Fußballaufschwung in Lebus: Celuloza Kostrzyn und Polonia Slubice steigen auf

KostrzynEs regt sich was am westlichen Rand der polnischen Woiwodschaft Lebus (województwo lubuskie). Die beiden Vereine TS Celuloza Kostrzyn nad Odrą und MKS Polonia Słubice konnten in der Klasa A in in ihren jeweiligen Staffeln den Meistertitel feiern und spielen in der kommenden Saison in der Klasa okręgowa. In der Saison 2010/11 spielte KKP Celuloza Kostrzyn nad Odrą noch in der III Liga (grupa dolnośląsko-lubuska) und auch manch deutscher Fußballfreund hatte sich ab und zu auf den Weg gemacht, um einem Heimspiel einen Besuch abzustatten. Zwar war Kostrzyn nicht der Schmelztiegel der polnischen Fankultur, doch bei Partien wie gegen Polonia / Sparta Swidnica und gegen MKS Oława schauten schon mal 350 bis 450 Zuschauer im Stadion vorbei. Gegen Pogoń Oleśnica waren es im Herbst 2009 sogar über 600 Zuschauer. In der Viertligasaison 2011/12 folgte jedoch der Absturz. Aufgrund finanzieller Probleme wurde nach dem 18. Spieltag die Mannschaft zurückgezogen, das 0:7 gegen Motobi Bystrzyca Kąty Wrocławskie am 17. März 2012 war der letzte Auftritt.

turusCeluloza Kostrzyn musste in der Klasa B (grupa Słubice) einen Neuanfang starten. Hinter Spójnia II Ośno Lubuskie reichte es am Ende der Spielzeit 2012/13 nur zu Rang zwei. Es hieß: Noch einmal ran in der Klasa B. Jedoch lief es dieses Mal besser, mit einer Bilanz von 15 Siegen und nur einer Niederlage wurde am Ende der Saison der Aufstieg gefeiert. Und auch in der Klasa A ließ Celuloza Kostrzyn in der vergangenen Saison nichts anbrennen. Mit einem Vorsprung von sechs Punkten auf Kosmos 78 Rudnica wurde der Meistertitel in trockene Tücher gebracht. Am 06. Juni wurde der direkte Rivale Kosmos 78 Rudnica mit 3:0 vom Platz gefegt, die Mannschaft feierte ausgelassen am Mittelkreis den Erfolg. Nach dem völligen Absturz des Vereins ist der positive Abschluss der vergangenen Saison Balsam auf den Wunden.

polenSchließlich handelt es sich bei Celuloza Kostrzyn nicht um einen Dorfklub, der bereits seit grauer Vorzeit in den tiefsten Niederungen des polnischen Fußballs kickt. Von 1982 bis 1984 wurde sogar in der II Liga (Gruppe West) gespielt. Zagłębie Lubin, Arka Gdynia, Gryf Słupsk, Piast Gliwice und Lechia Gdańsk waren unter anderen die Gegner. Daheim wurde Lechia Gdańsk sogar mit 1:0 geschlagen, am Ende ging es jedoch als Vorletzter wieder runter in die III Liga. 1983/84 gelang dem Verein der Einzug ins Sechszehntelfinale des polnischen Pokals. Nachdem auswärts LZS Grudynia Wielka und Gryf Słupsk geschlagen wurden, war gegen Lech Poznan Schluss. Ins Leben gerufen wurde Celuloza Kostrzyn einst im Jahr 1957. Von der Klasa C (Gorzów Wielkopolski) arbeitete sich der Klub langsam hoch und stieg 1978 erstmals in die III Liga auf. Immerhin, nach den drei Jahren in Klasa A und B ist 2015/16 die Klasa okręgowa (grupa gorzowska) der sportliche Stand der Dinge.

slubiceEbenfalls bereits in höheren Gefilden gespielt hatte der südliche Nachbar MKS Polonia Słubice. Noch 2010/11 war die Mannschaft von Polonia Słubice in der II Liga (dritthöchste Spielklasse) aufgelaufen. Einen großen Zuschauerzuspruch hatte der Verein jedoch nicht zu verzeichnen, meist kamen zwischen 200 und 400 Fans in das spektakulär aussehende Stadion Słubickiego Ośrodka Sportu i Rekreacji (einst Ostmarkstadion). Gegen Zawisza Bydgoszcz und Raków Częstochowa waren es dann schon mal 600, gegen Czarni Żagań sogar 1.000 Zuschauer. Ähnlich wie in Kostrzyn zog Polonia Słubice nach der Hinrunde der Spielzeit 2010/11 die Mannschaft vom Spielbetrieb zurück. 

SlubiceIn der IV Liga gab es einen Neustart, doch nach einer passablen Saison 2011/12 ging es ein Jahr später als Tabellenvorletzter eine Etage tiefer. Dem nicht genug, erfolgte 2014 der Absturz von der Klasa okręgowa in die Klasa A. Der Tiefpunkt war erreicht. Es konnte nur noch aufwärts gehen. Ungeschlagen (23 Siege, drei Remis) wurde die zurückliegende Saison durchgerockt. Und auch die Fans waren wieder zurück. Zwar nicht zu hunderten, doch ein aktives Grüppchen wusste akustische und optische Akzente zu setzen. Bei der Saisonrückblick-Collage, die auf der Facebook-Seite gepostet wurde, staunt man doch, wie oft es auswärts und daheim kräftig geraucht hatte. Nach Stand der Dinge werden sich TS Celuloza Kostrzyn nad Odrą und MKS Polonia Słubice in der kommenden Saison in der Klasa okręgowa (grupa: Gorzów Wielkopolski) nach langer Zeit wieder einmal begegnen. 

polenVon Berlin-Brandenburg aus sind sowohl Kostrzyn nad Odrą, als auch Słubice (bei Frankfurt/Oder) sehr schnell erreichbar. Zum Stadion von Celuloza Kostrzyn geht es sogar ganz besonders fix. So ist man vom Bahnhof Berlin-Lichtenberg aus mit dem Regionalexpress (zumindest gefühlt) schneller am dortigen Stadion als mit der S-Bahn am Berliner Olympiastadion. Etwas über eine Stunde fährt man von Lichtenberg nach Kostrzyn, die Spielstätte liegt direkt in der Nähe des Bahnhofs. Empfehlenswert ist ein Abstecher zur einstigen Altstadt von Küstrin, die auf polnischem Staatsgebiet zwischen den Flüssen Oder und Warta liegt. 

KüstrinWo einst das Leben in der dortigen Altstadt pulsierte, zwitschern heute die Vögel in den Bäumen, die auf den Ruinen wachsen. Man läuft auf alten Kopfsteinpflasterstraßen entlang und rechts und links sieht man nur noch die Fundamente der jeweiligen Gebäude. Mitunter findet man zwischen alten Ziegelsteinen und zerbröckeltem Stahlbeton alte Knochen. Eröffnet wurde zudem im vergangenen Jahr in einer alten Festung das Muzeum Twierdzy Kostrzyn. Hervorragend aufgearbeitet wird dort die Geschichte der Stadt, deren Ursprünge zurück ins 13. Jahrhundert gehen. Gegenüber des Museums an einem alten Stadttor sind in einem neu eingerichteten kleinen Restaurant Wurst, Brot und Getränken erhältlich. Unter Bäumen sitzend kann man dort ein Lebuser Pflaumenbier trinken und über das Vergangene, das Jetzt und die Zukunft philosophieren.

Fotos: Marco Bertram

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> zur turus-Fotostrecke: Kriegsspuren in Küstrin / Kostrzyn nad Odrą

Artikel wurde veröffentlicht am
06 Juli 2015

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G
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Wir werden dann auch mal hinfahren. Es ist eine wirklich schöne Bahnstrecke über Seelow und Müncheberg!

VG von den Uelzens
G
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G
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Super Artikel
G
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