BFC Dynamo vs. Berliner SC: Schrecksekunde in letzter Minute, doch der Pokal bleibt weinrot!

MB Updated 24 Mai 2018
BFC Dynamo vs. Berliner SC: Schrecksekunde in letzter Minute, doch der Pokal bleibt weinrot!

Der Drops war quasi gelutscht. Die Uhr auf der Anzeigetafel zeigte die 90. Minute an, der BFC Dynamo führte mit 2:0 - was sollte da noch anbrennen?! Als Regionalligist würde man gegen einen Sechstligisten wohl die zwei, drei Minuten Nachspielzeit locker flockig herunterspielen können. Zahlreiche Fans saßen bereits auf der Zaunkrone. Es war angerichtet. Die weinrote Party konnte beginnen, der Pokalsieg sollte ausgiebig gefeiert werden. Zwar wäre dies bereits der fünfte Berliner Pokalsieg seit 2011, doch die Freude lässt keinesfalls nach. Jeder Pokalsieg ist immer wieder aufs Neue hart erkämpft und ganz gewiss keine Selbstverständlichkeit. Also dann! Ein Fan hockte auf dem Zaun und hielt einen großen aufgeblasenen Pokal in die Höhe. „Pankow bleibt weinrot!“ war auf der Pokalkrone zu lesen. 

Und dann! Ein Pfiff. Schiedsrichter Stefan Paffrath zeigte auf den Punkt. Elfmeter für den Berliner SC. Mannschaftskapitän Louis Arnst übernahm Verantwortung und verwandelte den Strafstoß. Nur noch 1:2 aus Sicht des Berlin-Ligisten. Alles oder nichts! Ein logisches kräftiges Aufbäumen des Außenseiters, und in der Tat wurde es noch einmal richtig hektisch. In der 90.+3. Minute musste der BSC-Angreifer Omid Sarbedest mit Rot vom Platz, in der 90.+5. Spielminute hatte der Berliner SC noch eine Ecke. Diese brachte fast den Ausgleich für den BSC, mit dem Kopf setzte Necmi Ulucay den Ball an den Querbalken. Alter Schwede! Kaum zu fassen, da gab der BFC Dynamo in der Nachspielzeit fast die 2:0-Führung aus der Hand. Die Kugel klatschte ans Aluminium und wurde im Anschluss von der Hintermannschaft des BFC Dynamo aus der Gefahrenzone bugsiert.

Sekunden später wurde das Finale des Berliner Pilsner Pokals abgepfiffen. Den meisten war in all der Vorfreude auf die anstehenden Feierlichkeiten gar nicht so richtig bewusst, wie knapp der BFC an der Verlängerung vorbei geschrammt war. Allerdings fiel sämtlichen Fans, Spielern und Betreuern wahrlich eine Last ab, als der Pfiff ertönte. Nachdem im Ligaalltag nach einer Negativserie der sicher geglaubte zweite Platz noch hergegeben wurde, war sich im Vorfeld nicht jeder sicher, ob der Sieg gegen die hoch motivierten Spieler des Berliner SC, die vom überaus sympathischen Wolfgang Sandhowe trainiert werden, wirklich gelingen mag. 

Abpfiff. Die Spieler des BFC lagen sich in den Armen, die ersten Fans sprangen auf der Gegengerade vom Zaun. Nachdem es zuletzt bei vier Pokalsiegen zu keinem Platzsturm kam, wollten dieses Mal zahlreiche Fans auf dem grünen Rasen des Jahn-Sportparks feiern. Wenn andere das tun, sollte dies auch beim Berliner Pokalfinale möglich sein. Sehr unterschiedlich reagierten die Ordner, die nicht wirklich auf diese Situation vorbereitet schienen. Während an einer Stelle sogar ein Tor geöffnet wurde, zerrte an anderer Stelle ein Ordner an einem Familienvater, der gerade seinen kleinen Sohn über die Werbebande hob. Händereichen und beschwichtigende Worte halfen jedoch vielerorts. Ja, auch beim BFC Dynamo kann es einen komplett friedlichen Platzsturm geben. Zwar bezogen die behelmten Einsatzkräfte sofort Stellung vor der Haupttribüne, doch zu nennenswerten Zwischenfällen kam es nicht.

Hunderte Fans liefen auf dem Platz umher und fertigten Erinnerungsfotos an. Mal als Selfie mit einem Handy, mal wurde einfach der nächste Fotograf gefragt. Man würde sich in den sozialen Netzwerken später schon irgendwie finden und verknüpfen können. Frohe Gesichter soweit das Auge reichte. Auf den Einsatz von Pyrotechnik wurde dieses Mal komplett verzichtet. Sicherlich in diesem Fall auch besser so, denn somit gab man einem möglichen Einsatz der Polizei keine Steilvorlage. 

Doch drehen wir die Zeit noch einmal drei Stunden zurück. Zurück auf 16 Uhr. Bei prächtigem sommerlichen Wetter zogen die Fans in Scharen zum Stadion. Mit rund 6.000 Zuschauern hatte der Berliner Fußballverband im Vorfeld gerechnet. Am Ende wurde es sogar ein paar mehr. Vor insgesamt 6.428 Zuschauern ging das diesjährige Berliner Pokalfinale über die Bühne, unter ihnen auch einige Fußballfreunde in den Farben Schwarz und Gelb, die in einem unteren Bereich der Haupttribüne Platz nehmen durften. Eine gute Hausnummer in Anbetracht dessen, dass dieses Mal nicht der FC Viktoria 1889 oder der SV Lichtenberg 47 der Finalgegner war. 2011 waren es gegen Stern 1900 etwas über 5.100 Zuschauer, zwei Jahre später waren es gegen Lichtenberg 47 exakt 6.380 Zuschauer, 2015 waren es gegen Tasmania Berlin 6.914 Zuschauer, und zuletzt gegen Viktoria 1889 waren es am 25. Mai 2017 genau 6.690 Zuschauer, die den Weg auf die Ränge des Jahn-Sportparks fanden. Somit durfte in diesem Jahr die drittgrößte Kulisse bei einem Berliner Pokalendspiel seit dem Mauerfall verzeichnet werden. Sprich: Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele BFC-Fans, die sonst nicht einmal bei den Klassikern gegen Chemie Leipzig oder Lokomotive Leipzig vor Ort zu sehen sind, bei Pokalendspielen dabei sind. 

Zu Beginn der Partie gab es im Bereich der Fraktion H und der Ultras BFC eine große weinrot-weiße Blockfahne, die sauber hochgezogen wurde. Am Zaun war zudem zu lesen: „Der Pokal bleibt weinrot“. Nach einer zwar unter dem Strich sehr erfolgreichen, aber zuletzt halt doch arg enttäuschenden Regionalliga-Spielzeit sollte das Ganze mit dem Berliner Pokal und dem Einzug in die erste DFB-Pokalrunde versüßt werden. Apropos lesen. Zu lesen gab es im äußeren Bereich der Gegengerade eine weitere Botschaft: „03.05.2018 - Herzlich willkommen Max in der Familie des BFC Dynamo!“ Die extra angefertigte Zaunfahne fand direkt neben jener der Treibjäger sein Plätzchen. 

Und ja, apropos Nachwuchs. Vor allem in der Schlussphase der Partie fiel auf, dass überdurchschnittlich viele Kinder und Jugendliche mit von der Partie waren. Das Nachwuchsproblem auf den Rängen, das es in den vergangenen Jahren nun mal definitiv gab, könnte vielleicht doch ein stückweit behoben werden. Und sagen wir es so: Das Spiel mit dem ganzen Drum und Dran könnte gewiss dazu beitragen, dass der Aufenthalt im Jahn-Sportpark sich fest im Kopf und im Herzen verankert. Im Bereich der Ultras und der Fraktion H saßen am Ende viele jüngere Fans auf dem Zaun, in anderen Bereichen hob manch ein Papa seinen gerade mal vierjährigen Sprössling auf die Zaunkrone. Anschließend schwang sich Papa mit hoch und schaute zufrieden und voller Stolz auf den Platz.

Auf jenem gab es am gestrigen späten Nachmittag ein unterhaltsames Spiel zu sehen. Die Mannschaft des Berliner SC zeigte sich gut aufgelegt. Unbedingt wollte der BSC den Pott holen - für sich und Damatang "Dami" Camara, der im März dieses Jahres im Training zusammenbrach und verstarb. Dass sich die Mannschaft keinesfalls verstecken und mauern würde, gab Trainer Wolfgang Sandhowe bereits im Vorfeld bekannt. Schnell sollte es nach vorn gehen. Gesagt, getan. Die erste richtig dicke Möglichkeit der Partie hatte der Sechstligist. Angreifer Omid Saberdest bekam den Ball zugespielt, geschwind ging es in Richtung BFC-Gehäuse. Torwart Bernhard Hendl spurtete dem Angreifer entgegen und konnte rechtzeitig klären. 

Dann nahm jedoch der Regionalligist das Heft in der Hand. Nach neun Minuten prüfte Matthias Steinborn den BSC-Schlussmann Mateusz Mika, nach einer Viertelstunde konnte schließlich Rufat Dadashov, der nach Verletzungspause erstmals wieder auflaufen konnte, den ersten Treffer der Partie erzielen. Von der rechten Außenbahn wurde der Ball zentral hereingebracht. Dadashov nahm das Spielgerät mit der Brust an und brachte es anschließend rechts unten unter. 1:0 für den BFC Dynamo, groß war der Jubel bei den Weinroten. Wie bereits im Finale 2017 erzielte wieder ein BFC-Stürmer, der in der folgenden Sommerpause wechseln wird, einen Treffer. Damals Kai Pröger, der zu Rot-Weiss Essen wechselte, dieses Mal nun Rufat Dadashov, den es zum SC Preußen Münster zieht. Respekt! Besser kann man sich von den Fans nicht verabschieden.

Und es blieb ja nicht - genauso wie vor einem Jahr bei Kai Pröger - bei diesem einen Tor! In der 64. Minute war Dadashov noch einmal zur Stelle! Nach einem Freistoß köpfte er den Ball zum 2:0 ein. Die Sache schien durch, der eingangs erwähnte Drops schien gelutscht. Doch dann wurde es wie bereits beschrieben in der Schlussphase noch einmal richtig spannend. Respekt somit auch an den Berliner SC, der zwischenzeitlich körperlich richtig platt schien, dann aber die allerletzten Kraftreserven mobilisieren konnte. 

Nach dem Platzsturm - oder besser gesagt, nach der friedlichen Platzbegehung der Fans - verließen nach und nach die Fans wieder den Rasen, damit die Pokalübergabe erfolgen konnte. Die Medaillen wurden verteilt, der Pokal und das große gefüllte Bierglas wurden überreicht. Wenig später lag das Glas zerdeppert auf dem Rasen. Ein kleiner Kollateralschaden am Rande des Trubels. Wenig später gab es das Gruppenfoto vor der Gegengerade. Eine jubelnde Truppe - im Vordergrund ein „fliegender / schwimmender“ Matthias Steinborn. Im Anschluss noch ein Abklatschen am Zaun, dann konnten die Sachen gepackt und weiter zum Vereinsheim gezogen werden. Das übliche Thema in den umliegenden Prenzelberger Kneipen: Wen wünscht man sich als Gegner im DFB-Pokal? Union?! Revanche gegen Schalke 04? Hamburger SV wäre doch nicht schlecht! Oder doch lieber die Kölner? Völlig egal, Hauptsache es gibt endlich mal den ersten Treffer des BFC Dynamo in diesem Wettbewerb zu sehen, meinte einer. Wohl wahr! 

BFC

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: BFC Dynamo

Inhalt über Klub(s):
Artikel wurde veröffentlicht am
22 Mai 2018
Spielergebnis:
2:1
Zuschauerzahl:
6.428

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Inhalt über Liga
Landespokal

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G
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Die Eintracht aus Frankfurt oder die dynamischen Sachsen aus Dresden wären traumhaft.
Oder beide, nacheinander!
I
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Joner oder Dredner bitte
B
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G
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G
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Danke!
B
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G
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Die Frankfurter Eintracht bitte als Los!
G
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