Bohemians 1905 vs. FC Zbrojovka Brno: von Namensstreit bis Spielunterbrechung

Wie schon mehrfach berichtet, gibt es in Prag einen kuriosen Streit um die Verwendung des Vereinsnamens Bohemians Praha sowie des Känguruhs als Wappentier (die Fans nennen sich daher auch „Klokani“ – Känguruhs). Als der Traditionsverein Bohemians Praha 2004/05 Insolvenz anmelden musste, wurden diese Rechte an den damaligen Drittligisten FC Strizkov Praha 9 übergeben, die Fans blieben aber ihrem alten Club treu und retteten ihn mittels Spenden, im Ergebnis stand dort der Name Bohemians 1905. Strizkovs Lizenzvertrag lief aus, doch der Verein, bei dem aktuell auch in Liga 2 nur wenige hundert Anwohner gemütlich Fußball schauen, klammerte sich weiterhin an Logo und den Namen Bohemians Praha.

Im Hintergrund stand dabei neben einer gewissen Portion Stolz auch die Transfersumme für den für 50 Mio. Kronen (aktuell 1,8 Mio. Euro) zum FC Schalke 04 gewechselten Jan Moravek (mittlerweile in Augsburg). Die Knappen halten die Überweisung noch immer zurück, da sie nicht wissen, an welchen „Bohemians“ Club sie denn nun gehen soll.

Der Streit schwelte über mehrere Jahre, es gab Eskapaden und Anfeindungen, Gerichtsprozesse aber keine Lösung. Die ist aber jetzt nach langen Diskussionen über einen anderen Weg in Sicht: an dem Spiel beteiligt ist nämlich auch noch Michal Vejsada, dem bis vor Kurzem noch 100 Prozent der Aktien der ursprünglichen Bohemians gehörten (und der ein drittes Bohemians gründete...). Dieser hatte auch mehrere Klagen initiiert, mit denen versuchte, Geld für die Gläubiger des insolventen Clubs einzutreiben, aber auch die Rechtmäßigkeit von Bohemians 1905 anzuzweifeln. Für 20 Millionen Kronen (ca. 730.000 Euro) gab er jetzt aber Ruhe und übertrug seine Anteile im November an den tschechischen Fußballverband, der sie dann an Bohemians 1905 übergeben wird. Damit ist 1905 jetzt auch rechtlich der offizielle Nachfolger der echten Bohemians. Das Geflecht ist also aufgelöst und Schalke kann damit die Transfersumme für Jan Moravek endlich an 1905 überweisen.

Der Namensstreit mit dem Club aus Strizkov ist damit zwar noch nicht ganz beseitigt, aber der Verband wird dieses Mal wohl etwas bestimmter durchgreifen und sicherstellen, dass es bald nur noch einen Verein mit dem Namen Bohemians Praha gibt. Und auch wenn dieser Deal mit Michal Vejsada nicht bei allen Fans auf Zustimmung stößt, sind viele jetzt einfach froh, das Thema nach über acht Jahren abhaken und sich auf die sportliche Entwicklung konzentrieren zu können.

Brno mit Kategorie C beim Spiel

Und da sieht es momentan nicht optimal für die Känguruhs in grün-weiß aus. Nach den Ergebnissen des aktuellen Spieltages rutschte der Aufsteiger wieder auf einen Abstiegsplatz und auch der Gast aus dem 200 km südöstlich von Prag gelegenen Brno steht nicht viel besser da – Abstiegsduell also vor 3.754 Zuschauern.

Darunter waren auch etwa 150 Gästefans, von denen man getrost etwa 80 Prozent der Kategorie C zuschreiben könnte. Es gab zwar einige Gesänge, aber auffällig wurde die Truppe nur durch Provokationen (die auch schon tagsüber in der Stadt begannen): in Halbzeit eins wurden Sitze angezündet, in Halbzeit zwei ausgiebig Bohemians Schals verbrannt. Selbst ein Ball, der aus dem Spielfeld flog, wurde nicht verschont. Einige Minuten nach Wiederanpfiff leerte sich der Gästeblock plötzlich ruckartig, etwas später rannten alle wieder zurück, von der Polizei gedrängt. Blaulicht schimmerte verstärkt aus der Ecke. Ein geplanter Ausflug erlebnisorientierter Besucher? Nein, vermutlich war es eher spontan, denn anscheinend hatten sich einige verfeindete Sparta-Fans lautstark draußen in Gästeblocknähe bemerkbar gemacht. Wenn man an einem Sonntagabend sonst nichts besseres zu tun hat...

Da aber nun auch die Klokani aus ihrem Support-Schlaf der ersten Hälfte erwachten und nicht nur deutlich intensiver sangen sondern auch diverse pyrotechnische Erzeugnisse bzw. Rauchbomben abbrannten, unterbrach der Schiedsrichter das Spiel in Minute 66 für eine knappe Viertelstunde. Vorausgegangen war dem übrigens der Ausgleichstreffer der Heimmannschaft per Elfmeter. Brno war in Halbzeit eins per Zufallsangriff in Führung gegangen, viel Qualität war auf dem Rasen nicht zu sehen, auch wenn sich die grün-weißen als Heimmannschaft etwas mehr bemühten.

Die Situation schien sich zu beruhigen, die Gäste montierten ihre Zaunfahnen ab und verließen den Block in Scharen. Übrig blieben eben jene anderen 20% die Interesse am Geschehen auf dem Rasen zeigten. Als die Spieler wieder brav in Formation auf dem Spielfeld aufgereiht standen, zündeten die Bohemians Fans noch eine Rauchbombe – wohl um zu zeigen wer hier das letzte Wort spricht. Der Schiedsrichter ließ schließlich aber trotzdem weiterspielen.

Man könnte meinen, das eine solche Situation einen Bruch im Spiel verursacht, hier ging es aber weiter wie bisher, denn der Ball wurde zuvor ja auch nicht sonderlich elegant durch die Reihen gepasst. Bohemians erhöhte noch einmal den Druck, Brno mauerte, konterte und schindete Zeit. Tore fielen keine mehr. Da Brno einen Punkt mehr auf dem Konto hat, steht das Team jetzt ein klein wenig weiter oben, während 1905 zum Jahreswechsel am Tabellenende verbleibt (das war der letzte Spieltag vor der Winterpause). Unten ist aber alles sehr eng, daher hilft das Remis am Ende keinem und hinterlässt das Spiel insgesamt einen schalen grauen Nachgeschmack.

Farbenfroh war einzig die Choreographie der Bohemians zu Beginn der zweiten Halbzeit: im typischen Stil wurde auf durchsichtige Folie gemalt, dieses Mal ein Känguruh mit Baby im Beutel, zwischen einem Weihnachtsbaum und Geschenken. Unterlegt mit ein paar Bengalos mutete es recht festlich an, die Botschaft lautete: „Frohe grün-weiße Weihnachten.“ In diesem Sinne.

Fotos: Felix Natschinski

> zur turus-Fotostrecke: Fußball in Tschechien

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