Wolverhampton, Everton und Leicester: Platzsturm und emotionaler Support

C Updated 10 Mai 2014
Wolverhampton, Everton und Leicester: Platzsturm und emotionaler Support

ManUIn der entscheidenden Phase der Saison ging es per Flieger ins Mutterland des Fußballs, um in der Premier League, Premiership und der League One (dritte Liga) zu schauen, wie auf den Rängen der Stand der Dinge ist. An der Tagesordnung standen Partien in Wolverhampton, Leicester, Birmingham und Liverpool. Dabei gab es die eine oder andere Überraschung. Zumindest bei den Wolverhampton Wanderers und beim Everton Football Club war eine Menge los, so wusste die Stimmung sowohl im Molineux Stadium als auch im Goodison Park durchaus zu überzeugen. Und nicht nur das! Bei der Partie zwischen den Wolverhampton Wanderers und Rotherham United gab es sage und schreibe zehn (!) Tore und mehrere Platzstürme zu bewundern. Beim Duell Everton FC vs. Manchester United ging es ebenso emotional zu, die Ordner hatten auf den Rängen alle Hände voll zu tun.

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Wolverhampton Wanderers – Rotherham United 6:4 (18.04.2014)
 
Mit dem Zug ging es via New Street in Richtung Wolverhampton, wo die Wölfe des Wolverhampton Wanderers Football Club die Gäste aus Rotherham empfingen. Auch hier überzeugte der Weg zum Stadion, vorbei an der Universität über die Queens Street mit der kompakten, typisch englischen Art. Ebenfalls im Stadtkern rund um die Ring Road ragen die großen Tribünen des 1889 erbauten und mehrfach modernisierten Molineux Stadiums heraus. Auf dem Jack Harris Stand sicherten wir uns im Vorfeld zwei der begehrten Tickets für ein möglicherweise entscheidendes Spiel um den Aufstieg in die Championship in der Saison 2014/15.

WolvesDer Jack Harris Stand ist als Hintertortribüne die Zone der Home Supporters des WWFC, die unter bester Dachakustik bereits vor dem Spiel in enormer Lautstärke die grandiose Saison ihrer Wolves feierten, die bereits am Wochenende vor Ostern alles perfekt in punkto Aufstieg machen konnte. Auch die Gäste des Rotherham United schöpften das gesamte Kontingent im Unterrang des Steve Bull Stands auf der Gegengerade aus, machten es sich aber zu Beginn des Spiels eher gemütlich.

Das Spiel brachte wahrlich alles mit, was sich ein Fußballfan vorstellen kann. Ein (fast) ausverkauftes Molineux Stadium, eine absolute Gänsehautatmosphäre und Tore, Tore, Tore. Es ging wirklich hin und her an diesem Nachmittag: Während Rotherhams Kieran Agard, dem an diesem Tag drei Tore gelangen, sein Team früh in Führung brachte, drehte Wolverhampton inmitten der ersten Halbzeit völlig auf und ging durch einen Doppelpack von Dicko und einem Tor von Edwards verdient mit 3:1 in Führung. Es war nicht so, als hätte man den Verteidigern einen Vorwurf machen können. Die geballte Kraft der Offensivreihen war an diesem Tag kaum zu bändigen. Auch nach dem Pausentee ging es mit Tor(chanc)en am Fließband weiter. Rotherham kam zum Anschlusstreffer, Nouha Dicko erhöhte allerdings mit seinem ebenfalls dritten Tor des Tages auf 4:2 für die Wölfe. In den letzten 5 Minuten schien das Spiel dann entschieden…

WolvesSo konnte man meinen! Binnen den besagten 5 Minuten gelang Rotherham United der Ausgleich zum 4:4, ehe Ricketts die Wolverhampton Wanderers in der Nachspielzeit erneut in Führung brachte. Die Zuschauer fanden nun keinen Halt mehr und stürmten das Grün, um ihre Mannschaft zu feiern. Allerdings war das Spiel zu diesem Zeitpunkt noch längst nicht abgepfiffen, sodass die Ordnungskräfte das Feld mit aller Mühe räumten und die 22 Mannen ungehindert weiterspielen konnten. Der WWFC schoss nach der Räumungsaktion nochmal an den Außenpfosten. Die weiterhin potentielle Torchance konnte allerdings nicht zu Ende gespielt werden, da es erneut hunderte Supporters auf das Spielfeld schafften und das Spiel unterbrachen, sogar den Ball einkassierten. Der Ordnungsdienst und die Polizei blieben hierbei wünschenswert gelassen und kümmerten sich in erster Linie um das Wohlbefinden der Spieler.

Unter Pfiffen der deutlichen Mehrheit an erbosten Zuschauern und einer Ansage des Stadionsprechers, das Spiel beim nächsten Platzsturm abzubrechen, schoss Wolverhampton mit dem 6:4 in der 97. Minute das Tor zur endgültigen Entscheidung. An dieser Stelle war der dritte Platzsturm des Tages angebracht, der Schiedsrichter pfiff die Partie ab und Wolverhampton feierte seine Aufstiegshelden.

Leicester City – Queens Park Rangers 1:0 (19.04.2014)

LeicesterIm rund 40 Meilen östlich von Birmingham befindlichen Leicester duellierten sich am Samstagmittag die Mannschaft des Leicester City FC und die Queens Park Rangers aus London. Aufgrund eines kurzfristigen Umdisponierens unserer Tour zugunsten eines weiteren Spiels griff man auf die Option eines günstigen Mietwagens zurück, der uns einen längeren Aufenthalt in Leicester gewährte und die Abreise zurück nach Birmingham erleichtern sollte.
Das King Power Stadium erinnert an die moderne Bauweise der deutschen Stadien. Moderne blaue Sitzschalen und sich erschließende Tribünen, dazu eine Glasfassade, die die Haupttribüne von außen und die VIP Tribüne von innen ziert.

Die Tabellenkonstellation versprach den LCFC als sicheren Meister der Championship und somit den Aufstieg in die höchste englische Spielklasse im kommenden Jahr. Ehe es losgehen sollte war für uns allerdings die Suche nach einem passenden Parkplatz angesagt, der uns bereits vor Abpfiff des heutigen Spiels wieder rechtzeitig aus der Stadt brachte. Hierzu fand man im nahgelegenen Industriegebiet ausgewiesene Parkplätze und hilfsbereite Menschen, die uns eine frühe Ausfahrt aus dem Parkplatz gewährten. Ob das gut gehen mag?

LeicesterZurück am Stadion ging es dann endlich los mit dem Match des Meisters und des eigentlichen Meisterfavoriten aus London. Zum Einlaufen der Mannschaft gab es von der Heimseite den Refrain von „Hey Jude“, der nur für kurze Zeit einen erhöhten Lärmpegel aufzeigte. Im Anschluss verpuffte der Heimsupport völlig. Unvorstellbar, war man doch gerade erst in die Premier League aufgestiegen und hatte eigentlich eine Menge zu feiern. Auch im Sitzplatzbereich der Queens Park Rangers, mit zirka 1.000 Away Supporters angereist, waren keine Schlachtrufe zu vernehmen. Hinzu kam ein wirklich schwaches Spiel beider Mannschaften. Leicester City zeigte nur das nötigste gegen ebenfalls schwache Rangers, die trotz namhafter Spieler wie Kranjcar, Benayoun und Shaun Wright Phillips kaum eine Torchance erspielen konnten. Das Tor des Tages erzielte dennoch Leicester City in der 70. Minute durch David Nugent.

Natürlich hielten die Kollegen vom Parkplatz ihr Versprechen, wie erwartet nicht ein und ließen unser Auto von weiteren 10 Fahrzeugen zuparken. Interessanterweise waren beide Einweiser im Besitz aller Autoschlüssel und fuhren unser Fahrzeug nach und nach frei, ehe wir die Lücke fanden und passieren konnten. Dieser Spaß war uns am Ende definitiv die 5 Pfund für den Parkplatz wert.

Everton FC vs. Manchester United 2:0 (08. Mai 2014)

Im Vorfeld wurden bereits die Züge bei Virgin Trains für die Strecke Birmingham International – Liverpool Lime Street – Birmingham International für relativ günstige 20 Pfund pro Person gebucht. Tickets gibt es Problemlos an den zahlreichen Schaltern der Train Stations. Die Fahrzeit betrug auf dem Hinweg inkl. Umstieg in Stafford rund zwei Stunden.

LiverpoolNach kurzem Fußmarsch durch die Innenstadt ging es mit einem kurzen Aufenthalt im Cavern Club weiter Richtung Mersey River, um die beeindruckenden Gebäude der „Three Graces“ einen Besuch abzustatten. An den Docks entlang ging es dann per kurzer Taxifahrt ab der geschlossenen Metrostadion Sandhills direkt zum Goodison Park, der Heimspielstätte des FC Everton, um die reservierten Tickets abzuholen. Eine Woche zuvor jährte sich das traurige Ereignis um das Endspiel im Hillsborough Stadium in Sheffield zum 25. Mal, bei dem zahlreiche Anhänger des FC Liverpool bei einer Massenpanik ums Leben kamen.

Der Weg zur Spielstätte des LFC ist über die berühmte Anfield Road binnen 15 Minuten per Fuß vom Goodison Park aus zu erreichen. Dort angekommen sah man etwas, womit man doch nicht ganz rechnen konnte. Hunderte Menschen hatten sich an diesem Sonntagmorgen, um den Verstorbenen der Katastrophe zu gedenken, legten zahlreiche Blumen nieder und banden ihre Fanschals am berühmten „You’ll Never Walk Alone“ – Tor an. Die Anteilnahme vor Ort war durchweg international, wie man anhand der Schals feststellen konnte.

Zurück am Stadion konnte es dann endlich losgehen. Obwohl der ruhmreiche Club aus Manchester zu Gast war, war der heutige Favorit der Gastgeber FC Everton. Unter Trainer Moyes fehlte Man United zuletzt die Konstanz, so verfehlte man das Saisonziel deutlich und hatte kaum noch Chancen auf die Teilnahme am internationalen Geschäft. Das Thema Champions League war sowieso schon längst ad acta gelegt worden.

ManUDie Toffees nahmen auch von Beginn an das Zepter in die Hand und überzeugten auf dem Rasen mit wirklichem Powerfussball, während Manchester viel zu fahrlässig im Aufbau die Bälle früh verlor. Der zunächst meist etwas zögerliche Schiedsrichter belohnte den FC Everton dann aber letztendlich mit einem Handelfmeter, welcher zu diesem Zeitpunkt hätte bereits der dritte sein können. Baines erzielte den verdienten Treffer zum 1:0 (30.). Kurz vor der Pause legte Mirallas nach schönem Spielzug nach und erhöhte auf 2:0 zum Schock der mitgereisten Fans der Red Devils.

Auf den Rängen war an diesem Tag wieder einiges los. Schließlich handelte es sich hierbei um ein Derby. Dass die beiden Ränge keinerlei Sympathien füreinander hatten, machte sich über die gesamte Spielzeit bemerkbar. Wildes gestikulieren und Schlachtrufe zogen sich über die gesamten 90 Minuten hin, wobei die Gäste aus Manchester in punkto Support trotz der immer wahrscheinlicher werdenden Niederlage die Nase vorn hatten.

Für uns war das Spektakel auf ein weiteres echtes Highlight auf unserer schönen Ostertour durch England. Glück hatte man im Vorfeld der Partie ohnehin, da es tatsächlich noch Karten im General Sale für dieses Spiel gab. Die Plätze waren allerdings mit Sichtbehinderung in der ersten Reihe, die Anzeigetafel hierbei auf Nasenhöhe. Trotz allem hatten auch diese Plätze etwas Gutes, so konnte man sich beim 2:0, welches eben auch der Endstand war, bei Sky selbst direkt hinter den jubelnden Everton Spielern entdecken.

Aston Villa – FC Southampton 0:0 (19.04.2014)
 
Aston Villa45 Minuten später zurück in Birmingham angekommen erhofften wir uns mit der Begegnung Aston Villa – FC Southampton ein deutlich attraktiveres Spiel . Von der M6 aus stach bereits von weitem der 42.000 Zuschauer fassende Villa Park im Stadtteil Aston ins Auge. Wie bereits in Leicester ging es für uns zunächst darum, die passende Parkmöglichkeit in Nähe des Stadions zu finden, da uns der straffe Zeitplan keine andere Wahl lies. Fündig wurde man letztendlich in der Wohnsiedlung direkt neben dem Villa Park, wo uns bereits die ersten Ordner in Empfang nahmen. Eine Verdienstmöglichkeit sehen die Anwohner des Bezirks darin, den Seitenstreifen der Straße selbst zu blockieren und ihre eigenen Höfe und Einfahrten an Ahnungslose und Gästefans zu vergeben. Da uns keine andere Wahl blieb, nahm man diesen Service auch entgegen.

Aston Villa stand mit 35 Punkten auf Tabellenplatz 15 vor einer völlig verkorksten Saison, in der der Klassenerhalt mit 5 Punkten Vorsprung auf die Abstiegsränge noch lange nicht gesichert war. Die Gäste aus Southampton hingegen können mit dem Saisonverlauf durchaus zufrieden sein. Tabellenplatz 8 sichert den Saints aus dem Süden Englands die sichere Premier League Teilnahme in der kommenden Saison, auch wenn die internationalen Plätze kein Thema mehr waren. Nach der schwachen Partie Leicester City – Queens Park Rangers sah es auch bei dieser Partie nicht besser aus. Beide Teams schossen zusammen magere 7 mal auf das gegnerische Gehäuse, Southampton dominierte die Partie allerdings mit gefühlten 80 % Ballbesitz. Tore: Fehlanzeige.

Aston VillaDie Anhänger des Aston Villa FC präsentierten zu Beginn eine Blockfahne über ein Viertel des Unterrangs des Holte End, welche Tribüne von Außen mit dem Eingang in Form eines alten Backsteinhauses eine absolute Augenweide ist. Das Stadion allgemein ist mit seinen 4 kolossalen Tribünen ein absolutes Highlight und machte den Besuch somit auch definitiv lohnenswert.
Außer der besagten Blockfahne kam allerdings nichts von den Rängen. Lediglich die rund 5000 Gäste, die den gesamten Unterrang des Doug Ellis Stand einnahmen, sorgten zu Beginn für einen kleinen Lichtblick. Letztendlich ging man allerdings dank des Spiels und der Atmosphäre eher enttäuscht zurück zum Hotel, obwohl der Villa Park an sich ein absolutes Highlight darstellt. Das Potential an Fans ist sowieso mehr als vorhanden, sodass wir eventuell nur einen der schlechten Tage erwischten.

Fazit: Es gibt noch Hoffnung. Der englische Fußball ist noch nicht tot!

Text: Marcel Bär

Fotos: Claude Rapp

> zur turus-Fotostrecke: Fußball in England

Artikel wurde veröffentlicht am
10 Mai 2014

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