Die Bilanz der Drittligaabsteiger in die Regionalliga Nordost seit Gründung ist mit nur drei in neun Spielzeiten überschaubar: Jena, Babelsberg und Cottbus hat es in der Vergangenheit erwischt. Zudem setzte sich seit Bestehen der Relegationsspiele zum Drittligaaufstieg (2012/13) mit Ausnahme der TSG Neustrelitz immer der Meister Nordost durch.
Altglienicke besiegt Viktoria - spannendster Abstiegskampf in der Regionalliga Nordost seit Bestehen
Der Abstiegskampf in der Staffel Nordost ging also bisher eher gemütlich zu, bedingt auch durch zahlreiche Sonderumstände: In der letzten Saison konnte durch den Rückzug des FC Schönberg und der zweiten Mannschaft des deutschen Red Bull Franchise sogar der Tabellenletzte aus Neustrelitz den Klassenverbleib feiern - mit ganzen 11 Punkten (nur zwei Siege).
In der Vorsaison rettete sich der FSV Luckenwalde mit 29 Punkten als Drittletzter - 24 hätten gereicht. Am Ende der Spielzeit 2014/15 löste der 1. FC Union Berlin seine zweite Mannschaft auf, zudem meldete der VFC Plauen Insolvenz an. Somit konnte Viktoria Berlin als Vorletzter mit nur 20 Punkten die Klasse halten. 2013/14 benötigte der SV Babelsberg immerhin 33 Punkte um nicht noch weiter abzurutschen. Der VfB Auerbach sprang ein Jahr zuvor mit 28 Punkten in der Premierensaison des Neuzuschnitts Nordost dem Abstieg entspannt von der Schippe - es hätten auch 21 Punkte gereicht.
Heute zeichnet sich ein ganz anderes Bild: aus Liga 3 mussten die Gründungsmitglieder aus Erfurt und Chemnitz Insolvenz anmelden und planen einen Neuanfang in der Regionalliga. Erstmalig also zwei Absteiger in einer Saison, zudem ist dieses Mal kein freiwilliger Rückzug aus der Nordost-Staffel in Sicht. Bei zwei Aufsteigern aus der Oberliga und ungewissem Ausgang der Spiele um den Drittligaaufstieg müssen also bis zu vier Clubs die Reise nach unten fürchten.
Und so zittern momentan sieben Vereine - für Aufsteiger VSG Altglienicke ist die Premierensaison also keine Kaffeefahrt. 28 Punkte aus 26 Spielen wären in jeder der Vorsaisons ein beruhigendes Polster gewesen. Unten steht der FSV Luckenwalde mit 7 Punkten aus 28 Spielen als Absteiger fest, auch der Abstand zum Vorletzten TSG Neustrelitz beträgt immerhin 8 Punkte. Aber danach wird es eng - Chemie Leipzig lauert mit nur zwei Punkten Rückstand auf dem drittletzten Rang und Budissa Bautzen punktgleich mit 28 auf dem viertletzten. Die durch den langen Winter immer noch löchrige Tabelle verzerrt das Bild aber - so hat Chemie schon zwei Spielen mehr absolviert, Bautzen eines. Ebenfalls zittern müssen noch der FC Oberlausitz (29) und der VfB Auerbach (30), die knapp vor den Altglienickern stehen.
Der heutige Gast im Jahnsportpark, der FC Viktoria 1889 Berlin, steht hingegen mit 37 Punkten im gesicherten Mittelfeld. Zu Saisonbeginn schielte man mit stark besetztem Kader noch nach oben, musste sich dann der Realität stellen und kleinere Brötchen backen. Bereits in der Winterpause gab es einen ersten Umbruch - sechs Spieler gingen, sechs kamen. Ein Austausch der gezielt die Vereinskasse entlastete, so gingen unter anderem beide Top Stürmer: Karim Benyamina (10 Tore / zu Tennis Borussia) und Abu Bakarr Kargbo (11 Tore / zum Berliner AK). Mittelfeldspieler Christian Skoda hingegen kam zum heutigen Gegner Altglienicke.
Die Bilanz beider heutiger Kontrahenten im Kalenderjahr 2018 fällt bescheiden aus: 2 Siege, 5 Remis, 3 Niederlagen für Viktoria, 1 Sieg, 3 Remis, 3 Niederlagen für die VSG. Damit also etwa gleiche Voraussetzungen? Genug der langen Vorrede und rein in die Partie: Die begann hektisch und unsortiert. Viktoria hatte optisches Übergewicht, konnte dies aber nicht in Gefahr umwandeln. Altglienicke hingegen konterte immer mal flink, oft unsortiert, ab und an gefährlich. Nicht direkt eingreifen in den Abstiegskampf kann wegen Achillessehnenverletzung schon länger nicht mehr Torsten Mattuschka - dafür nahm er auf der Bank neben Torwarttrainer Holger Bahra Platz und gestikulierte lebhaft wie ein Cheftrainer.
Die VSG sucht übrigens verzweifelt Balljungen - heute bewarb sich Holger Bahra sichtbar engagiert um den Job. Der ehemalige langjährige Torwarttrainer des 1. FC Union Berlin sammelte immer wieder verstreute Bälle ein und versorgte in Halbzeit eins den gegnerischen Keeper so mit dem nötigen Material. Torlos ging es in die Pause und aus dieser kam Altglienicke besser zurück: in Minute 50 lupfte Kevin Kahlert den Ball zur Führung ins Netz. Die 116 Zuschauer sahen eine VSG die in Halbzeit zwei das Spielgeschehen weitgehend im Griff hatte - Viktoria fiel nicht viel ein.
In der Schlussphase zogen sich die Gastgeber dann aber ein wenig zu sehr zurück und spielten ihre Konter nur ungenau aus - oft zückte der Linienrichter zu Recht die Abseitsfahne. Das rächte sich: Viktoria glich in Minute 85 durch Patrick Brendel aus. Rückschlag im Abstiegskampf? Nein. Die Zuschauer sahen etwas mit Seltenheitswert: die VSG schlug zurück. Unmittelbar: über die linke Seite kam noch mal ein scharfer Querpass vors Tor und an dessen Ende hielt der erst 19-jährige Igli Cami zwei Minuten vor Schluss den Fuß hin. Die erneute Führung! Und diesmal brachte Altglienicke sie verdient über die Zeit.
Entspannung im Abstiegskampf? Nix da - Auerbach, Neugersdorf, Bautzen und Chemie Leipzig fuhren auch jeweils drei Punkte ein. Es bleibt also eng. Zu einem echten Sechs-Punkte-Spiel kommt es schon am Donnerstag, wenn die BSG Chemie Leipzig im Jahnsportpark gastiert.
Bilder und Text wurden produziert für turus.net durch https://football-wildlife-media.com
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