Erfrischender Lesestoff aus Karl-Marx-Stadt: DKZ unterwegs bei Modulen und Hopper-Klassenfahrten

 
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DKZWie sieht eigentlich das Cover von Nummer 16 aus? Um das in Erfahrung zu bringen, musste auf der entsprechenden FB-Seite nachgeschaut werden. Ach ja, richtig. Ein Mädchen, das vor einem Gasthaus eine große Ultras-Liberi-Fahne schwenkt. Das Heft der Chemnitzer Fußballtouristen liegt zwar vor mir, doch der Umschlag wanderte bereits ins Nirvana. Und das nur eine Stunde, nachdem der überaus gut gelaunte Lenny mir das Heft „Der kleine Zeitvertreib“ in die Hände gedrückt hatte. Das Heft lag bereits im Rucksack, als es beim Testspiel BFC Dynamo vs. Chemnitzer FC kurz vor Halbzeit wie aus Kübeln gegossen hatte. Erst daheim wurde beim Ausräumen das Desaster bemerkt. Papierfetzen in den unteren Falten des eigentlich wasserdichten Rucksacks. Nachdem bereits die Rezension von Nummer 15 allzu weit in die Ferne geschoben wurde, drohte nun die Besprechung der aktuellen Ausgabe auch wieder sprichwörtlich ins Wasser zu fallen. Nach dem Abpellen der äußeren Seiten stellte sich jedoch erfreulicherweise heraus, dass von Seite 4 bis 143 alles tiptop ist. Also dann ran an das gute Stück und die einzelnen Texte von Lenny, Münze und Pasa studiert. 

DKZKeine Frage, „Der kleine Zeitvertreib“ hat sich in der deutschen Fanzine-Landschaft längst etabliert. Mehr noch: Er ist nicht mehr wegzudenken. Im einstigen Karl-Marx-Stadt wird nicht nur passabler Drittligafußball gespielt, es wird auch ordentlich auf die Tastatur gehauen. Die Macher des überaus fetten Heftchens, das für 2,50 Euro zu haben ist, stellen immer wieder hübsch zu lesende Berichte zusammen. Das Ganze kommt schwarz-weiß daher und ist schlicht und einfach mit Klammern gebunden. Auf diesem Wege kann der Lesestoff für einen schmalen Taler an den interessierten Fußballfreund gebracht werden. Wer von der üppigen farbigen Aufmachung des (ebenfalls absolut lesenswerten) Heftes „Republikflucht“ verwöhnt ist, wird beim DKZ eventuell anfangs zögerlich blättern, doch dass die Schreiberlinge des „Kleinen Zeitvertreibs“ auch hervorragende Fotos anfertigen können, kann schließlich auf deren Facebook-Seite und den beiden verknüpften Webseiten cfcfans.info und derkleinezeitvertreib.net bestaunt werden.

DKZIch gebe es zu, wer jahrelang selber tagein, tagaus von früh bis spät am Rechner sitzt, stundenlang in der weltweiten Fußballwelt recherchiert und fleißig Berichte tippt, ist nicht gerade hungrig nach gedruckter Lektüre. Nachdem ich in den 90er Jahren regelmäßig zahlreiche Fanzines und Hefte wie „Fantreff“ und „match live“ gelesen hatte, verschmähte ich zu Beginn des neuen Jahrtausends die Druckware. Die Fußballwelt fand ab nun nur noch live im Stadion und vor dem heimischen Rechner statt. Wozu ein Heftchen kaufen, wenn es gratis alles in Sekundenschnelle im weltweiten Web gibt? Zumal mit dem Smartphone Blogs, Foren und diverse Artikel auch unterwegs in den Zügen gelesen werden können. Allerdings gab es im Kopf eine Kehrtwende. Das Papier erlangte wieder mehr Bedeutung. Und diese Entwicklung fand nicht nur bei mir statt. Fanzines erleben ein echtes Revival. Es wird geschrieben, layoutet, gebunden und vertrieben. In Nürnberg, Berlin, Hannover, Münster und Freiburg. Neben den alten Platzhirschen tauchen immer wieder neue Hefte auf. Mal ganz schlicht gestaltet und trotzdem nett zu lesen, mal mit erstaunlich großem Aufwand produziert.

SportplatzUm es gleich vorweg zu nehmen: „Der kleine Zeitvertreib“ gehört eher zu den alten Platzhirschen. Bereits seit 2008 findet dieses Heft seine Leser - und ein Ende ist noch nicht abzusehen. Die Macher des Heftes stehen voll im Saft und wie heißt es bei ihnen immer so schön: Weiter, immer weiter! Doch genug der Rumeierei. Worum geht es eigentlich in dem Heft, das an dieser Stelle so hübsch gelobhudelt wird?! Für mich begann die jetzige Ausgabe aus dem oben beschriebenen Grund mit dem Bericht über das Kreisklassen-Duell USG Chemnitz II vs. FSV Grün-Weiß Klaffenbach III auf Platz 2 der Jahnkampfbahn. Ja, klingt richtig prima. Normalerweise halte ich nichts von solchen Graupenspielen, wie sie in der Hopper-Branche meist genannt werden. Ich persönlich besuche keine drei Spiele am Tag, führe keine Statistiken und mache keine Häkchen bei gesehenen Grounds. Von daher ist die Frage berechtigt, ob mich solche Berichte über solche Kicks überhaupt interessieren können.

SpartaJa, können sie! Der Grund: Die Schilderungen sind stets verknüpft mit witzigen Anekdoten und interessanten Hintergründen zu den jeweiligen Vereinen, Spielstätten und Regionen. Und für jeden ist etwas dabei. Für die einen der Bericht über das Kreisligaspiel FSV Wacker 90 Wittgensdorf vs. SV Viktoria 03 Einsiedel, für die anderen der Bericht über das brisante EL-Gruppenspiel AC Sparta Praha vs. SK Slovan Bratislava. Abgeklärt und trotzdem mit der nötigen Portion Humor wird das Geschehen rund um das Aufeinandertreffen der Tschechen und Slowaken geschildert. Stets hat man das Gefühl, dass nichts unter- oder übertrieben ist. Dieser Punkt gilt für sämtliche Autoren, die an diesem Heft mitwirken. Viel Sachverstand und verdammt viel Erfahrung auf den europäischen Plätzen wird hineingepackt. Wenn von Sandersdorfer Modulsportlern die Rede ist, die am Rande des Landespokalspiels gegen den 1. FC Magdeburg ihr Bierchen trinken, weiß man, dass dort keine Lappen standen, sondern wirklich fitte Typen aus dem Großraum Halle. 

CFCDa das Heft aus dem einstigen Karl-Marx-Stadt kommt, ist es allzu klar, dass die Berichte über den Chemnitzer FC einen festen Faden bilden. Sich dieser Sache an nimmt stets Lenny, der kurz vor dem utopischen Wolkenguss im Sportforum Berlin-Hohenschönhausen bei einer Runde hochwertigem Pils mir höchstpersönlich die druckfrische Ausgabe in die Hand gedrückt hatte. Liebevoll schreibt er vom „Kraftklub“, der bei Test-, Pokal- und Ligaspielen entweder auswärts in Niesky oder daheim gegen die Buben des 1. FSV Mainz 05 antritt. Davon ganz abgesehen: Hat man irgendeine tiefgreifende Frage zu den Himmelblauen, so ist man bei Lenny an der richtigen Adresse. Welche Schuhgröße die Chemcat hat? Welchen Hintergrund ein Spruchband hat? Wie viele Chemnitzer wirklich in Großaspach ware? Lenny kann immer eine Antwort geben!

CFCVor Ort im Trainingslager des CFC in der Türkei, bei drei Partien in Portugal sowie in acht weiteren Ländern. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Nicht jedem muss ein Text über den Kick Netzdorfer SV 1990 vs. VfB Saxonia Halsbrücke interessieren, doch bei FC Porto vs. FK Shakhtar Donetsk oder Charlton Athletic FC vs. Brighton & Hove Albion FC sowie VFC Plauen vs. FSV Zwickau oder FK Viktoria Zizkov vs. FC Zlin dürften die meisten nicht einfach so weiter blättern. Abgerundet wird das Heft von 20 Fanzine-Rezensionen, einem Interview mit den „Bandito Azzuro“ aus Jöhstadt und einem finalen Statistikteil (der sich bei mir jedoch in feuchte Fetzen aufgelöst hatte). 

Fazit: Von mir eine absolute Kaufempfehlung! Ein ideales Heft für die nächste Zugfahrt zu dem Fußballspiel der Wahl oder ein abendliches Entspannungsbad. Mittendrin statt nur dabei - und das auf 148 Seiten! 

Bestellbar ist das gute Stück direkt beim Lenny oder beim wohl sortierten NOFB-Shop:

Fotos: Der kleine Zeitvertreib, Marco Bertram

> Bestellmöglichkeit beim NOFB-Shop

> zur Webseite vom Kleinen Zeitvertreib

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Artikel wurde veröffentlicht am
07 Juli 2015

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Kommentare
Ich lese das Heft immer sehr gern. Solide Arbeit und widerliche Selbstdarstellung. Nette Kombo der Pasa und der Lenny.
GZ
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Der DKZ ist gut zu lesen, von der Aufmachung her aber nicht ganz zeitgemäß. Da tut es mir Republikflucht mehr an. SW Fotos auf Normalpapier sind arg fade. Sonst aber solide Kost aus KMS.
C
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G
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