Dolce Vita in Italien: Von Pisa über Cesena nach Mailand

Dolce Vita in Italien: Von Pisa über Cesena nach Mailand

Nach langer und präziser Vorarbeit war es nun endlich soweit. Nach über fünf Jahren habe ich es mit Begleitung mal wieder nach Italien geschafft und versuchte hierbei so gut wie alles abzugrasen. Von der Champions League bis über die Serie B zur Juniores Regionales U19. Dass sich nur wenige Tage vor Ankunft in Pisa natürlich wieder einige kleine Hürden aufzeigen würden, war zu erwarten. Viel zu willkürlich sind die Entscheidungen der Vereine, der Polizei oder auch des Verbandes bei der Vergabe von Tickets oder Blocksperren. Dies führte dazu, dass mein heiß ersehntes Derby zwischen Perugia und Terni leider in letzter Sekunde ins Wasser fiel, da der Heimverein ausschließlich auf den stationären Ticketverkauf vor Ort beharrte und ich natürlich niemanden kenne, der in der Nähe von Perugia lebt. 

Leider konnte uns auch die Inhaberin unseres Apartments nicht weiterhelfen, da sie verständlicherweise keine Lust hatte sich für uns in meterlangen Schlangen einzureihen. Knapp einen Tag vor Spielbeginn folgte die bittere Nachricht des ausverkauften Stadions, welches aufgrund einer komplett gesperrten Tribüne nicht mal ansatzweise an ihr eigentliches Fassungsvermögen herankam.

Bereits wenige Tage zuvor schlitterte ein bekannter Fan aus Rom in meine DMs und hinterließ mir die Botschaft, dass nun auch noch der komplette Gästeblock der "Laziali" in Salerno leer bleiben muss. Behördliche Anordnung. Zumindest hier hätte ich mich bereits vorher etwas besser informieren können, denn bereits bei den letzten Aufeinandertreffen blieben die Auswärtssektoren verwaist. Glücklicherweise hatten wir für diese Partie noch keine Tickets erworben und konnten noch rechtzeitig die Unterkunft stornieren. Einzig und alleine unsere Zug- und Flugtickets wurden bezahlt, aber nicht genutzt.

Die Stimmung bei der Ankunft in Pisa war dennoch grundsolide. Ein gemütlicher Non-Stop-Flug vom BER zur Mittagszeit. Was willst du mehr? Die Unterkunft in Pisa wusste  zu gefallen, die touristischen Gänge in der Stadt wurden auch erledigt und nach Einbruch der Dunkelheit begaben wir uns auf den Weg zum Stadion. Die heimischen Kurve, sowie die Gegengerade waren restlos ausverkauft und auch im Block des FC Venedig fanden sich rund 200 Schlachtenbummler ein. Die Stimmung im altehrwürdigen Stadion wurden wohlwollend und zufriedenstellend von uns abgesegnet und auch die Pyro-Dichte war erstaunlich hoch. Die Ultraszene des Pisa SC hatte in Gedenken an eine mir unbekannte Person noch ein Spruchband ausgerollt und dieses mit organisiert abgelegten Strobo-Lichtern untermalt. We Like!

Auf dem Feld entwickelte sich indes eine sehr kuriose Partie. Die Gäste aus Venedig gingen mit einem wunderschönen Tor in Führung und hätten diese durch den ehemaligen Bundesliga-Legionär Pohjanpalo auch ausbauen können. Der Finne konnte seinen Elfmeter zwar verwandeln, bekam nach langer Recherche des Videoassistenten allerdings einen Freistoß gegen sich ausgesprochen. Wir wissen bis dato nicht warum dies so geschehen ist, aber mutmaßlich hat er sich beim Schussversuch selber angeschossen.

In einer sehr kartenreichen Partie musste der Gastgeber in der zweiten Hälfte einen Gang nach oben schalten und meisterte dieses Vorhaben auch mit etwas Glück. Denn auch Pisa bekam einen Elfmeter zugesprochen, welcher zwar verschossen wurde, aber nach Eingriff des VAR wiederholt werden musste. Der zweite Versuch landete im Netz und besorgte somit frühzeitig den Endstand. Pisa bleibt somit weiterhin auf den heiß begehrten Play-Off-Rängen für die Serie A.

Über den zweiten Tag muss man tatsächlich gar nicht so viele Worte verlieren, denn es gab einfach keine nennenswerten Alternativen für die Partie in Perugia. So schlenderten wir mit Sack und Pack mehrere hunderte Höhenmeter bis in die Altstadt und gönnten unsere eine Partie der U19-Nachwuchsliga. Beim PGS Don Bosco, ein Verein welcher offenbar direkt mit der Nachwuchsakademie des AC Milan verbunden ist, entdeckten wir einen kleinen aber echt schönen Fußballplatz mit angenehmer Atmosphäre und Blick über Teile der Stadt. Nix spektakuläres, im Vereinsheim wurde Becks aus der Flasche serviert und das Spiel endete 4:0 für den Gastgeber.

Am Folgetag dann eine der schwierigsten Entscheidungen der Tour, denn aufgrund der Situation auf den Zuschauerrängen entschieden wir uns gegen die Partie in Salerno und tauschten kurzerhand die Himmelsrichtungen und Ländergrenzen. Anstelle des Südens, wurde der Norden oder Osten (gibt es sowas in Italien überhaupt?) des Landes angesteuert und über Rimini landeten wir nur wenige Stunden nach Abfahrt in Perugia in San Marino. Selbsterklärend ein neuer Länderpunkt für die Sammlung. Den Hotspot des Landes erreicht man ziemlich simpel mit einem der relativ regelmäßig fahrenden Shuttle am Hotel Napoleon in Rimini. Dieser fährt in knapp 45 Minuten alle möglichen Destinationen ab und hält bei Anfrage auch an Kreisverkehren oder anderen seltsamen Orten an. Die Tickets für erschwingliche 6 Euro gibt es im Tabakshop gegenüber des Bahnhofes oder beim Fahrer direkt (Cash Only).

An einem für uns ungewöhnlichen hohen Ort erhaschten wir einen atemberaubenden Blick über die schöne uns vielseitige Landschaft des Zwergstaates. Zwischen all den Wäldern und Wiesen lagen auch immer wieder perfekte weiße Schneeschichten, die den Anblick noch schöner werden ließen.

Nach einem Einstandsbier (Titanbräu - "San Marinos Best") machten wir uns auf dem Weg zum Stadion. Der FC Libertas traf auf den amtierenden Meister Tre Fiori. Gespielt wurde in der Heimspielstätte von Tre Penne, Verpflegung und Eintritt gab es erwartungsgemäß nicht. Das Spiel entschädigte leider absolut gar nicht für den 30-minütigen Marsch den Berg hinab und den 40-minütigen Marsch bergauf. Das Spiel endete torlos. Vielleicht haben wir vom schlechtesten Fußballverband der Welt aber auch ein wenig zu viel verlangt.

Für alle Fans der "Dolce Vita" ist ein Besuch des Zwergstaates aber absolut Pflicht. Schöne alte, aber perfekt sanierte Gassen und Bauten, sehr nette Leute und angenehme Preise.

Das sportliche Highlight in meinen Augen sollte sich am Montag widerfahren. Beim Drittligatopspiel zwischen Cesena und Reggiana wurde bereits im Vorfeld viel spekuliert und gemunkelt. Spoiler - Wir wurden nicht enttäuscht. Etwas mehr als 17.000 Zuschauer, davon exakt 2.715 Gästefans im Gästebereich, sowie geschätzte 200 im Heimbereich ließen das Stadio Dino Manuzzi zu einem wahren Hexenkessel umfunktionieren.

Cesena nutzte das volle Haus, um eine Choreo über beinahe das komplette Stadion auf die Beine zu stellen. Leider konnte ich die Message aufgrund unserer Lage nicht komplett deuten, aber die silbernen Glitzerfetzen sowie die Strobolichter bleiben in Erinnerung. Im extrem gut aufgelegten Gästeblock hingegen "begnügte" man sich mit einer langgezogenen Blockfahne zur Huldigung ihrer Heimat und zündete darunter ein paar wenige Breslauer. Überraschenderweise bildete sich im heimischen Unterrang unter uns auch noch ein echt stabiler Haufen älterer Herrschaften, die das ganze Spiel über gut einheizten. Ohne Megaphon, ohne Fahnen, ohne Schals - Einfach ganz Oldschool. Respekt dafür. 

In meinen Augen gewann Reggiana nicht nur auf dem Feld (unverdient), sondern auch auf den Rängen. Die Jungs aus Reggio Emilia zogen 90 Minuten lautstark durch und hatten eine bemerkenswert hohe Mitmachquote. Ohne übertreiben zu wollen ist das bisher einer meiner Top-5-Auftritte einer Fanszene, die ich jemals live erleben durfte. Sogar beim Schreiben dieser Zeilen komme ich noch ins Schwärmen. Interessant sei hierbei noch erwähnt, dass die aktive Szene von Cesena eine Freundschaft zum VfB Stuttgart pflegt, ob und wie viele Leute von Commando Canstatt und Co nun wirklich vor Ort waren, lässt sich aber nur sehr schwer sagen.

Nach einem entspannten Ruhetag am Gardasee, den wir uns auch wirklich verdient hatten, gab es noch eine letzte Partie auf italienischem Boden. Inter Mailand hatte den FC Porto zu Gast. 4.500 Gäste kündigten sich im Vorfeld der Partie an und konnten supporttechnisch auch überzeugen. Zumindest für portugiesische Verhältnisse. In der eher unschönen Stadt traf man auch mehrere Portugiesen an, aber leider hatten wir keinerlei Informationen über mögliche Treffpunkte und so pilgerten auch wir von Pizzeria zu Pizzeria.

59 Euro kosteten unsere Tickets und diese waren somit fast die billigsten, die auf dem freien Markt noch zur Verfügung standen. Unsere Kollegen, die erst in Mailand zur Tour hinzustießen, legten mal eben 139 Euro hin. Wäre mir ehrlich gesagt zu teuer, aber muss ja jeder für sich entscheiden. Ich habe sogar bei 59 Euro schon mit mir gehadert, aber das San Siro ist einfach so wundervoll, dass man es sich auch gut und gerne ein zweites Mal anschauen kann. Das einzig Unangenehme waren die Zuschauermassen vor den Eingängen zum Stadion. Dafür bin ich einfach nicht gemacht.

Im Stadion gab es keinerlei alkoholische Getränke, Verpflegungsstände habe ich in der Nähe unserer Platzes aber eh nicht gefunden und so konnten wir unsere uneingeschränkte Konzentration der Partie widmen, die schon ziemlich fad war. Ohne den guten Support und die lauten Klatscheinlagen bei jeder gelungenen Aktion wären mir wohl ab und zu die Augen zugefallen.

Glücklicherweise hat die Stadt das Verkehrschaos nach Beendigung der Partie offenbar gelöst bekommen und so gelangten wir relativ zügig auch wieder im Bahnhofsviertel, um die letzten wenigen Stunden Schlaf vor dem Abflug nach Cluj zu erhaschen.

Romania - Coming Soon!

Bericht & Fotos: "schwarze_natascha" (externer Link zu Instagram)

> zur turus-Fotostrecke: Fußball in Italien

 

Artikel wurde veröffentlicht am
24 Februar 2023

Benutzer-Kommentare

5 Kommentare
Hast du schon ein Konto?
Datenschutz
Durch das Anhaken der folgenden Checkbox und des Buttons "Absenden" erlaube ich turus.net die Speicherung meiner oben eingegeben Daten:
Um eine Übersicht über die Kommentare / Bewertungen zu erhalten und Missbrauch zu vermeiden wird auf turus.net der Inhalt der Felder "Name", "Titel" "Kommentartext" (alles keine Pflichtfelder / also nur wenn angegeben), die Bewertung sowie Deine IP-Adresse und Zeitstempel Deines Kommentars gespeichert. Du kannst die Speicherung Deines Kommentars jederzeit widerrufen. Schreibe uns einfach eine E-Mail: "kommentar / at / turus.net". Mehr Informationen welche personenbezogenen Daten gespeichert werden, findest Du in unserer Datenschutzerklärung.
Ich stimme der Speicherung meiner personenbezogenen Daten zu:
Kommentare
G
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 0 0
Schade mit dem Regenschirmderby, hatten wir auch auf dem Zettel aber irgendwie kann man auch verstehen, dass Perugia keine paar hundert hopper dabei haben wollte :)

Zu gefallen wusste in Pisa auch ein Fast-Rentner von Venezia, der sich beim an die Plexiglasscheibe kloppen den Fuss zerstört, und die halbe Gradinate amüsiert hat :)

P.S.: Kein CC97 in Cesena
DV
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 1 0
G
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 1 0
G
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 2 0
G
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 3 0