Zeitreisen in die DDR-Oberliga: Heiko Scholz, Jürgen Bogs, Juri Schlünz & Co berichten

Zeitreisen in die DDR-Oberliga: Heiko Scholz, Dirk Heyne, Juri Schlünz & Co berichten

 
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Als die Kinder noch ganz klassisch von der Straße bzw. vom Bolzplatz geholt wurden. In seiner frühen Kindheit bolzte der spätere FCM-Torwart Dirk Heyne auf der Straße und der Wiese und hatte zunächst mit dem Vereinsfußball nix am Hut. Erst als ihn sein späterer Trainer Heinz Brauer beim Spielen sah, nahm das Ganze rasch Fahrt auf. Brauer stattete der Familie Heyne einen Besuch ab und fragte, ob Dirk nicht beim 1. FC Magdeburg trainieren möchte. Im Alter von 10 Jahren begann sein Weg als Feldspieler, erst später landete er eher durch Zufall im Tor - und blieb auch dort.

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Sein Stammplatz war ihm in der Folgezeit sicher. 30 Jahre lang würde er nun beim Fußball das Gehäuse hüten. Am 13. August 1977 hatte er seinen ersten Einsatz in der DDR-Oberliga und verlor mit seinem 1. FCM gegen den 1. FC Union Berlin mit 1:2. Nach dem Ausrutscher stand er jedes Mal im Tor und nach der Hinserie waren die Magdeburger Erster. Die Wintervorbereitung wurde trotzdem knüppelhart. Trainer Klaus Urbaczyk hatte durchgehend schlechte Laune, weil er abnehmen wollte, und schnorrte sich immer wieder Zigaretten beim Busfahrer.

Hatte jemand Mäuschen gespielt oder diese Anekdoten über sieben Ecken weitergetragen? Mitnichten. Das Ganze kommt aus erster Hand. Von Dirk Heyne persönlich. Der SGD-Fan Maik Großhäuser, der aktuell in Salzburg wohnt, hatte den einstigen FCM-Star Dirk Heyne persönlich befragt. Sieben Seiten sind zusammengekommen. Sieben Seiten von insgesamt 456 Seiten. Maik Großhäuser brachte kürzlich den Wälzer „Zeitreisen - Spieler und Trainer erinnern sich an die DDR-Oberliga“ auf den Markt. Chapeau! Knapp 50 Spieler und Trainer wurden interviewt. Die Stars und Helden seiner Jugend offenbaren im Buch ihre Geschichten von der frühen Kindheit bis zur Gegenwart und geben Einblicke in persönliche Erlebnisse, die teils unter die Haut gehen. 

 

Lasst uns sie einfach aufzählen: Christian Backs, Frank Baum, Jürgen Bogs, Uwe Bredow, Martin Busse, Matthias Döschner, Eckhardt Düwinger, Rainer Ernst, Uwe Ferl, Jürgen Heun, der eingangs erwähnte Dirk Heyne, Frank Holick, Martin Iffarth, Eberhard Janotta, Ronald Kreer, Volkmar Kuhlee, Matthias Liebers, Uwe Machold, Harald Mothes, Hans-Uwe Pilz, Jürgen Raab, Lutz Radtke, Hans Richter, Christoph Ringk, Armin Romstedt, Reinhard Rother, Bodo Rudwaleit, Jan Rziha, Juri Schlünz, Lutz Schülbe, Axel Schulz, Frank Siersleben, Dirk Stahmann, Wolfgang Steinbach, Hans-Ulrich Thomale, Thomas Töpfer, Andreas Trautmann, Andreas Wagenhaus, Jörg Weißflog, Bernd Wunderlich, Uwe Zötzsche, Stephan Pohlers, Heiko Scholz und André Sirocks. Manche Namen - wie Hans-Uwe Pilz und Matthias Liebers - kennt man noch aus den 90ern. Andere klingen nach richtig alter DDR-Zeit. Jeder wird seine eigenen Erinnerungen haben. Bei Dirk Stahmann habe ich immer eine bestimmte Reporter-Stimme im Kopf, und ja, ich war erstaunt, dass er noch bis zum 1. Mai 1994 für den 1. FC Magdeburg den Ball rollen ließ.

 

Warm ums Herz dürfte den Hansa-Fans werden, wenn sie die Seiten 308/309 öffnen. „Undenkbar, den Verein zu wechseln und Hansa zu verlassen“. Die Rede ist von Axel Schulz, der am 20. Mai 1959 in Rostock geboren wurde und 242 Spiele in der DDR-Oberliga absolviert hatte. 38-mal brachte er mit einem Tor die Fans zum jubeln. Sein Vater hatte einst großen Anteil, dass er im Alter von 8 Jahren direkt beim F.C. Hansa Rostock anfing Fußball zu spielen. Auf Seite 309 gibt es aus jener Zeit ein wunderbares schwarz-weiß-Foto zu sehen, auf dem Axel gemeinsam mit Karl-Heinz Aul, Jörg Skowranek und Michael Schulz dem damaligen Hansa-Trainer Horst Bretschneider bedächtig zuhörte. Auf der folgenden Seite ist ein Foto aus dem Jahre 1968 zu sehen. Strahlende Gesichter - die Kogge auf der Brust. Pionierpokal-Gewinner! Auf Seite 317 darf zudem begutachtet werden, wie Axel Schulz - in den Dünen stehend - heute aussieht. 

Und das ist das Dolle am Buch. Die Befragten hatten sehr häufig ihre Privatarchive geöffnet und sehr feine Fotos beigesteuert. So gibt es neben den Sportfotografien vom Platz wunderbare private Bilder aus vergangenen Zeiten zu sehen. Jörg Weißflog als vierjähriger Bub am klassischen Lederball, Reinhard Rother in der Kindermannschaft Ak 12/13 der BSG Traktor Friedland, Volkmar Kuhlee im Trikot der Traditionsmannschaft des FC Vorwärts Frankfurt (Oder) im Jahr 2020, Ronald Kreer und Hans-Uwe Pilz in Badehose am Pool auf Gran Canaria im Sommer 1985, der Spieler-Ausweis des 1. FC Lok Leipzig von Ronald Kreer im Jahre 1977, Juri Schlünz - wirklich unverkennbar - bei der Einschulung 1968.

 

Apropos Juri Schlünz. Geboren wurde er wenige Tage vor dem Mauerbau in Berlin, bereits im Alter von 3 Jahren soll er in Berlin-Pankow dem runden Leder nachgelaufen sein. 1967 ging es zurück in die Heimatstadt seiner Eltern. Sein Vater war großer Fußballfan und spielte selber bei Einheit Rostock. Es kam der Tag als Vater und Sohn nach einem Zoobesuch der Mannschaft des F.C. Hansa Rostock im Volksstadion beim Training zusahen. Ob er dort auch gern Fußball spielen wolle, wurde Juri von seinem Papa gefragt. Aber klar doch! Und somit begann Juri Schlünz bereits als kleiner Schüler seine Laufbahn beim F.C. Hansa. Bis 1996 trug er mit Stolz das Trikot des FCH und wurde zu einer lebenden Legende. Nach seiner aktiven Karriere blieb er sehr lange Zeit dem Verein in verschiedenen Funktionen treu.

Um den Bogen zu schlagen, picken wir uns noch einmal Dirk Heyne heraus. Gegen wen hatte Dirk gerne gespielt? Gegen Toni Polster - trotz seiner drei Tore gegen ihn im November 1989. Und gegen wen nicht so gern? Gegen solche Schlitzohren wie Andreas Thom vom BFC Dynamo und Rainer Jarohs von Hansa Rostock. Und ach ja, auch gegen Achim Streich hätte er nie gern gespielt. Zum Glück spielte er jedoch in seiner Mannschaft, und man konnte froh sein, dass die Tore, die er im Training gegen ihn erzielte, in keiner Statistik auftauchen… 

 

Wurde das Interesse - zurecht - geweckt? Das Buch, das kürzlich im SUMA-Eigenverlag erschien, kostet 29,90 Euro ist nur direkt beim Autor / Herausgeber Maik Großhäuser erhältlich: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Fotos: Maik Großhäuser, Ulf Lange

Artikel wurde veröffentlicht am
29 März 2022

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