Ultras in Mönchengladbach: Ein grandioser Einblick in Form eines Bildbandes

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Buch714 Tage. 24.000 Kilometer. 204 Aufnahmen. Das Buch „Ultras in Mönchengladbach“ von Tim Siebmanns hat es wahrlich in sich. Wer selber fotografiert - egal, ob beruflich oder nur als Hobby - weiß, wie schwer es ist, die großartigen Momente festzuhalten. Bei Fanmärschen, bei der An- und Abfahrt, in den Kurven der Stadien. Selbst wenn man als Fotografierender einen guten Draht zur jeweiligen Fanszene hat, so bleibt das Festhalten all der Impressionen stets eine große Herausforderung. Zudem ist es alles andere als einfach bei der immens großen täglichen Flut an digitalen Bildern, die in den sozialen Netzwerken herumschwirren, Fotos anzufertigen, die sich von der breiten Masse abheben. Fotos, bei denen der Betrachter sich mal mehr Zeit nimmt als eine Mausklick-Länge. Nur zu klar, ein Bildband kommt von Hause aus ganz anders daher als eine Fotostrecke im world wide web. Andererseits muss dieses Buch qualitativ wirklich überzeugen, um gekauft zu werden. Denn: Im Netz gibt es schließlich Millionen Fotos gratis.

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Um es vorweg zu nehmen: „Ultras in Mönchengladbach - Bildband einer Subkultur“ aus dem Hause Burkhardt & Partner überzeugt auf ganzer Länge - und um Spaß an diesem Werk zu haben, muss man keineswegs Fan der Borussia sein. Zwei Jahre lang (von 2012 bis 2014) hatte Tim Siebmanns die Ultraszene von Borussia Mönchengladbach begleitet. Sein Ziel war es, diesen Teil der Subkultur wertungsfrei und realistisch darzustellen. Mit seinen angefertigten Fotos möchte er zeigen: Es geht um mehr als nur 90 Minuten Fußball! Wie heißt es im Vorwort? „Die Liebe zum Verein, familiäre Freundschaft, Loyalität, Kreativität, Rebellion, Kampfgeist, Freiheit und Zusammenhalt, sind nur ein kleiner Teil der Begriffe, die diese Lebenseinstellung widerspiegeln, an der sich viele Fans orientieren.“

Also einfach mal hineingeschaut: 160 Seiten Fußball hautnah miterlebt. Manches erscheint eher banal und alltäglich, bei manchen Bildern schaut man glatt zweimal hin. Es sind die hübschen kleinen Details, die den alten Fußballhasen am meisten erfreuen. Was wird da im Regionalexpress getrunken? Kaffee aus dem Pappbecher, eine 0,33er Pulle Bier und Erdbeersaft aus dem Tetrapack. Und wird an anderer Stelle nicht eine „Tüte“ gebaut? Ein Blick auf ein Handydisplay besagt: „Morgen 3. Platz? Bitte nicht mit der Sauferei übertreiben“, schrieb Mama über e-plus um 19:47 Uhr. Und der Akku ist auch noch zu 90 Prozent voll. Alles prima, der Abend kann beginnen. Dass der Autor & Fotograf Tim Siebmanns Humor hat, wird schnell bei der Zusammenstellung der Bilder sichtbar. Denn gleich neben Mamas SMS wird einer nackten Lady die Sahne auf die Nippel gesprüht. Und ja, wir sprechen hier von Schlagsahne. Das Foto ist doppelt oder gar dreifach belichtet - bzw. nachträglich übereinander montiert worden. Ob links die eine Hand bereits am Hosenschlitz ist, bleibt der Phantasie überlassen.

Bevor jedoch thematisch abgeglitten wird: Ja, es geht vor allem um Fußball. Saufbilder und Impressionen von einem abartig vollgekotzten (oder ist das sogar ein Dünnschiss-Alarm gewesen?) Klo bilden eher die Ausnahme. Vor allen Dingen geht es um das, was das Leben der Ultras ausmacht. Choreo-Vorbereitungen, Transport der Materialien, der Marsch zum Stadion, der Support in der Kurve, das Abbrennen von Pyrotechnik und die Momente nach einem Spiel. Bilder, die einen tiefen Einblick gewähren. Keine Frage, der Fotograf genießt viel Vertrauen bei Sottocultura & Co. Verpixelt wurde nichts. Es ist zu sehen, was zu sehen ist. In kritischen Momenten wurde von den Jungs sowieso die grün-weiß-schwarze Maske übergezogen. Beim Marsch beim knackigen Auswärtsspiel in der Schweiz, bei der Pyro-Vorbereitung unter einer Blockfahne, beim eigentlichen Abbrennen. 

Ja, es sind verdammt starke Bilder dabei! Das Foto von der eingehakten ersten Reihe beim Auswärtsspiel in Zürich kennt man bereits aus dem Netz, doch der festgehaltene Moment unter der Blockfahne dürfte nicht online sein. Dichter dran geht nicht! Manche Bilder erinnern an die (eigene) Fußballzeit der 90er Jahre. Ablümmeln in Zügen, Bierbecher en masse, klebrige Stufen in einer Kurve, gemeinsames Schal-Hochalten im Block, der Gang durch eine düstere Unterführung. Bei anderen Bildern sagt man sich als Anfang-Vierziger: Meine Fresse, warum gab es damals nicht bereits solch brachiale Fanmärsche durch die Städte?! Beim Betrachten der Fotos könnte ich fast neidisch werden.

Aber Spaß beiseite: Mir persönlich gefällt dieser Bildband außerordentlich. Und ja, ich habe auch mein Lieblingsbild gefunden. Nein, nicht das von der schaumigen Sahne auf der prallen Brust oder das von der besudelten Toilette, das an das beschissenste Klo aus dem Film „Trainspotting“ erinnert, sondern vielmehr meine ich eine auf den ersten Blick banal erscheinende Aufnahme. Ein etwas älterer Besitzer eines noblen Geschäftes in Zürich steht mit zurück gekämmtem Haar in der Tür und blickt auf die zum Teil vermummten Fans des Borussia VfL 1900. Fragender Blick, die Hände locker in die Seite gestemmt. Das Vorbeiziehen von totalen Parallelwelten. Grandios! Mein Fazit: Kaufempfehlung! Und es sollte über jede Fanszene solch ein schmuckes Buch geben!

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Artikel wurde veröffentlicht am
27 März 2015

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Daumen hoch!
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Sehr geil!
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