Die feste Burg hinter dem Klub: FCN-Fans vor dem Rathaus

M Updated 15 Februar 2016
Die feste Burg hinter dem Klub: FCN-Fans vor dem Rathaus

1. FCNEin Leichenwagen fuhr vor und parkte direkt neben dem Schild, auf dem das Wappen des 1. FC Neubrandenburg abgebildet war. Ein Weilchen war schon vergangen. Im Rathaus wurde gerade passend über Leben und Ende des Vereins abgestimmt. Den 1. FC Neubrandenburg als Nachfolger des FC Tollense gibt es seit 2004. Seine Wurzeln liegen irgendwo bei Post Neubrandenburg. Würde heute jemand einen 1. FC Neubrandenburg gründen, würde es sicherlich aufgrund der Namensgebung Kritik hageln. Auch das Wappen ist nicht so beliebt unter den „Alten“, da die gelbe Farbe fehlt. Als FCN hat sich aber der Klub etabliert. So hat es der Verein ohne Mühe geschafft, in einer seiner schwersten Stunden knapp 200 Leute auf die Straße zu bringen. Es war kein Samstag bei schönstem Sonnenschein, sondern ein verregneter Mittwoch-Termin um 14:00.

FCNObwohl der Verein 2014 in der ersten Runde des DFB-Pokals stand und dabei mit dem Karlsruher SC auch gar keinen so schlechten Gegner zog und ihm auch angehäuften die Schulden erlassen wurden, steht der FCN jetzt wieder mit ca. 100.000 € in der Kreide. Wie das möglich ist? Das fragt sich hier jeder. Geldmassen neigen anscheinend vielerorts zu verschwinden. Das muss Geld so an sich haben. Es ist dann einfach mal weg. Eine Bilanz gibt es nicht, die Spieler stellten das Spielen ein und der Rest ist sauer und ratlos. Das neulich angesetzte Testspiel gegen Anklam wurde aufgrund fehlender Spieler abgesagt! Man kann auch nicht sagen, dass über die Verhältnisse gelebt wurde. Im Gegenteil – Mannschaften wurden sogar abgemeldet. Abgemeldet haben sich auch die Stadtwerke, die nun nicht mehr als Sponsor herhalten wollen. Am Ende blieben ca. 650 Mitglieder, von denen 170 die Sportschule besuchen, die nicht wissen, wie es weitergehen wird. Normalerweise müsste es unter diesen Bedingungen besser laufen. Neubrandenburg besitzt gerade im Frauen- und Mädchenfußball in Mecklenburg-Vorpommern eine Monopolstellung und wird gefördert. Auch im Herrenbereich könnte besser gearbeitet werden. 

FCNEs existieren aber zu viele Baustellen. Eine große ist der Zuschauerschwund. Mit einer Träne im Auge denken viele an ein Auswärtsspiel in Waren zurück, als über 400 Neubrandenburger mitreisten. Heute stehen hier mehr Leute vor dem Rathaus als bei einem Oberliga-Heimspiel. Die Stadt ist fußballbegeistert, aber das bezieht sich auf Hansa und seinen starken Fanclub VTPNB (Vier Tore Power Neubrandenburg), der die Stadt regiert. Denkt man an die Saison 2005/06 zurück, als in dieser Liga noch Kracher wie der BFC, Union, Neustrelitz oder Neuruppin spielten, so muss sich der 1. FC Neubrandenburg nun mit CFC Hertha, Altlüdersdorf oder Seelow abfinden. Die Oberliga NO lockt keinen mehr so richtig hinter dem Ofen hervor. So ist sie auch für Sponsoren nicht attraktiv genug. Entweder professionell in der Regionalliga große Brötchen backen oder in der Verbandsliga kleinere – Oberliga auf Dauer ist tödlich. Die meisten der Anwesenden sind Nachwuchsspieler, Eltern und Rentner. Im Prinzip sind die gekommen, die man zu dieser Zeit erwarten konnte. Sie stehen vor dem Rathaus und warten. Dann rollen die ersten großen Autos vor. Keine Reaktion. 

FCNDer neue Bürgermeister gibt sich auch volksnah und begrüßt viele Demonstranten persönlich. Er schaffte es als Newcomer und Parteiloser auf den Thron. Frischen Wind gibt es nicht nur im Rathaus. Der neue Präsident Hanke, der versprach, endlich wieder Ordnung in den Laden zu bringen, hält eine Dankes-Rede, ballt die Faust und streckt sie in die Luft. Es wird bis zum Ende gekämpft! Der Präsident verkündet, dass gleich öffentlich getagt werden wird. Für Zuschauer gibt es nur sehr wenige Plätze. Nebenan ist aber ein Raum, in welchem ein Beamer die Sitzung überträgt. Dann wird abgestimmt, ob der FCN-TOP öffentlich verhandelt werden kann. In nicht öffentlicher Abstimmung wird entschieden, dass hinter verschlossenen Türen über die Zukunft des FCN abgestimmt werden wird. Die Leute sind natürlich aufgebracht. „Das soll Transparenz sein?“, hagelt es Kritik. Durch die aktuelle Situation in Deutschland kochen die Emotionen natürlich gleich hoch. Schon auf dem Vorplatz rief ein Nachwuchskicker: „Wir sind das Volk!“ 

FCNDie Gerüchteküche kochte fleißig und so war die Rede von monatlichen 5.000 € aus den Stadtwerken. Nur die Anwesenden werden sagen können, was in den Stunden danach ablief. Später wurde verkündet, dass die Stadt zukünftig 60.000 € pro Jahr in Verein pumpen möchte. Vorerst ist der FCN gerettet. Die Schulden sind aber noch da. Das sorgt natürlich für Spannungen. Es gibt Konkurrenz in der Stadt und auch andere soziale Einrichtungen wollten finanzielle Unterstützung. Was hat man mit dem FCN vor? Das Umland schaute ebenfalls interessiert auf Neubrandenburg. Ein Aus des FCN hätte andere in die Nutznießerposition gebracht. So waren sie über das Ergebnis überrascht. Nicht weniger überraschter dürften die FCN-Fans gewesen sein. Hat man in Neubrandenburg etwas Größeres vor?

Fotos: Michael

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Artikel wurde veröffentlicht am
12 Februar 2016

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Oberliga

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Kommentare
Aus dem DFB-Pokal kam nicht so viel unter dem Strich raus. Das Stadion musste z.B. poliert werden. Da fehlten ja z.B. überall die Sitze.
M
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unverständlich
Ich verstehe nicht warum Städte 60k Euro in Vereine pumpen, die es nicht schaffen mit Geld umzugehen. Wenn man im DFB Pokal spielt und einiges an Gewinn einfährt, sollte man mit dem Geld etwas hinkommen.
Das Gemeinden Vereine mit Infrastruktur unterstützen ist richtig und lobenswert, aber Geld für die Vereinskassen sollte es nicht geben.
Wer nicht wirtschaften kann, hat einfach Pech! Ende aus.
Muss für den Nachwuchs halt ein neuer Verein gegründet werden und dieser die gute Arbeit fortsetzen.
J
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Tut schon weh aus der Ferne zu sehen was aus diesem Verein geworden ist .. einst die Nr 2 in MV hinter Hansa mit solchen Spielern wie Tim Borowski oder Marko Zallmann und nun mal wieder vor der Insolvenz ?!? Auch ein gewisser Tobi Jänicke - seines Zeichen aktueller Käpitän der Kogge - erlernte hier das Fussball spielen.
Hoffe mal das man es nun schafft den Verein auf gesunde Füße zu stellen und die entsprechenden Strukturen herstellt, dass er wirtschaftlich auf Dauer überlebensfähig ist.
Denn die Nachwuchsarbeit ist nach wie vor überragend.
Allerdings teile ich nicht die Vermutung des Autors das hier was Größeres in der Pipeline ist..zuviele Vorhaben haben sich angesichts der finanziellen Realitäten in Luft aufgelöst (Neubau Ligaplatz etc.) .. hier gings einfach nur um die pure Existenz.

EN
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G
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