Wie der Wind auch weht: Alte LT-Club-Zeiten und 30 Jahre ‚Viecher‘

Wie der Wind auch weht: Alte LT-Club-Zeiten und 30 Jahre ‚Viecher‘

„Wie der Wind auch weht, wie die Dünung geht, unsere Kogge liegt gut in der See. F F F C H - F.C. Hansa ohe.“ Jut, dann dann wollen wir mal! Wir schrieben den 20. Juni 1998, als ich zur praktischen Prüfung zum Sportboot-Führerschein See ran musste. Während bei der Fußball-WM 98 an jenem Tag Kroatien die Japaner mit 1:0 schlug - beim Namen Davor Suker werden den deutschen Fußballfreunden gleich die Ohren wackeln -, musste ich im Motorboot paar Manöver im Hafenbecken fahren und hübsch parallel am Steg anlegen. Gebongt! Der grüne Lappen war meiner.

Später am Abend konnten wir vier vom Segelprojekt wieder hübsch um die Häuser ziehen. Um die Häuser der Hansestadt Rostock, in der sich unser Projektleiter Arne - auch Meister genannt - Dank seines dort absolvierten Studiums dufte auskannte. Volles Ballett. Die große Runde. Ich wusste immer gar nicht, wo genau wir überhaupt waren. Welche Mucke läuft wo?! Ab in den alten LT-Club, in den ST-Club und zum Absacken noch hübsch in den Studentenkeller. Fläschchen Bier in der Hand, (versucht) lässig an einer Säule gelehnt. Was geht?!

Krasses Ding. Der alte LT-Club startete einst im Jahre 1974 in der ehemaligen Essensausgabe der Universität Rostock als kleiner Fetenraum. „Club der Landtechniker“. Später wurde eine richtige Diskothek draus. Mit Terrasse, die zu fetzen wusste. Im Juni 1994 kam der Bierkeller mit dem Namen „Fuchsbau“ hinzu. In diesem ließen wir vier, die eigentlich nach Sydney schippern wollten, uns sicherlich auch öfters nieder. Es war damals Mitte / Ende der 90er ein stetes Hin und Her. Bootsbau in der Scheune vor den Toren Berlins, Segelkurse, Übungstörns auf der See und Theoriekurse in Rostock / Warnemünde, abends dann schön von A nach B und den Techno-Klängen gelauscht.

„Mann über Bord! Backbord!“ Der Prüfer warf lässig einen Rettungsring hinten ins Wasser, und man musste als Prüfling am Ruder fix die richtigen Kommandos geben und das passende Manöver ausüben. Wehe der Bug des Segelbootes hätte dabei den Rettungsring berührt. Dann wäre Ritze gewesen in Sachen BR-Segelschein. Während wir am Vormittag des 25. September 1998 alle vier auf der Ostsee vor dem Hafen von Warnemünde das Ganze mit Bravour meisterten - danach ging es mit Segellehrer Hansi erst mal schön im „Seehund“ saufen -, geriet der F.C. Hansa Rostock am Abend jenes Tages im Hamburger Volksparkstadion mit 0:1 unter die Räder. Mit Abder Ramdane und Igor Pamic mussten gleich zwei Hansa-Spieler mit Rot bzw. Gelb-Rot vom Platz. Egal, am letzten Spieltag der Saison 1998/99 ging in Bochum alles gut - für Gänsehaut und tausende Freudentränen wurde gesorgt.

Fast ein Vierteljahrhundert später. Samstagabend am Warnowufer. Im M.A.U Club, der sich seit 1996 in der dortigen Halle befindet, luden die „Viecher“ zum 30. Geburtstag. Gegen halb sieben wurde stilecht mit dem Hansa-Bus vorgefahren, und bei permanentem Nieselregen gab es ein angemessenes Gruppenfoto vor dem Eingang des Clubs. 30 Jahre! Wir schrieben den 9. Januar 1993, als der F.C. Hansa Rostock beim Hallenturnier in Hannover vorzeitig ausgeschieden war und ein paar Hansa-Fans beschlossen, spontan zum Handball-Abendspiel des HC Empor Rostock in Fredenbeck zu fahren. Nach der aus Rostocker Sicht verloren gegangenen Partie gründeten Rosti, Schillus, Mike und Heiko Neubert (bekannt von seinem Fanzine / zwei späteren Büchern Fankogge) den Sportfanclub „1.RSFC Viecher Rostock“.

Mit ins Boot kamen Mitglieder von Nautilus, Man Tau, Immerstraff und Plattfoet, die nicht nur zu den Fußballspielen, sondern auch zum Handball und Eishockey pilgerten. Logisch, dass etliche Viecher nun bereits ein wenig in die Jahre gekommen sind, doch sind inzwischen auch ein paar jüngere Semester am Start. Im M.A.U Club konnten im Zuge der Party all die verschiedenen aufgehängten Stoffe bewundert werden, die teils auf kuriosem Wege - zum Beispiel einst aus einer Schleswig-Holstein-Fahne - angefertigt wurden, viele Geschichten zu erzählen haben und mitunter bei Regen gefühlt tonnenschwer wurden / werden.

Ausgelegt wurden in einer Couchecke zahlreiche A4-Fotos aus vergangenen Zeiten, an einer Wand aufgehängte Kopien von Zeitungsartikeln und Berichten ergänzten das Ganze. Krawall im zum LT-Club gehörigen Fuchsbau auf einer Party der Viecher. Lang, lang ist’s her. Irgendeiner soll damals mit einer Übungsgranate und anderem Pyro-Zeugs hantiert haben. Stark war auch ein Foto in einem Zeitungsbericht, auf dem zu sehen ist, wie dänische Polizisten einen Rostocker auf den Boden gelegt haben. Ein Bein wurde dabei angewinkelt und gleich mit unter die Handschellen geschoben. Junge, Junge, da konnte echt das Kopfkino angehen.

Was das Programm betraf, so gab es bis zirka ein Uhr nachts drei Bands zu hören, wobei sich hierbei gut gesteigert wurde. Die dritte schwarz maskierte Band schoss wahrlich den Vogel ab und brachte den Saal zum Kochen. Schubsen, Pogen, erhobene Arme, geschwungene Tanzbeine und teils auch arg geprellte Rippen. „Wie der Wind auch weht, wie die Dünung geht, unsere Kogge liegt gut in der See. F F F C H - F..C Hansa ohe!“ Gänsehaut und Emotionen pur. 

Ich sog die Atmosphäre auf, schloss kurz die Augen und ließ mein teils wahrlich nicht gradliniges Leben Revue passieren. Ja, endlich liegt alles gut in der See! Teils heftige Stürme gab es in der Vergangenheit genug. Ich dachte an die Nächte in all den Clubs Ende der 90er, an meine ersten Hansa-Spiele in den frühen 90ern, an den Schiffbruch am 6. November 1999, an all die Hansa-Spiele im zurückliegenden Jahrzehnt. Dolles Ding! Na dann man tau auf die kommenden Jahre! Tausend Dank an dieser Stelle für alles!

Fotos: Heiko Neubert, Marco Bertram

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18 Januar 2023

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