Chemnitzer FC vs. Hansa Rostock: Überzeugender Auftritt der Kogge bei den Himmelblauen

Kaum hat die neue Saison begonnen, stand die Mannschaft des F.C. Hansa Rostock bereits wieder unter Druck. Nach der Auftaktniederlage gegen die U23 des SV Werder Bremen vor über 15.000 Zuschauern durfte in Chemnitz keine weitere Pleite folgen, um nicht gleich von Beginn schon wieder ganz unten drin zu hängen. Die vergangene Saison hatte verdammt viel Nerven gekostet und die Anhängerschaft wünscht sich sehnlichst, dass die Kogge endlich mal in ruhigere Gewässer schippert. Und in dieser ausgeglichenen 3. Liga dürfte theoretisch für das halbe Starterfeld nach oben hin was möglich sein. Gut aus den Startlöchern kommen und dann mal schauen, was so geht. So lautet die Devise - nicht nur in Rostock. Das 1:2 gegen die Werder-Bubis war fix verdaut. In gewohnter Form wurde als ordentlicher Mob nach Sachsen ins einstige Karl-Marx-Stadt gefahren, um dort die eigene Mannschaft zum Sieg zu brüllen. Erstmals konnte die blau-weiß-rote Anhängerschaft den gesamten Gästeblock der neuen Tribüne in Beschlag nehmen. Beim letzten Auftritt standen die Hansa-Fans teilweise am Eck noch im alten Gästekäfig.

Und bei den Himmelblauen? Manch einer zeigte sich erstaunt. Die Fans des CFC wollten nicht so recht in Form kommen. Während die Hansa-Gefolgschaft wieder mit einer beeindruckend hohen Mitmachquote zu überzeugen wusste, kam im Heimblock nicht die für ein Nordost-Duell angemessene Atmosphäre auf. Was jedoch nicht heißen soll, dass dort Totentanz herrschte. Zu Beginn des Spiels wurde zudem schon mal klargemacht, was in dieser Saison zählt. Drei Punkte gegen den F.C. Hansa Rostock? Schön und gut. Weitaus wichtiger werden jedoch die brisanten Duelle gegen den FC Erzgebirge Aue sein. Der Chemnitzer Hass auf die Jungs aus dem Schacht kennt keine Grenzen. Egal, mit wem man spricht, jeder macht deutlich, dass die Spiele gegen Aue das Allerwichtigste sind. Und so wurde beim gestrigen Spiel gegen den F.C. Hansa ein fettes Banner präsentiert: „Gemeinsames Ziel für dieses Jahr - Derbysieger nur der FCK!“ Wobei das „FCK“ für FC Karl-Marx-Stadt steht. Und generell fällt auf, dass Fanutensilien und Spruchbänder mit Bezug auf den zu DDR-Zeiten genutzten Vereinsnamen stetig zunehmen. Ja, das hätte man einst zu Beginn der 90er Jahre nicht für möglich gehalten. 

Ins Rennen gegen die Jungs von der Ostsee ging der Chemnitzer FC auf dem Rasen mit vier Neuzugängen. Beim F.C. Hansa waren es gleich sechs neue Spieler. Beeindruckend, wenn man bedenkt, dass bei den Rostockern bereits in der Winterpause 2014/15 ordentlich ausgemistet und rotiert wurde. Die erste gute Möglichkeit hatte in der 12. Minuten auch der F.C. Hansa zu verbuchen. Bickel brachte das Spielgerät von der linken Seite nach einem Chemnitzer Klärungsversuch hoch rein, am zweiten Pfosten stand Jänicke parat und köpfte den Ball am Gehäuse vorbei. Zwei Minuten später versuchte es auf der Gegenseite Cappek mit einem straffen Schuss aus spitzem Winkel, doch auch dieser ging am Gehäuse deutlich vorbei. Gefahr vor dem Chemnitzer Tor kam in der 24. Minute auf. Nach der Ecke konnte CFC-Keeper Kunz einen Kopfball aus arg kurzer Distanz abwehren, und auch der Nachschuss fand nicht sein Ziel. Fünf Minuten darauf traf Neuzugang Perstaller nur das Chemnitzer Außennetz. Die Rostocker Führung wäre zu jenem Zeitpunkt unter dem Strich verdient gewesen. 

Wie man in zwei, drei Etappen zum gegnerischen Gehäuse kommt, zeigten wenig später die Himmelblauen. Torwart Kunz lief noch ein paar Schritte vor, brachte den Ball weit nach vorn. Nach einer Kopfballverlängerung landete die Kugel bei Löring, der es einfach mal mit einem Bogenschuss probierte. Apropos Bogen. Nach einer abgewehrten Rostocker Ecke nahm Gardawski aus zentraler Position aus rund 20 Metern einfach mal Maß und traf fast traumhaft in den Winkel. Aber eben nur fast, der Ball prallte am Aluminium ab und konnte anschließend von der Chemnitzer Abwehr aus dem Gefahrenbereich befördert werden. Und als eine Minute später Ikeng ebenfalls das himmelblaue Gehäuse ins Visier nahm, jedoch am linken Pfosten vorbeischoss, wird man sich im Gästeblock endgültig die Haare gerauft haben. 

Mit dem Spielstand von 0:0 ging es in die zweiten 45 Minuten. Beim obligatorischen Pausentee müssen sich wohl die Chemnitzer Spieler einiges angehört haben. Mit vollem Karacho eilten sie sogleich in Richtung Rostocker Tor. Und das mit Erfolg. Nach einem Drehschuss von Löning traf das Spielgerät den Arm des Hansa-Spielers Gröger. Schiedsrichter Sören Storks fackelte nicht lange und zeigte auf den Punkt. Elfmeter für Chemnitz. Anton Fink, bereits seit Januar 2012 im himmelblauen Trikot, atmete kurz durch, nahm langen Anlauf und haute den Ball sehr platziert unten rein. Da nutzte es auch nichts, dass Hansa-Keeper Schuhen die Seite geahnt hatte. 1:0 für den CFC. Spieler, Fans und Chemcat feierten euphorisch die Führung. Ein Küsschen auf das Trikot, geballte Fäuste in Richtung Fanblock.

Die Jubelorgie auf den Rängen hielt jedoch nur wenige Sekunden. Kaum wurde wieder angepfiffen, da stand es 1:1! Rostock arbeitete sich über die linke Seite vor und brachte den Ball in zentrale Position. Nach einem kurzen Hin und Her bekam Tobias Jänicke das Leder vor die Sohle. Kurz mal eben zurechtgelegt das gute Stück und dann platziert mit links abgeschossen. Das saß. Den rechten Innenpfosten fast streifend landete der Ball in den Maschen. Ein Jubelorkan nun im Gästeblock. Totales Abgehen. Hochgestreckte Mittelfinger in Richtung Gegengerade. Rauf auf den Zaun und ein Portiönchen Pyrotechnik gezündet.

Und es blieb unterhaltsam. In der 61. Minute bereitete Anton Fink vor, der folgende Kopfball von Löning ging links vorbei. Eine Viertelstunde vor Schluss versuchte sich auf Hansa-Seite mit einem satten Distanzschuss, doch der Chemnitzer Schlussmann war auf dem Posten und hielt ohne Probleme. In der Folge machten die Gäste mehr Druck und drängten zum 2:1. Über die linke Seite kommend hatte Gardawski fünf Minuten vor Abpfiff aus spitzem Winkel eine schmucke Möglichkeit. Mehr sollte an diesem Nachmittag nicht mehr passieren. Es blieb beim 1:1. Für Chemnitz das zweite Remis im zweiten Spiel. Für Hansa ganz klar eine Steigerung. Punktetechnisch und auch spielerisch. 

Beide Vereine haben nun in der ersten DFB-Pokalrunde große Aufgaben vor sich. Während der F.C. Hansa Rostock im heimischen Ostseestadion den 1. FC Kaiserslautern zu Gast hat, dürfen sich die Himmelblauen auf Borussia Dortmund freuen. 

Fotos: Marcus Hengst, Los Misenas

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