Gnadenlose Fuchsjagd bei der Glühwein-Schlacht von Sparta

Gnadenlose Fuchsjagd bei der Glühwein-Schlacht von Sparta

Sonntagmorgen. Seele baumeln lassen und auf der Couch eine Doku schauen. Bing. Eine Nachricht vom größeren Sohnemann. „Papa, gehen wir einen Schneemann bau’n?“ Wat? Erschrocken sprang ich von der Couch, und mir fiel auf, dass ich noch gar keinen Blick aus dem Fenster gewagt hatte. Tatsächlich! Unten lag eine kleine zarte Schneedecke. Ein Griff zum Handy. Wird das Spitzenspiel des SV Sparta Lichtenberg gegen die Füchse Berlin Reinickendorf wie geplant um 14:30 Uhr angepfiffen? Die Antwort kam innerhalb einer Minute. Klar doch, es wird doch auf dem Kunstrasenplatz gespielt.

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Wohl denn. Kamera und Handschuhe eingepackt - und los ging’s gen Nöldnerplatz, von dem aus man nur wenige hundert Meter die Fischerstraße hochlaufen muss. Auf dem Weg zum Sportplatz darf man sich an einem Wandgemälde erfreuen. Eine typische Szenerie aus dem alte Berlin. „Tanzunterricht und Anstandslehre erteilt Fräulein Petz“. Dufte Sache. Ein Sprung weiter wuchs meine Mutter in der Rummelsburger Straße auf, später besuchten wir wöchentlich meine Großeltern und fuhren mit der Linie 8 von Waldesruh bis Friedrichsfelde. Schön im orangefarbenen Ikarus-Bus. Jedes Mal wünschte ich mir Ende der 70er / Anfang der 80er, dass einer der seltenen blau-weiß lackierten Busse kommen möge. Dies geschah jedoch sehr selten. Das schmutzige Orange war meist angesagt. 

40 Jahre später schließen sich die Kreise. Ich wohne in Berlin-Friedrichsfelde, blicke von meinem Balkon im 9. OG rüber auf die alte Schule meiner Mutter und widme mich aktuell beruflich einem Verein, der hier seit 1911 fest verwurzelt ist: SV Sparta Lichtenberg. In der laufenden Berlin-Liga-Saison spielt Sparta eine phantastische Rolle und ist ganz oben mit von der Partie. Und das, obwohl alle mit einem Durchmarsch der Füchse aus Reinickendorf gerechnet hatten. 

Bekam man vor zwei Wochen gegen den SC Charlottenburg einen 6:4-Sieg zu sehen, so wurde das Ganze am vergangenen Sonntag noch einmal getoppt! Fühlte sich das Wetter beim Spaziergang zum Sportplatz nicht allzu gemütlich an, so wurde es vor Ort heimelig. Ein separater Glühweinstand war aufgebaut. Gratis für alle Sparta-Mitglieder und Sparta-Fans. Nur beim extra Schuss sollte es eine Spende in die kleine Box geben. Gegen solch eine Spende durfte sich selbstverständlich jeder was gönnen. Und was soll man sagen? Bereits vor Anpfiff musste aufgefüllt werden, und am späteren Nachmittag ging der Rum aus. Egal, immer rein mit dem Amaretto in das heiße Getränk!

Bereitgestellt waren auch ganze Kartons mit Weihnachtsmännern. Jedes Kind, das bei Sparta spielt, durfte sich bedienen. Zudem liefen zu Beginn zahlreiche Sparta-Kids gemeinsam mit den Spielern auf den Platz. In erster Reihe durften drei Kinder den Ball und die Fahnen der Schiedsrichterassistenten tragen. Geentert wurde zudem der aufgeschüttete Lärmschutzwall. Ich befürchte, ich hatte vor zwei Wochen beim Heimspiel gegen Charlottenburg den Stein des Anstoßes gegeben, als ich von oben ein paar Fotos anfertigen wollte und drei, vier Kinder sogleich voller Freude mir gefolgt sind. Tja, nun hat Sparta Lichtenberg hinter dem Zaun einen echten Fan-Wall, auf dem die Kinder gegen die Füchse gut Alarm gemacht hatten.

Grund genug dafür gab es auch. Nach etwas über einer halben Stunde ließ Kuba Liczbanski den Knoten platzen und erzielte das 1:0 für Sparta Lichtenberg. Großer Jubel bei den rund 200 Zuschauern. Sparta war hochmotiviert und spielte über die gesamten 90 Minuten volle Pulle. Man weiß ja nicht, wann die Saison wieder abgebrochen werden könnte.

Wat man hat, dat hat man! Kurz vor der Pause lief Füchse-Torwart Selvedin Begzadic weit aus dem Tor, um einen Ball abzufangen. Ein Lichtenberger wollte den Ball über ihn rüber lupfen, und dann kam er - der Reflex. Die Arme von Begzadic gingen nach oben, und nur einen Bruchteil einer Sekunde später senkte er bereits den Kopf und winkte ab. Logisch, dass er mit Rot vom Platz musste. Max Oberschmidt kam für Ramy Hassen ins Spiel.

Richtig Alarm machte Sparta in der zweiten Halbzeit. Die Füchse wurden nun nach allen Regeln der Kunst fachgerecht zerlegt und mit Schmackes zurück in ihren Fuchsbau geschickt. In der 55. Minute machte Adrijan Antunovic das 2:0, nur zwei Minuten später erhöhte Lukas Rehbein auf 3:0. Nachdem nach einer Stunde die Füchse noch eine rote Karte wegen einer Tätlichkeit verschmerzen mussten, ging es richtig ab. Es gab kein Mitleid. Kein Pardon. Gojko Karupovic machte das 4:0, in der 82. und 84. Minute sorgte Yahya Al-Areed für einen Doppelschlag. Es hieß nun 6:0 - und es gab kein Halten mehr. Da ging sogar noch mehr. Nur die Latte verhinderte, dass es sogar 7:0 stehen würde.

Am Ende blieb es beim 6:0, der frenetisch von den Spielern, Betreuern und Zuschauern gefeiert wurde. „Sparta! Ahu!“ Das Kommen hatte sich für alle mehr als gelohnt. Kein Wunder, dass manche noch ein Stündchen am Imbissstand blieben und noch einen Glühwein oder ein Bierchen zischten. Verrückt. Die Füchse kassierten in der Fischerstraße fast genauso viele Gegentore wie in all den 14 Spielen zuvor (8). Nicht zu vergessen: Auch TUS Makkabi spielt eine enorm gute Saison und bleibt als Tabellenzweiter oben mit im Rennen. Wir sind gespannt. Fortsetzung folgt!

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: SV Sparta Lichtenberg

Artikel wurde veröffentlicht am
07 Dezember 2021
Spielergebnis:
6:0
Zuschauerzahl:
200

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