AC Sparta Praha kurz vor Meistertitel: Fußballerlebnisse ohne Schnickschnack

MB Updated 29 April 2014
AC Sparta Praha kurz vor Meistertitel: Fußballerlebnisse ohne Schnickschnack

SpartaDer amtierende Meister und derzeitige Verfolger Viktoria Plzen hatte am Freitagabend mit einem 3:0-Sieg gegen FK Teplice vorgelegt, Tabellenführer AC Sparta Praha, der zuletzt im Jahr 2010 tschechischer Meister wurde, musste am Samstagabend nachlegen, um den Vorsprung auf komfortable zehn Punkte zu halten und den Titel quasi dingfest zu machen. Gegner war Slovan Liberec, das zuletzt 2002, 2006 und 2012 den Meistertitel einfahren konnte. Man glaubt es kaum: Fünfmal wurde AC Sparta in den letzten sechs Jahren Vizemeister. 2008 und 2009 hinter dem Erzrivalen Slavia Praha, der momentan ganz arg im Abstiegskampf steckt. Keine Frage, dieses Jahr soll bei Sparta endlich wieder der erste Platz her. Angeknüpft werden soll an die glorreiche Ära von 1994 bis 2001, in der jedes Jahr – mit Ausnahme von 1996 – der Meistertitel gefeiert werden durfte.

SpartaAlso nichts wie rein in die gute Stube! Immerhin 12.322 Zuschauer strömten in die Generali Arena – für tschechische Verhältnisse eine passable Hausnummer. Die 1994 eröffnete Spielstätte, die damals vom Bauunternehmer Petr Mach ohne Baugenehmigung in Rekordzeit als reines Sitzplatzstadion (rund 21.000 Plätze) hochgezogen wurde, überrascht durch seine Schlichtheit und gewisse Bodenständigkeit. Zur Straße hin befindet sich etwas höher gelegt ein überdachter Gang, in dem auf schlichten Bänken und an Stehtischen hunderte Fans Platz haben, um sich vor dem Spiel noch ein frisch gezapftes Bier für 35 Kronen (etwa 1,30 Euro) den halben Liter oder eine typische Grillwurst (Klobása) zu genehmigen. Erstaunlich ist generell der reibungslose Ablauf der Gastronomie in tschechischen Stadien. Egal, ob bei Sparta oder Bohemians 1905, stets liegen stapelweise die Pappteller mit den Mischbrotscheiben bereit und auch das Bier läuft in Strömen, so dass lange nervige Warteschlangen meist Fehlanzeige sind.

SlovanIm Stadion selbst ergab sich folgendes Bild: Rund 250 Fans von Slovan Liberec hatten sich im Oberrang des Gästebereichs eingefunden. Im unteren Teil standen zudem zirka 40 weitere Fans hinter dem Banner „Chaotix“. Der Kern der Heimfans fand sich wie gewohnt auf der gegenüber liegenden Seite auf dem Oberrang direkt neben der Anzeigetafel ein. Im Eckbereich zur Haupttribüne war manch ein alter Haudegen zu sehen, der es nun etwas ruhiger angehen lässt und beim mitgebrachten Söhnchen mit viel Sorgfalt und Liebe die Zuneigung zum Fußball weckt. Auf den jeweiligen Oberrängen der Geraden waren außerdem die Jungs von den ACS Ultras und den Karlstejn Ultras vor Ort und beteiligten sich phasenweise am Support.

PyroEs brauchte nicht lange, bis das Stadion in Wallung kam. Mario Holek, seit Januar 2012 bei Sparta, lochte in der 20. Minute zum 1:0 ein. Wenig später wurden von den Sparta Ultras etliche Bengalos gezündet, kurz vor der Pause wurde zudem eine große gegen die Medien gerichtete Blockfahne vom Oberrang ausgerollt. In diesem Fall wurde die tschechische Boulevardzeitung „Blesk“ aufs Korn genommen. Es sollte an diesem Abend nicht der einzige Hingucker bleiben. Während es im unteren Teil des Gästebereichs zu Rangeleien unter den dort anwesenden Slovan-Anhängern kam, entwickelte sich im zweiten Spielabschnitt auf dem Rasen eine flotte Partie. Kurz nach dem Pausentee konnte Ladislav Krejci auf 2:0 für Sparta erhöhen, nur fünf Minuten später weckte Isaac Sackey mit seinem Anschlusstreffer die Hoffnung bei den blau-weißen Gästefans aus Liberec.

BengalosDie Vorentscheidung fiel schließlich wiederum nur vier Minuten später. Ondrej Svejdik ließ die Sparta-Fans auf den Rängen jubeln. Der Treffer platzte mitten in eine Spruchband-Aktion der Ultras hinein. Diese war gegen den tschechischen Fußballverbandsvorsitzenden Miroslav Pelta gerichtet. Kaum waren die einzelnen Spruchbänder hochgehalten, da fiel das Tor und passenderweise konnte die zweite große Pyro-Aktion des Spiels eingeläutet werden. Mehr als 15 Bengalos ließen den Fanblock des AC Sparta rot leuchten. Für Aufregung beim Stadionsprecher, den Ordnern oder gar der Polizei sorgte diese Aktion nicht wirklich.

SpartaAls David Lafata in der 72. Minute auf 4:1 erhöhte, kannte die Freude unter den Zuschauern keine Grenzen mehr. Euphorie machte sich breit und bis zum Abpfiff feierten die Fans ihre Mannschaft. Den größten Applaus erhielt indes ein Spieler, der erst eine Viertelstunde vor Schluss in die Partie kam. Bereits beim Warmmachen wurde Roman Bednar lautstark bejubelt. Von 2002 bis 2005 hatte er beim FK Mlada Boleslav gespielt, im Anschluss verschlug es ihn zu Heart of Midlothian, West Bromwich Albion, Leicester City und MKE Ankaragücü, im Januar 2013 unterschrieb er einen Vertrag bei AC Sparta. In 30 Ligaspielen – 28-mal wurde er eingewechselt – konnte er im weinroten Dress bereits acht Treffer erzielen.

SpartaManch einer der eingangs erwähnten alten Haudegen rückte kurz vor Abpfiff in Richtung Spielertunnel, um vielleicht noch das eine oder andere Autogramm für den Nachwuchs zu ergattern. Dabei kam es direkt neben der Spielerbank noch zu einer kleinen Rangelei, die jedoch schon bald geschlichtet werden konnte. Gut so, denn bereits am kommenden Spieltag könnte der Meistertitel gefeiert werden. Der Vorsprung auf den Tabellenzweiten beträgt 10 Punkte, zu spielen sind noch vier Partien. Im Fall eines Sieges in Teplice kann die Party steigen – und in Sachen Stadionneubau könnte Dank des Meistertitels neuer Schwung in die Angelegenheit kommen. Geplant ist an gleicher Stelle ein Nationalstadion mit einer Kapazität von 40.000 Plätzen. Ober dieses dann noch den leicht maroden und bodenständigen Charme verbreitet, ist jedoch zu bezweifeln. Allzu euphorisch und sehnsüchtig sollte man deshalb nicht auf die neue, supermoderne Arena warten...

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: AC Sparta Praha

Inhalt über Klub(s):
Artikel wurde veröffentlicht am
29 April 2014
Spielergebnis:
4:1
Zuschauerzahl:
12.300
Gästefans
300

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