Cottbus vs. Rostock: 2.000 Hansa-Fans brüllen ihre Mannschaft zum wichtigen Sieg

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Es gibt Fußballspiele, über die man seitenlang berichten kann. Bei denen drumherum dermaßen viel passiert, dass fast die Übersicht verloren gehen kann. Anders am gestrigen Nachmittag beim Auftritt des F.C. Hansa Rostock in der Lausitz. Rostock kam, lief auf, siegte und fuhr wieder ab. Ohne viel Schnickschnack, ohne viel TamTam, ohne große Probleme. Die Fans konzentrierten sich auf eine einzige Sache: Das Geschehen auf dem Rasen. Keine Spruchbänder (außer der Rostocker Botschaft: „Wir stehen hinter dir, Nico! Freiheit für Ultras!“), keine Choreos, keine Pyro-Aktionen, keine größeren Anfeindungen. Zum einen steht sportlich sehr viel auf dem Spiel, zum anderen wollten die Hansa-Fans vor dem mit Spannung erwarteten Auftritt beim 1. FC Magdeburg nicht negativ auffallen und weiteren Zündstoff für hitzige Diskussionen bieten. Dass die Mannschaft des F.C. Hansa mit blanken Trikots auflief, war schließlich nicht zu übersehen. Der Hauptsponsor verzichtete beim Auftritt im Stadion der Freundschaft auf seinen Namenszug auf der Brust der Spieler. Grund waren die Ereignisse beim Heimspiel gegen Erzgebirge Aue. Zum einen der von einigen Anhängern abgestattete Besuch am Gästeblock (nachdem dort eine Rostocker Fanclubfahne präsentiert wurde), zum anderen das riesige, unübersehbare Banner auf der Süd „All Cops are Bastards“ sowie die Zaunfahne „10 Jahre Stendal“, mit der an die schweren Ausschreitungen auf dem Bahnhof Stendal erinnert wird. Damals gingen unter anderen mehrere Polizeifahrzeuge in Flammen auf. Der Hauptsponsor zeigte sich beim Heimspiel gegen Aue wenig erfreut und teilte wenig später mit, dass die Brust nun vorerst „schwarz bleiben“ würde.

Energie Cottbus gegen Hansa Rostock. Zu DDR-Zeiten trafen die beiden Vereine nicht allzu häufig aufeinander, seit dem Jahr 2000 gab es bereits immerhin 17 Duelle. Gestern war somit das 18. Aufeinandertreffen seit der Jahrtausendwende. Vor 15 Jahren waren beide Vereine die Flaggschiffe des Ostens. In der 1. Bundesliga hielten sie das Fähnchen hoch und sorgten für Furore. Und siehe an, am 03. Dezember 2000 standen sich die heutigen Trainer auf dem grünen Rasen gegenüber. Vasile Miriuta und Christian Brand standen zudem in der damaligen Aufstellung direkt nebeneinander. Vor knapp 20.000 Zuschauern konnte Energie mit 1:0 gewinnen. Laurentiu-Aurelian Reghecampf erzielte den Treffer des Tages. Die Spieler von damals hatten sich fest eingeprägt. Tomislav Piplica, Christian Beck, Rudi Vata, Bruno Akrapovic und Andrzej Kobylanski beim FC Energie, Martin Pieckenhagen, René Rydlewicz, Magnus Arvidsson und Victor Agali beim F.C. Hansa.

Und heute? Ein Trauerspiel! Beide Vereine spielen gegen den drohenden Abstieg in die Regionalliga. Was für ein sportlicher Fall. Dem FC Energie Cottbus ist das Publikum massiv weggebrochen. Viele haben dem Verein den Rücken zugekehrt. Endspiel im Abstiegskampf? Viele Lausitzer Sportsfreunde winken nur noch müde ab. Von der Zuschauerzahl im Dezember 2000 kann man heute nur träumen.

8.701 Zuschauer waren es, die gestern den beiden Teams die Daumen drückten. Rund 2.000 von ihnen befanden sich im Gästeblock und übertönten locker den Heimbereich. Allerdings spielte der Spielverlauf den Gästefans auch in die Hände. Bereits in der siebten Minute gab es die 1:0-Führung des F.C. Hansa zu feiern. Nach einem Freistoß des einstigen Energie-Spielers Ronny Garbuschewski (Januar 2015 bis Januar 2016) landete der Ball bei Marco Kofler. Dieser brachte den Ball mit dem Kopf rüber zu Stephan Andrist, der reaktionsschnell aus kurzer Distanz das Spielgerät im Cottbuser Gehäuse unterbringen konnte. Jubelorgie im gut gefüllten Gästebereich. Was für eine Erleichterung für die Rostocker. 

Zehn Minuten später ertönte lautstark „Steht auf, wenn ihr für Hansa seid!“ Rund 100 auf dem unteren Bereich der Gegengerade sitzende Hansa-Fans erhoben sich und gaben wenig später beim Wechselgesang mit den anderen 2.000 Hansa-Fans ihr Bestes. Ein Ordner befahl daraufhin den Rostockern in der untersten Reihe sich hinzusetzen. Ein Schmunzeln auf den Lippen. Sind wir hier in England? Auf dem Rasen drängten die Gastgeber zunehmend auf den Ausgleich. So versuchte es in der 25. Minute Sven Michel aus der Distanz, eine Minute wurde es für Hansa richtig gefährlich. Nachdem Hansa-Keeper Schuhen den Ball nicht genügend abwehren konnte, probierte es Mattuschka von der Strafraumgrenze. Matthias Henn konnte die Situation jedoch entschärfen. Während der FC Energie in der Folgezeit mehr für das Spiel tat, sangen die Gästefans „Wir haben Heimspiel in Cottbus …“

In der zweiten Halbzeit legte Energie noch ein Schippchen drauf, doch Hansa spielte clever und ließ nicht allzu viele hochkarätige Möglichkeiten zu. Kurz nachdem im Gästeblock das besagte Banner „Wir stehen hinter dir, Nico! Freiheit für Ultras!“ präsentiert wurde, musste Schuhen einen Freistoß von Mattuschka parieren. Die dickste Möglichkeit der Cottbuser gab es schließlich in der 63. Minute zu sehen. Nach von links hereingebrachtem Ball versuchte sich Sukuta-Pasu, scheiterte jedoch am gut aufgelegten Marcel Schuhen. Nachdem in der 79. Minute Stefan Wannenwetsch mit Gelb-Rot vom Platz musste, galt es für Hansa die knappe Führung in Unterzahl über die Zeit zu bringen. In den regulären letzten zehn Minuten bekamen die Rostocker keine größeren Probleme. Als jedoch fünf Minuten Nachspielzeit angezeigt wurden, warf Cottbus noch einmal alles nach vorn und sorgte für Gefahr. Kauko schoss in der 90.+2. Minute über die Latte, Sukuta-Pasu verpasste in der 90.+4. Minute die Möglichkeit zum Ausgleich. Danach war Schluss.

Große Erleichterung bei den mitgereisten Hansa-Fans. Vorerst zog Rostock an Cottbus vorbei und verlässt somit die Abstiegsränge. Allerdings haben die Energie-Kicker noch das Nachholspiel in Chemnitz. Bei aller Freude bei den Nordlichtern, der ganz große emotionale Ausbruch blieb aus. Das hart erkämpfte 1:0 in Cottbus war halt nur ein kleines Bausteinchen auf dem Weg zum Klassenerhalt. Nicht mehr, nicht weniger. Wird jetzt beim Heimspiel gegen Holstein Kiel am Dienstag nicht nachgelegt, ist dieser Sieg quasi wertlos. Was her muss, ist eine kleine Serie. Mit einem Dreier gegen Kiel ließe es sich auch beschwingter zum großen Ost-Duell nach Magdeburg fahren. Der FC Energie hat es indes am kommenden Mittwoch mit einem sportlichen Brocken zu tun. Kein Geringerer als der Tabellenzweite aus dem Lößnitztal gibt im Stadion der Freundschaft seine Visitenkarte ab. Am Samstag hat es dann Cottbus mit Kiel zu tun - und zwar auswärts im Holstein-Stadion.

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Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: FC Energie Cottbus

> zur turus-Fotostrecke: F.C. Hansa Rostock

Artikel wurde veröffentlicht am
28 Februar 2016
Spielergebnis:
0:1
Zuschauerzahl:
8.701
Gästefans
2000

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Inhalt über Liga
3. Liga

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Stark!
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der Mann heisst René Rydlewicz
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