Ein „spartanischer“ sonniger Fußballtag mit schrägem Sonnenlicht

Ein „spartanischer“ sommerlicher Fußballtag mit schrägem Sonnenlicht

Raus aus der Koje und paar Eier und zwei Kiełbasa Śląska auf die Pfanne gehauen. Dazu polnisches Brot und ebenso polnische Pierogi mit Quark-Heidelbeer-Füllung. Gut gestärkt ging es zum Sportplatz Fischerstraße, wo wir gleich zwei Partien des SV Sparta Lichtenberg 1911 sehen wollten. Von uns aus ist es nur ein Katzensprung, und da zudem bei der ersten Partie um 11:45 Uhr der FC Polonia Berlin antrat, war dies gleich ein doppelter Grund, dort vorbeizuschauen. 

Am Nöldnerplatz wurden bei einem Imbiss, der bereits in den 90ern für seinen Döner stadtweit bekannt war, noch rasch ein Kaffee geordert und zwei Kaltgetränke gebunkert. Mit Milch? Ja bitte. Die hineingegossene Milch erwies sich später als Spurenelement, demzufolge durfte der große Sohnemann noch einen ordentlichen Schub von seiner Vanillemilch in meine heiße Brühe gießen. Voilà, das schmeckte mit einem Hieb plötzlich nach einem Latte Vanille dolce gusto sonstewas für 4 Euro paar Zerquetschte vom Rosenthaler Platz.

 

Dazu der herrliche Sonnenschein! Herrlich! Kaum angekommen auf der Sportanlage, konnte sich gleich entblättert werden. Was für eine Wärme! Der Sommer ist wieder da! Ich hätte es Hansa-Sparta-Dirk gleich tun und gleich in kurzer Hose erscheinen sollen. Es fühlte sich nicht nur sonnig herbstlich, sondern wirklich sommerlich an. Die Kombination aus Wärme, Uhrzeit und arg schräg stehender Sonne konnte jedoch von Körper und Geist nicht recht verarbeitet werden. Es war gleich high noon, doch die Sonne stand wie im Sommer gegen halb neun in der Frühe. 

 

Egal, die Sonne hübsch von hinten, stand ich im roten Poloshirt und zückte das 600-mm-Geschoss. Feuer frei! Mein Wunsch für den gestrigen Nachmittag: Ein Auswärtssieg des FC Polonia Berlin bei der Zwooten von Sparta Lichtenberg und im Anschluss ein Heimsieg der ersten Mannschaft von Sparta gegen den Berliner SC. Es konnte kurz vor 12 allerdings noch keiner ahnen, dass alles andersherum kommen würde. Der äußerst unterhaltsame Fußballnachmittag konnte beginnen.

 

Für Polonia Berlin war es in der Staffel 4 der Kreisliga A quasi der letzte Versuch, noch einmal richtig an die Plätze zwei und drei heranzukommen. Rang eins scheint eh für den FC Viktoria 1889 Berlin II reserviert zu sein. Allerdings legte sich Sparta II wie im Vorfeld erwartet gegen Polonia Berlin mächtig ins Zeug. Sparta II wirkte einfach spielerisch reifer und spritziger und ging Dank der Treffer von Joshua Lang und des Eigentores von Tomasz Piotr Rozycki mit 2:0 in Führung. Wenig später schien Atanas Marinov Katsarov in der 35. Minute bereits mit seinem Tor zum 3:0 den Deckel drauf zu machen. 

 

Allerdings erfolgte Sekunden später der Überraschungsmoment schlechthin. Unmittelbar nach Wiederanstoß zog Rafael Majewski ab und der Ball schlug unter die Latte ein. Ob er unten hinter oder vor der Linie auftraf, konnte nicht geklärt werden. Der Schiedsrichter gab den Treffer zum 1:3 und plötzlich witterte Polonia frische Morgenluft. Polonia drängte zum 2:3. doch vorerst ging es zum Pausentee in die Kabinen. Nach Wiederanpfiff verletzte sich der Sparta-Torwart Florian Thamm bei einer Parade an der Schulter und musste ausgewechselt werden. Für ihn kam Joel Krumnack ins Spiel. Nur drei Minuten später wurde er gefordert, als es nach einem Foul im Gewühl Elfmeter für Polonia Berlin gab. Tomasz Piotr Rozycki trat an und verwandelte souverän zum 2:3 aus Sicht der Gäste.

 

Würde hier noch was gehen? Gut möglich, allerdings gab es sechs Minuten später Strafstoß für Sparta II, und Barry Ousmane ließ mit dem 4:2 die Hoffnungsblasen platzen. Da ging doch nix mehr. In der 67. Minute machte Cihat Yildirim das 5:2 - dabei sollte es dann auch bleiben. Für einen ebenso im Schulterbereich verletzten Polonia-Spieler musste zudem ein Krankenwagen kommen. Beiden Verletzten an dieser Stelle gute Besserung!

 

Für uns hieß es nach der Partie sich erst einmal mit einer deftigen Rinderbratwurst und einer Waffel zu stärken. Die Sportanlage füllte sich langsam, die kommende Partie fand auf dem vorderen Rasenplatz statt. Zu Gast war nun eine Art Angstgegner des SV Sparta Lichtenberg 1911. Der Berliner SC gab seine Visitenkarte ab und wollte dem ungeschlagenen Tabellenführer die erste Saisonniederlage bescheren. 

 

Anpfiff 14:30 Uhr. Logisch, dass die Sonne noch immer ziemlich schräg stand. Schon bald befand sich eine Seite sogar im Schatten. Fühlte es sich zwei, drei Stunden zuvor noch wie im Sommer in aller Frühe an, so schlug das Ganze mit einem Mal um. Frühe Abendstunden an einem lauen Sommertag. Für das innere Zeitgefühl war das Ganze komplett surreal, zumal auch noch die eine Stunde Zeitverschiebung dazu kam. Ich fühlte mich wie im totalen Jetlag und starrte auf die Schlappen bei meinem Nebenmann. Ende Oktober - ist das verrückt. Dabei konnte man im September phasenweise bereits denken, der Winter stünde kurz bevor und würde hier alles gnadenlos zusammenbrechen lassen. Komme was wolle, Energie konnte am vergangenen Wochenende genug getankt werden.

 

Reichlich Energie hatten auch die Spieler des Berliner SC, zudem zeigte der Akkustand bei beiden Trainerbänken 100 Prozent an. Holla die Waldfeh! In einer Tour wurden die Spieler angepeitscht und die Entscheidungen kommentiert. Auf Heimseite sah ich bereits den Platzverweis für den Trainer nahen, doch nahm dieser sich nach der Pause merklich zurück. Auf dem Rasen wollte am gestrigen Abend, äh Nachmittag nicht allzu viel gelingen. Kurz vor der Pause machte Fin Luc Amon Hendel das 1:0 für den Berliner SC klar. Kollektives freudiges Ausrasten bei den Gästen.

 

Alles oder nichts bei Sparta Lichtenberg in Halbzeit zwei?! Versucht wurde gewiss einiges und es ging auf beiden Seiten gut zur Sache, doch der Ausgleich wollte nicht fallen. 42 Tore in zehn Spielen zuvor, doch dieses Mal stand vorn die Null. In der 88. Minute sah ein Gästespieler gleich zweimal Gelb hintereinander, weil dieser beim Auswechseln einfach zu langsam vom Platz trottete. Gemecker bei der Trainerbank? Auch dort wurde sogleich eine gelbe Karte kassiert. Zwei, drei Minuten später war dann Schluss und der Berliner SC konnte ausgiebig den 1:0-Auswärtssieg feiern.

 

Für uns ging es über Ostkreuz nach Friedrichshagen. Ferien! Solch ein Sommerabend musste einfach genutzt werden. Und wir wussten diesen zu nutzen! Am Müggelsee war noch die Bar geöffnet und schon bald wurde ein Feuer für die Gäste entfacht. Hauptthema war der krasse 2:1-Sieg des 1. FC Union Berlin gegen Borussia Mönchengladbach. Nach 0:1-Rückstand erfolgte der Ausgleich in der 79. Minute. In der 90.+7. Minute machte Danilho Doekhi noch das 2:1 klar. Krass, einfach krass. Mit ausgestreckten Beinen wurde am Feuer von den anwesenden Union-Fans noch einmal das Spiel ausgewertet. 

 

Der Müggelsee war inzwischen in Dunkelheit gehaucht, und die innere Uhr sagte: Es müsste nun Mitternacht sein. War es natürlich nicht. Ein Blick auf die Uhr: 19:30 Uhr. Einfach zu verrückt. Kein Wunder, dass an vernünftigen Schlaf in der Nacht nicht zu denken war. Aber das nahm ich gern in Kauf. Zu angenehm war es, am vergangenen Wochenende Sonne und Wärme zu tanken…

 

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: SV Sparta Lichtenberg 1911

Artikel wurde veröffentlicht am
31 Oktober 2022

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