Polizeieinsatz

An Hässlichkeit kaum zu überbieten: Polizeieinsatz bei FC Schalke 04 vs. PAOK Saloniki

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PolizeiEin Banner der Ultras „Komiti Skopje“ des mazedonischen Vereins Vardar Skopje als Grund für einen überaus abscheulichen Polizeieinsatz? Als TV-Zuschauer dachte man, dies sei ein Witz. Hinein stürmende Hundertschaften, Knüppeleinsatz und Pfefferspray? Das musste doch einen gravierenden Grund gehabt haben?! Hatte der Polizeieinsatz jedoch nicht. In der Tat war das rot-gelbe Stück Stoff der Grund für solch eine abscheuliche polizeiliche Aktion, bei der hunderte Unbeteiligte betroffen waren. Davon ganz abgesehen, gab es ja keine „Beteiligte“, denn dass eine Fahne von befreundeten Ultras der Grund für solch eine Maßnahme sein kann, ist schließlich kaum zu fassen.

Glücklicherweise gibt es heutzutage zahlreiche Zeugen, die mit ihren eigenen Kameras solche Aktionen von sämtlichen Seiten aus aufzeichnen und der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Denn würde man sich nur auf ein paar TV-Bilder und die Pressemitteilung der Polizei verlassen, wäre der Eindruck – nun ja – ein völlig anderer. Das was veröffentliche Videos zeigen: Draußen postierte sich die Polizei, rückte dann in die Schalker Fankurve vor und ging dort „ihrer Arbeit“ nach. Ja, man könnte durchaus meinen, man schaue sich Filmsequenzen aus Brasilien oder der Türkei an. Schmerzfrei wurde das Pfefferspray in die Menge gesprüht. Eine Möglichkeit des Rückzuges gab es für die Fußballfans nicht. Wohin auch? Der Gang war komplett belegt von den behelmten Einsatzkräften. Kein Wunder also, dass es zahlreichen Sanitätern erst nach einigen Minuten gelang, zu den Betroffenen zu gelangen, um diese zu versorgen. Wer einmal in seinem Leben, solch einen Strahl ins Gesicht bekommen hatte, weiß sehr wohl, wovon hierbei gesprochen wird.

Schalke 04In ungewohnt scharfer Form verurteilt der FC Schalke 04 diesen Polizeieinsatz, der nicht mit den Verantwortlichen des Vereins abgestimmt war. So heißt es in der heutigen Stellungnahme: „Dieser Einsatz war völlig unverhältnismäßig. Wir können dies absolut nicht gutheißen und bringen dafür nicht das geringste Verständnis auf“, verurteilte Vorstandsmitglied Peter Peters das Vorgehen. „Wir sehen daher dringend Gesprächsbedarf. Dieser Vorfall muss unbedingt aufgearbeitet werden.“

Keiner Schuld bewusst ist sich die Polizei Gelsenkirchen. Beim Lesen der aktuellen Pressemitteilung biegen sich gewiss manch einem die Fußnägel nach oben. Anlass des Einsatzes war wohl die Aussage eine griechischen Polizeibeamten, der den von den Ultras Gelsenkirchen angebrachten Banner als volksverhetzend bezeichnete. So hatten sich die anwesenden Anhänger des PAOK Saloniki als „Volksgruppe erheblich beleidigt und verunglimpft“ gefühlt. Nach Angaben der Polizei hatten die rund 2.000 Gästefans zudem mit Blocksturm und Spielabbruch gedroht. Und da die Ultras GE das Banner freiwillig nicht abhängen wollten, mussten halt die Polizisten in den Block hinein. Auf Becherwürfe und Schläge mussten sich die polizeilichen Einsatzkräfte massiv mit Pfefferspray und Schlagstock zur Wehr setzen. Soweit zur Stellungnahme. Massiv – dieser Begriff sagt einiges aus.

PAOKDas muss man sich mal vorstellen. Ein griechischer Polizist gibt in einem deutschen Stadion die Empfehlung, in den Heimblock zu marschieren, um ein Banner einzuziehen. Wenn das in Mode kommen würde. Deutsche szenekundige Beamte würden bei einem Auswärtsspiel in Athen, Piräus oder Saloniki das gleiche tun?! Die griechische Polizei würde sich da wohl nicht reinreden lassen. Und ach ja: Beleidigt gefühlte PAOK-Fans? Griechische Fans sind bekanntlich keine Kinder von Traurigkeit. Provokation unter der Gürtellinie gehören zum Alltag und müssen an dieser Stelle auch nicht weiter kritisiert werden. Dass es gestern im Gästeblock auf Schalke zum Einsatz von Pyrotechnik kam und ebenso beleidigende Banner gezeigt wurden – nun ja, das sind die hässlichen Randerscheinungen von zahlreichen Europapokalspielen. Doch wäre die deutsche Polizei in den griechischen Block marschiert und hätte dort munter drauf losgeprügelt und Tränengas verteilt? Wohl eher nicht. Solch eine Aktion hätte wohl zu weiteren diplomatischen Spannungen zwischen Berlin und Athen geführt!

Also dann doch lieber in den Heimblock, denn die heimischen Fußballfans / Ultras haben in weiten Kreisen der deutschen Politik eh keine Lobby. Da genügt dann ein mazedonisches Banner, um die Knüppel zum Schwingen zu bringen. Dass im Bereich der Ultras GE ein Banner der befreundeten „Komiti Skopje“ hängen würde, war im Vorfeld zu erwarten. Und somit konnte sich die Polizei Gelsenkirchen auf diesen Einsatz vorbereiten. Das scheinbar seelenruhige, routinierte Sich-Sammeln und Einmarschieren sprechen dafür.

MazedonienZurück zur Volksverhetzung. Zu sehen war auf der besagten roten Fahne ein gelber Stern. Genauer gesagt der „Stern von Vergina“, welcher das Emblem der makedonischen Königsdynastie zur Zeit Philipps II. und Alexander des Großen war. Diese Variante des sechzehnstrahligen Sonnensymbols wird auch auf der inoffiziellen Flagge der griechischen Region Makedonien verwendet. Zudem zierte dieser Stern die mazedonische Flagge im Zeitraum von 1992 bis 1995. Nach Protesten von Seiten Griechenlandes hatte Mazedonien die Flagge geändert. Zu sehen ist nun die markante achtstrahlige Sonne. Ganz gewiss ist der Konflikt zwischen Griechenland und Mazedonien, der bis ins Altertum zurückführt, eine heiße Angelegenheit. Doch ist dies Sache der deutschen Polizei? Ein ausreichender Grund, um wehrlose Fußballfans zu verletzen?

Nein, das Ganze ist eine Farce. Denn wo würden die Grenzen liegen? Was ist als Provokation zumutbar? Ab wann müsste in Fanblöcken „eingeritten“ werden? Ein Rostock-Fan meinte mit einem Schmunzeln: „Am Samstag die Vorpommern-Fahne zuhause lassen! Nicht dass die Bul*** mich aus dem Block prügeln, weil sie meinen, dass das Volksverhetzung gegenüber den Mecklenburgern sei!“ Klingt lächerlich. Mag sein. Doch der Grund für diesen verheerenden Polizeieinsatz auf Schalke war dies auch!

Ergänzung:

Auf 89.7 radio emscher lippe ist ein ungeschnittenes Interview mit der Pressesprecherin der Polizei Gelsenkirchen zu hören. Auf die Frage des Radiomoderators, was denn genau volksverhetzend war (schließlich sei Mazedonien ein von der UN anerkannter Staat), antwortete sie: "Dazu kann ich Ihnen jetzt ehrlich nichts sagen..."

Fotos: tr-fotos.de

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Inhalt über Klub(s):
Artikel wurde veröffentlicht am
22 August 2013

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