SV Babelsberg 03 vs. RB Leipzig II: Steinborn und ein Einhorn sorgen für Freude

03„Kannste knicken“, war auf dem Pullover des Potsdamer Oberbürgermeisters Jann Jakobs zu lesen. Wann und wo? Beim Ankündigungsvideo des SV Babelsberg 03, bei dem verschiedene Personen zu Wort kamen und ein Statement abgaben. Neue Zuschauer sollten motiviert werden, einmal im Karl-Liebknecht-Stadion vorbeizuschauen. Voll und laut sollte es werden. Beides traf nicht so ganz ein. Die gegen RasenBallsport Leipzig II erreichte Zuschauerzahl von 2.102 lag genau im Schnitt und auf den Rängen war es keinen Tick lauter als sonst. Ganz so überraschend ist das Ganze jedoch nicht. „Kannste knicken!“ Aber wirklich. Wer möchte schon einen Gast sehen, der keine eigenen Fans mitbringt? Und sportlich spielt der Gast aus der Messestadt in der Regionalliga Nordost auch nicht gerade die große Mandoline. Hätte man zu einer großen farbenfrohen, lautstarken Protestaktion gegen das finanzstarke Konstrukt aus Leipzig aufgerufen, hätte es wirklich ein paar Schaulustige mehr gezogen, doch dies wurde nicht getan.

03Nichts! Keine Protestaktionen. Keine Spruchbänder. Keine Schmähgesänge. Am Freitagabend war in der Babelsberger Nordkurve nichts zu sehen und zu hören, das darauf hinweisen könnte, dass ein von den aktiven Fanszenen abgrundtief gehasster Verein zu Gast war. Das überraschte dann doch den neutralen Beobachter. Und ja, es enttäuschte auch. Es muss ja nicht gleich ein brachiales Feuerwerk sein, dass die klamme Vereinskasse der Filmstädter belastet, doch ein fettes Spruchband hätte man sich schon gewünscht. Weshalb darauf komplett verzichtet wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Vielleicht wollte man sich wirklich nur auf das Sportliche konzentrieren. Zumal man Flüchtlingen freien Eintritt gewährt hatte und diese vielleicht nicht verschrecken wollte. 

RBLDer eigentliche Gästeblock blieb geschlossen. Am Zaun war das große Banner mit der Aufschrift „Sportverein Babelsberg von 1903“ befestigt. Immerhin ein kleines Statement. Die U23 von RasenBallsport Leipzig zu Gast? Ja, kannste wirklich knicken, was das Fantechnische betrifft. Da stehen ja bei der U23 des VfB Stuttgart noch mehr mitgereiste Fans im Block. Bei Anpfiff war der Anblick göttlich. Ein einzelner RB-Fan verharrte im Sitzplatzblock des Gästebereiches und schwenkte mutig seine Fahne. Hut ab, das muss man erst mal bringen! „Auf geht´s Leipzig kämpfen und siegen!“, rief dieser noch dazu. Erheiterung auf der Sitzplatztribüne. „Halt die Fresse!“, rief jemand kurzerhand. Allerdings ließ sich der Fahnenschwenker und Freund der selbsternannten Roten Jungbullen nicht einschüchtern und brüllte ein „Deine Meinung ist scheißegal!“ zurück. Immerhin, kurz nach Anpfiff bekam der wackere RB-Fans noch Gesellschaft von fünf weiteren Leipzigern. Das war´s dann aber auch.

03Auf dem Rasen hatte die U23 von RasenBallsport Leipzig nicht viel zu melden. Erstaunlich, denn vor der Saison hatte man dieser Mannschaft durchaus was zugetraut. Schließlich möchte Red Bull in naher Zukunft die erste Mannschaft im Fußballoberhaus und die U23 nach Möglichkeit in der 3. Liga etablieren. Derzeit sieht es jedoch nach einem Abstiegskampf der zweiten Mannschaft aus. Nach einer Viertelstunde war der erste zaghafte Babelsberger Schussversuch zu verzeichnen. Kurioserweise gab es die erste richtig dicke Möglichkeit von Nulldrei nach eigenem katastrophalen Fehler in der hinteren Reihe zu sehen. Ein schneller Gegenstoß nach vorn sorgte für Gefahr vor dem RB-Gehäuse, genauso wie die folgende Ecke. „Sachsen raus aus der DDR!“, ertönte es nun von den Rängen. Allerdings war dies früher auch bei den Heimspielen gegen Chemnitz und Zwickau zu hören.

03Sehr schmuck anzusehen war das 1:0 nach knapp einer halben Stunde. Matthias Steinborn arbeitete sich auf der rechten Seite prima vor und bediente den bereitstehenden Andis Shala, der aus kurzer Distanz den Ball platziert unterbrachte. Jubel auf den Rängen, ein Blinker leuchtete in der Nordkurve. Es folgte eine Ermahnung von Seiten des Stadionsprechers. Keinen Stress heute, es könnte schließlich sein, dass der Verband mal ganz genau schauen wird. Babelsberg bestimmte weiter das Spiel und nahm die 1:0-Führung mit in die Kabine zur Pausenerfrischung. Und auch im zweiten Spielabschnitt ließen die Gastgeber nichts anbrennen. 

03Für eine Portion Spaß sorgte die im Block G der Haupttribüne sitzende Truppe. Bierseelig wurde herumgealbert und gepöbelt. Ein weiß-pinkes Plüsch-Einhorn wurde auf der Lautsprecherbox platziert. In Richtung der sechs Gästefans wurde ab und an ein „Chemie, Chemie, nur noch Chemie!“ gerufen. Und auch für die RB-Ersatzspieler hatte man ein paar Worte parat. „Nie erste Mannschaft, niemals!“, bekamen die sich warm machenden U23-Kicker zu hören. Und die Laune im Block G wurde in der 65. Minute noch besser. Nachdem es nach einer Steinborn-Ecke einen Pfostenschuss gab, belohnte sich Matthias Steinborn Sekunden später selbst. 2:0 für den SV Babelsberg 03. Das konnte sich sehen lassen. An der Eckfahne bat Steinborn seine Mitspieler zum gemeinsamen Jubeln zu sich. 

03„Alle Bullen sind Schweine“, ertönte es nun doch einmal. Und zwar nicht aus der Nordkurve, sondern aus dem besagten Block G. Hinterher noch einmal ein kraftvolles „Chemie, Chemie, nur noch Chemie!“ Laut wurde es noch einmal in der 84. Minute. 3:0! Das dachten nicht wenige, doch der Ball streifte nur das linke Außennetz. Es blieb beim 2:0, das nach Abpfiff von Fans und Mannschaft ausgiebig gefeiert wurde. Vielleicht war es ja doch nicht ein ganz normaler Sieg. Die Bilder aus der Babelsberger Kabine lassen darauf schließen. Fakt ist, dass der derbe Rückschlag in Form eines 0:3 beim ambitionierten Berliner AK 07 prima verdaut und wieder zurück auf die Erfolgsspur gefunden wurde. Rang sieben ist der Stand der Dinge. Nachdem es in der Regionalliga als nächstes zum FC Oberlausitz Neugersdorf geht, empfängt Nulldrei am 25. Oktober im KarLi den VfB Auerbach.

Fotos: Marco Bertram

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Inhalt über Klub(s):
Artikel wurde veröffentlicht am
03 Oktober 2015
Spielergebnis:
2:0
Zuschauerzahl:
2.102
Gästefans
6

Ligen

Inhalt über Liga
Regionalliga

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Kommentare
Bei der Fanvita,
seitens Herrn Bertram wäre er bei uns bestens aufgehoben. Gerade als alter Bayer 04 - Fan fordert man Proteste. Sehr glaubwürdig.
R
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G
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Alle Bullen sind Schwe*** ;-)
G
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M
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