Kyoto Sanga FC vs. Renofa Yamaguchi FC: Viel Tradition im alten Nishikyogoku Stadium

MH Updated 21 Mai 2018
Kyoto Sanga FC vs. Renofa Yamaguchi FC: Viel Tradition im alten Nishikyogoku Stadium

Dem Einen als die kulturelle Hochburg Japans schlechthin bekannt, dem Anderen durch das gleichnamige Protokoll, welches einst die Vereinten Nationen zum Klimaschutz verabschiedeten. Im Laufe des 2. Weltkrieges stand der Name Kyoto ebenfalls ganz weit oben auf der amerikanischen Agenda, allerdings als potenzielles Ziel der ersten Atombombe, welche am Ende über Hiroshima abgeworfen wurde. Aufgrund der kulturellen Bedeutung hatten die Amerikaner sich einst gegen Kyoto als Ziel entschieden. 

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Aber auch im Fußball ist Kyoto kein ganz kleines Licht. Der Kyoto Sanga FC ist mit seinen Ursprüngen im Jahr 1922, der älteste Fußballverein Japans. Der Namenszusatz „Sanga“ stammt aus Indien und lässt sich aus dem buddhistischen Wort für „Gemeinschaft“ ableiten. Damit soll nicht nur an die Historie als Hochschulteam erinnert werden, sondern auch an die buddhistische Tradition in der Kaiserzeit. Für große Erfolge hat es aber nie gereicht. Im Jahr 2002 konnte der Kaiserpokal gewonnen werden, ansonsten sind lediglich die drei Aufstiege in die J1 League in den Jahren 1995, 2001 und 2005 als Erfolge zu werten, wobei es zu insgesamt 8 Saisons in Japans höchster Spielklasse reichte. 

Tradition ja, Erfolg eher nein. So muss wohl das Fazit ausfallen. Aber vielleicht führt der aktuelle Stadion-Neubau, wie bei einigen Vereinen in Deutschland, auch in Kyoto zum Erfolg. Anfang 2020 will man das 1942 gebaute Nishikyogoku Stadium verlassen und im neuen 22.000er Kyoto Stadium auf Torejagd gehen. 

Da es in Japan wirklich interessant ist, wie sich die Namen der Vereine zusammensetzen, soll die Information zum Gast nicht fehlen. Renofa steht nicht etwa für Renovierungsfachbetrieb, sondern ist eine Verschachtelung der drei englischen Worte „renovation“, „fight“ und „fine“, welche für „Erneuerung“, „Kampf“ und „gut“ stehen. Kreativität bei der Namensgebung kann man den Japanern definitiv attestieren. 

In der Zweitligapartie gegen Yamaguchi standen die Vorzeichen allerdings nicht sehr gut für den Heimverein. Beide Vereine stehen ganz oben in der Tabelle, allerdings müsste man diese für Kyoto erst um 180 Grad drehen, ganz nach dem Sprichwort „Wollt ihr einmal oben stehen, müsst ihr die Tabelle drehen“. Es spielte somit der Tabellenletzte gegen den aktuellen Tabellenzweiten. Dieser Umstand beflügelte auch den Gästeanhang. 500 Mann, 500 Kilometer, hieß hier die Devise. Auch bei diesem Spiel wurde man erneut mit eher seltenen Farbkombinationen auf den Rängen konfrontiert. Lila-Schwarz-Weiß vs. Orange-Schwarz-Weiß. 

Dennoch wussten beide Seiten zu gefallen. Große Schwenkfahnen, gespannte Stoffbahnen, Schalparaden auf beiden Seiten, eine große Blockfahne bei Kyoto. Es gab schon etwas fürs Auge geboten. Etwas für Irritation sorgte der heimischen Anhang kurz vorm Anpfiff. Man stellte sich eng zusammen, wie es ja in der Ultra-Landschaft vielerorts üblich ist, schmetterte eingehakt und hüpfend einen recht lauten und melodischen Gesang ins Rund, bedankte sich per Megafon fein bei den Fans und dann ging die geschlossenen Meute wieder auseinander. Andere Länder, andere Sitten eben. Dennoch gab es während des gesamten Spieles guten Support von beiden Seiten. So muss das sein.

Ebenso ausgeglichen wie die Leistung der Fans, war eigentlich auch das Spiel. Dennoch bewahrheitete sich am Ende ein weiteres Sprichwort, dass wenn man unten steht, eben auch das Glück fehlt wichtige Punkte gegen einen Favoriten zu holen. Somit durften sich die Lilanen mal wieder ohne Punktgewinn vor den Bereich ihrer Fans schleppen und den typisch japanischen Anstandsbeifall ernten, während die Gäste ihre Jungs wirklich feiern konnten. Wenn man bedenkt, dass sich Yamaguchi im Jahr zuvor, nur durch 7 Punkte aus den letzten drei Saisonspielen zum Klassenerhalt retten konnte, eine beachtliche Kehrtwende. Erinnert irgendwie an den SC Paderborn in der aktuellen deutschen Drittligasaison. Man darf also gespannt sein, wie es in Japans Unterhaus weiter geht.

Bericht und Fotos: Marcel Hartmann

> zur turus-Fotostrecke: Fußball in Japan

Artikel wurde veröffentlicht am
20 Mai 2018
Spielergebnis:
1:2
Zuschauerzahl:
7.093
Gästefans
500

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