Verflixt! Wieder war es solch ein Spiel, bei dem man denkt: Jetzt ein Treffer - und die passende Würze käme in das Ganze. Lass doch mal eine Seite so richtig vor Freude ausrasten und an den Zäunen hängen. Am besten beide Seiten im steten Wechsel! Ein 2:2 oder gar ein 3:3 - Mensch, das wäre es gewesen! So aber ging man nach Abpfiff nach Hause und dachte sich: Nicht Baum, nicht Borke. So viel Vorfreude auf dieses Duell - und nun geht man doch ziemlich unbefriedigt ins nächste Kneipchen, um die Sache noch einmal bei einer Hopfenschale Revue passieren zu lassen. Klar, rund 3.500 Zuschauer bildeten eine passable Kulisse. Punktuell war auch die Stimmung nicht die schlechteste. Das Entscheidende fehlte jedoch. Die Tore! Über das 0:0 freuten sich zumindest die Gäste aus der Messestadt. Ein Punkt ist besser als kein Punkt. Zumal sich der 1. FC Lokomotive als Aufsteiger in der Regionalliga Nordost erst einmal wieder etablieren muss. Während der Großteil der Heimzuschauer nach Abpfiff recht rasch die Ränge verließ, feierten die Gästefans mit der Mannschaft. Abklatschen und einmal hoch mit den Armen.
BFC Dynamo vs. 1. FC Lok Leipzig: Fehlende Tore ließen entscheidende Würze vermissen
HotDie Uhr zurückgedreht auf Anfang. 13 Uhr in Berlin Prenzlauer Berg. In Gruppen zogen die Fans gen Stadion. Die langen Schlangen an der Kasse ließen das Herz höher schlagen. Die Kulisse schien ordentlich zu werden. Auf Gästeseite herrschte indes noch Tristesse. Erste Gerüchte machten die Runde. Antifa. Dessau. Berlin Hauptbahnhof. Verteilte Flugblätter. Glücklicherweise war an den Gerüchten nichts dran. Keine Farbattacken oder Steinwürfe auf anreisende Lok-Fans. Die Anfahrt mit dem Zug hatte einfach 40 Minuten länger gedauert. Und bis endlich alle Zug- und gesammelten Auto-Fahrer am Gästeeinlass waren, dauerte halt ein wenig. Das Spiel war bereits überpünktlich angepfiffen, als die meisten Leipziger in der überaus geräumigen Gästekurve eintrudelten. Kein Wunder, dass zu Beginn ein emotionaler Ausbruch völlig ausblieb. Die Stimmung plätscherte dahin. Das konnte wahrlich nur besser werden.
Wurde es auch. Nach einer Viertelstunde wurde das Fanszene-Banner am Zaun befestigt. Hinter diesem sammelte sich die aktive Lok-Szene mit ihren Fischerhüten und versuchte das Beste aus der Situation zu machen. Rund 900 Fans der Loksche waren angereist, doch nicht jeder wollte kompakt stehen und lümmelte sich lieber am anderen Ende des Gästebereichs auf einen der roten, gelben und grünen Sitze. Aber immerhin, im Gegensatz zu den Heimspielen gegen Meuselwitz, Bautzen und Nordhausen war nun im Gästeblock etwas los. „Schiebermeister BFC!“, ertönte es aus einer Ecke. Und auch auf der Gegengerade kamen etliche Weinrote langsam auf Betriebstemperatur. „Sachsenschweine!“, „Ost-, Ost-, Ost-Berlin!“ hallte es durch das Stadion. Nachgelegt wurde mit einem „Sachsen macht Faxen!“ Ganz klar, es handelte sich nicht um ein Freundschaftsspiel, auch wenn es bekanntlich gute Drähte zwischen einigen Leipziger und Berlinern gibt. Insbesondere auf dem unteren Bereich der Haupttribüne hatten sich stabile Jungs eingefunden, die den 1. FC Lok Leipzig alles andere als dufte finden. Dort saß die Fraktion, die zur Freundschaft mit dem 1. FC Magdeburg steht. Kein Wunder also, dass ein paar kleine Wortgefechte und Provokationen nicht ausblieben. Die Polizei hatte sich im oberen Bereich der Pufferzone schon mal sicherheitshalber mit aufgesetztem Helm postiert.
Als ein BFCer / Magdeburger auf den Zwischenzaun kletterte und zwei Lok-Mützen präsentierte, hallte es als Antwort: „Blau, blau, blau ist die Magdeburger Sau!“ Dabei blieb es aber auch. Um es vorweg zu nehmen, zu den im Vorfeld vor allem in den sozialen Netzwerken befürchteten Ausschreitungen / Pyro-Aktionen kam es nicht. Allerdings hätten sich die Gemüter gewiss noch weiter erhitzt, wenn auf einer Seite ein Tor gefallen wäre. Nach rund einer halben Stunde war es fast soweit, doch Dennis Srbeny traf nur die Latte. „Dynamo! Dynamo!“ ertönte es nun kraftvoll von den Rängen. „Hier regiert der FCL!“, gab es als Antwort aus der blau-gelben Gästekurve. Ab und an wurde ein „Stasi-Schweine!“ sowie ein „Scheiß Dynamo!“ nachgelegt. Wiederum eine adäquate Antwort hätten sicherlich die BFC-Fans parat gehabt, hätte Sascha Schünemann drei Minuten vor der Pause ins Schwarze getroffen hätte. Doch wieder traf der Ball nur Aluminium. Dieses Mal war es der Pfosten. Mit dem 0:0 ging es zum Pausentee.
Im zweiten Spielabschnitt waren sieben Minuten gespielt, als nach einem Schuss der Ball am rechten Winkel des BFC-Gehäuses vorbei zwirbelte. „LOK!“ Hoch die Fäuste. Hinter dem Jahn-Sportpark türmten sich - aus Richtung Mauerpark kommend - finstere Wolken auf. Und ja, dieses hatten auch was mitgebracht. Kurzzeitig goss es in Strömen. Worst case für Fotografen und Kameraleute. Doch auch im nicht überdachten Gästeblock zeigte man sich nicht überaus erfreut über die Erfrischung. Ein paar Lok-Fans pilgerten in Richtung Gegengerade, wo sie sich unter den Rand der Überdachung stellten. Zwei Ordner zeigten sich wiederum über diese Aktion nicht erfreut und lieferten sich hitzige Wortgefechte. Die beiden Ordner wurden daraufhin abgezogen. Man ließ die rund 70 Lok-Fans unter dem Dach stehen, die große Masse harrte eh im Regen aus. Wenig später hörte dieser auf, und die Sonne bahnte sich wieder den Weg durch die Wolken.
Der Blick auf die Uhr der Anzeigetafel. Noch zehn Minuten. Na, nun los, jetzt noch ein Tor! Wenn, dann wären die spielbestimmenden Gastgeber dem Treffer näher gewesen, zumal sie ab der 77. Minute in Überzahl spielen durften. Pascal Ibold wurde mit Gelb-Rot vorzeitig zum Duschen geschickt, wenn gleich ihm der Herbstregen eh schon eine hübsche Dusche verpasst hatte. Der BFC drückte noch mal, doch mit dem nötigen Einsatz konnten die Jungs aus Probstheida das 0:0 über die Runden bringen. 0:0 der Endstand. Wahrlich, nicht Baum, nicht Borke. Vor allem aus Sicht der Heimfans. Nach dem Spiel durfte vor dem Stadion eine konsequente Raumtrennung bestaunt werden. Während die Lok-Fans von der Polizei rechts ab in Richtung Bernauer Straße begleitet wurden, bog der weinrote Lindwurm nach links in Richtung Schmeling-Halle. Eine halbe Stunde später floss die eingangs besagte Hopfenschale. Gespräche über die gute alte Zeit. Ein Hin und Her. War es im Sportforum besser? Familiärer? Gemütlicher? Wie wäre wohl dieses Duell mit der gleichen Zuschauerzahl in Hohenschönhausen verlaufen? Eine gute Frage. Apropos: Auf ein Heimspiel im Sportforum dürfen sich die BFC-Fans am kommenden Samstag freuen. Zwar ist kein einstiger Erzrivale aus DDR-Oberliga-Zeiten zu Gast, doch der Bezirksligist SC Borsigwalde 1910 ist ja auch nicht von schlechten Eltern…
Fotos: Marco Bertram
Ligen
Benutzer-Kommentare
und dann 3.450 Zuschauer!?
Das ist eher beschämend.