Der Flachbildschirm wurde aufgebaut, und die ersten setzten sich schon mal auf die bereitstehenden Holzbänke. Ein 0,3er Flaschenbier für 1,60, eine große Cola für 1,50 - ein Stück weiter brutzelten bereits Ćevapi und Steaks auf dem Grill. Es war doppelt angerichtet. Vor dem Kunstrasenplatz des Friedrich-Ebert-Stadions konnte das WM-Qualifikationsspiel Kroatien vs. Kosovo geschaut werden, zur gleichen Zeit um 14:30 Uhr wurde auf dem Platz das Berliner Pokalspiel S.D. Croatia Berlin vs. SV Tasmania Berlin angepfiffen. Dass beide Partien gleichzeitig stattfanden, war dem Starkregen am Tag zuvor geschuldet. Am Samstagabend schüttete es in Zagreb wie aus Eimern, nach 27 Minuten wurde das Spiel der kroatischen Nationalmannschaft gegen die neu aufgenommene Fußballnation Kosovo aufgrund der Unbespielbarkeit des Rasens abgebrochen werden. Am Sonntag zur besagten Zeit sollte nach Abstimmung mit der FIFA das Balkan-Duell beim Stand von 0:0 fortgesetzt werden. So kam es, dass sowohl in Zagreb im Stadion Maksimir als auch in Berlin-Tempelhof auf dem Nebenplatz des Ebert-Stadions zeitgleich die Teams mit in den Trikots eingebettetem Schachbrettmuster aufliefen.
S.D. Croatia verliert gegen Tasmania - in der Ferne gewinnt zeitgleich Kroatien gegen Kosovo
Der starke Regen in Zagreb am Abend zuvor ließ mich an das Aufeinandertreffen von Croatia Berlin und Tasmania Berlin vor fast exakt zwei Jahren erinnern. Damals handelte es sich um das Spitzenspiel der Berlin-Liga, und gespielt wurde damals nebenan auf dem Rasenplatz. Immer wieder ertönte auf Heimseite - begleitet von einer Trommel - das berühmte „ … bjezite ljudi dok postoji nada jer ovdje igra Hrvatska!“ Zwischen 200 und 250 Fußballfreunde hatten sich im September 2015 eingefunden, und das Wetter war extrem wechselhaft. Mal lugte die Sonne für ein paar Minuten zwischen den Wolken hervor, dann wieder kübelte es richtig, so dass sich die meisten Zuschauer unter das Dach der kleinen überdachten Haupttribüne drängten. S.D. Croatia hatte vor zwei Jahren mit 2:1 geführt. Am Ende hieß es 2:2, und die mitgereisten Tasmania-Fans wussten das Ergebnis zu feiern.
Mitgekommen von Neukölln nach Tempelhof waren auch am vergangenen Sonntag einige Fußballfreunde des SV Tasmania. An zentraler Stelle wurde sich am Geländer postiert, immer wieder gab es einen Gesang zu hören, in dem bis zu zehn Personen mit einstimmten. Zu erwarten war eine enge Kiste, doch erstaunlicherweise tat sich die Mannschaft des Sportsko Drustvo Croatia Berlin sehr schwer mit den Gästen. Hätte man vielleicht lieber doch - wie zuvor im Netz angegeben - auf dem Rasen spielen sollen? Der enge Kunstrasenplatz brachte dem Gastgeber keinen Vorteil. Eher den Gästen, denn diese schlugen bereits in der siebten Minute zu. Daniel Ujazdowski lief allein auf den gegnerischen Keeper zu und schob routiniert unten links ein. 1:0 für Tasmania! Nach 20 Minute folgte von schräg rechts fast das 2:0 für die Neuköllner, und das „Ra, Ra, Tasmania!“ ertönte wieder.
Der Gastgeber trat recht ruppig auf, und in Ömer Toktumur mit der Rückennummer fünf fanden die Tas-Fans recht schnell einen echten „Liebling“. Und was tat sich im fernen Zagreb? Schnell mal raus, ein Getränk geholt und einen Blick auf den Fernseher geworfen. Es stand noch immer 0:0. Der Tabellenführer tat sich schwer mit dem krassen Außenseiter. Die Kroaten machten das Spiel, der Gast aus dem Kosovo rührte den Beton und verteidigte bravurös. Raunen bei den vor dem Fernseher sitzenden Berliner Kroaten. „Dva - Nula, Tasmania …“ Auf dem Kunstrasenplatz hatte Lucas Bähr in der 45+2. Minute den zweiten Treffer der Gäste erzielt. Abpfiff. Ab zum Pausentee! Die Tasmania-Spieler mussten an dem aufgebauten Fernseher vorbeilaufen und warfen einen leicht verwunderten Blick. Kroatien? Jetzt am Sonntagnachmittag? Nicht jeder hatte am Abend zuvor mitbekommen, dass die Partie wegen starker Nässe von oben abgebrochen werden musste.
Hier in Berlin versuchte sich S.D. Croatia nach Wiederanpfiff aufzurappeln - und bekam hinten gleich ein weiteres Ei ins Netz gelegt. In der 47. Minute machte Daniel Ujazdowski seine zweite Bude des Tages. 3:0 für den SV Tasmania. Der Drops war gelutscht. Was sollte da noch großartig anbrennen? Draußen ertönte plötzlich Jubel. Domagoj Vida, als Abwehrspieler derzeit bei Dynamo Kiew unter Vertrag, hatte das kosovarische Bollwerk geknackt und in der 74. Minute das 1:0 für die kroatische Auswahl klargemacht. Die Tabellenführung vor der Ukraine sowie Island und der Türkei wurde somit verteidigt. Auftrieb bekamen auch die Jungs des S.D. Croatia. Nachdem Efraim Gakpeto eine Viertelstunde vor Abpfiff den 1:3-Anschlusstreffer erzielen konnte, ging noch mal was. Croatia legte ein Schippchen drauf, drängte weiter und machte fast noch das 2:3. Am Ende blieb es jedoch beim 3:1 für den SV Tasmania Berlin, und die angereisten Fans klatschten mit großer Freude ihre Mannschaft ab. Der klare Sieg darf wahrlich als Überraschung gewertet werden, da Croatia Berlin mit vier Siegen in vier Partien in die laufende Berlin-Liga-Saison gestartet war. Bei Tasmania gab es bislang zwei Siege und zwei Niederlagen zu sehen.
Tabellenführer der Berlin-Liga ist derzeit die Sp.Vg. Blau-Weiss 90 Berlin, die ein besseres Torverhältnis hat und es auch im Berliner Pokal mächtig krachen ließ. Mit 17:1 wurde im vorverlegten Spiel bei der SG Eichkamp-Rupenhorn gewonnen. Allerdings gab es in der ersten Hauptrunde des Berliner Pokals noch höhere Siege zu verzeichnen. So konnte der Frohnauer SC mit 18:1 bei Borussia Pankow gewinnen, mit gar 20:0 fegte der BFC Preussen den SV Hürriyet Burgund vom Rasen. Nicht ganz so hoch, aber trotzdem überraschend deutlich konnte Tennis Borussia Berlin beim SV Sparta Lichtenberg die Oberhand behalten. Etwas ruhiger ließ es der Pokalverteidiger BFC Dynamo angehen, gegen Türkspor Futbol Kulübü wurde im Sportforum Hohenschönhausen mit 6:0 gewonnen.
Fotos: Marco Bertram