun musste gute Arbeit leisten.

 

Was in Indonesien stets für ein Grinsen sorgt, dass Thema Sicherheit. Auf kurze Nachfrage bei der Polizei, war es gar kein Problem, dass ich für ein paar Fotos in den Innenraum gehe. Der einzige Nachteil dieser Aktion, man steht nun mitten im Fokus und die einzelnen Gruppierungen, bitten nahezu allesamt um Fotos von sich. Das artete regelrecht in Arbeit aus. Nachdem die gewünschten Bilder im Kasten waren, wurde der Platz auf der Haupttribüne aber wieder vorgezogen, denn dort lebt man einfach deutlich ruhiger und kann auch dem Spiel folgen. Dieses ging für den Favoriten aus Solo überraschend verloren. Eigentlich die einzige, wirkliche Überraschung der ersten Pokalrunde.

 

Der Gästeanhang nahm es aber sichtlich entspannt, denn der Fokus liegt klar auf der Liga und dem angestrebten Erreichen der Playoffs zur 1. Liga. Gönnen würde es man dem Team aus Surakarta und fantechnisch wäre es sicherlich eine Bereicherung. Aber da gibt es natürlich mit den Vereinen aus Yogyakarta ebenfalls interessante Anwärter. Für Ngawi war es natürlich ein Feiertag, einen der großen Nachbarn bezwungen zu haben. Daher fielen die Feierlichkeiten etwas üppiger aus, als es im Liga-Alltag der Fall sein dürfte. Eine wirklich runde Sache.

 

Bericht: Marcel Hartmann

Fotos: Marcel Hartmann

> zur turus-Fotostrecke: Fußball in Indonesien

Artikel wurde veröffentlicht am
18 August 2018

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