Rot-Weiss Essen ohne „Wumms“ in Wegberg: Wer aufsteigen will, muss auch auf’m dunklen Acker bestehen

Rot-Weiss Essen ohne „Wumms“ in Wegberg: Wer aufsteigen will, muss auch auf’m dunklen Acker bestehen

Ein kalter Novemberabend nahe der niederländischen Grenze. Das Auto führt uns vom hellerleuchteten Ruhrgebiet durchs finstere „Mühlenbach- und Knippertzbachtal“. Menschenleer schwach beleuchtet sind die Straßen. Nur hier und da blitzt es blau durch den „Schwalmbruch“ von den Autos der Polizeiautos, ein Zeichen dass man richtig ist. Irgendwann nach einer Kurve tauchen dann vier schwach leuchtende Flutlichtmasten auf: Das idyllische Waldstadion in Wegberg im Straßendreieck Kiefernweg, Tannenweg, Buchenhain. Da ist sie wieder die dörfliche Atmosphäre der Regionalliga West.

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Zwei Wochen zuvor spielte Rot-Weiss Essen knapp zehn Kilometer weiter im knapp 60.000 Zuschauer fassenden Borussia Park gegen die zweite Mannschaft von Borussia Mönchengladbach und nun im (wie auch immer) 5.000 Besucher fassenden Stadion des Regionalligisten FC Wegberg Beeck. „Spiel des Jahres“ für den Gastgeber, hartes Kontrastprogramm für RWE. Los ging es und alle Masken durften fallen: Corona? Scheint es im Kreis Heinsberg nicht zu geben oder war da nicht mal was? Egal: Unter dem Motto was scheren mich die Einschränkungen von morgen hieß es dicht gedrängt ran an die Sportanlage (äh) Waldstadion bei schummrigen Licht. 1.450 Zuschauer kamen (offiziell) in das nette Fleckchen Fußballheimat, wobei man sich fragte wo denn weitere 3.550 Besucher hätten Platz finden sollen. Dicht an dicht drängten sich die Zuschauer, die keinen Platz im Sitzplatz- und Stehplatzbereich gefunden hatten mit reichlich flüssigem Gerstensaft ran an den Rasen. Da passte nix und niemand dazwischen. Eine besondere Fußballatmosphäre.



Dazwischen ist ein gutes Stichwort, denn das war das Motto der Spieler des FC Wegberg Beeck. Rustikal ging es von Minute eins rauf auf die Knochen der Essener Spieler und das auf einem Fußballplatz, der eher einem holprigen Acker glich. Was ein Kontrast zum Rasen im Borussia Park vor zwei Wochen. Filigranes war am 19. November nicht zu erwarten. Eher hohe Flanken von RWE und Wildes verteidigen mit jedem erdenklichen Körperteil sowie Konterversuche des Gastgebers. Für Wegberg mit frühen Erfolg. Eigentlich vom Papier eine klare Sache für RWE: Tabellenplatz eins gastiert bei Tabellenplatz 17. Aber hallo: In der Regionalliga West nimmt man (fast) keinen Verein mal eben im Vorübergehen mit. Vor allem gegen die Topfavoriten werfen die vermeintlich „Kleinen“ alles in die Waagschale was sportlich und unsportlich möglich ist.





Zwar war Rot-Weiss Essen am gestrigen Abend hochüberlegen, aber ideenlos. Da reichte ein Kunstschuss in der 17. Spielminute (hat man ja schon öfters gesehen) und das ganze Spielgeschehen stand auf dem Kopf. Das 1:0 für den FC Wegberg Beeck durch Kevin Weggen war überaus sehenswert und schlug auf der „Grenzlandring“ Seite ein. Der Grenzlandring übrigens (auch Wegbergring genannt), der einst eine Formel 2 und Formel 3 Autorennstrecke war, wurde für das Spiel kurzerhand zum Gästeparkplatz umfunktioniert. Ja Wegberg bietet so einiges nur nicht für Rot-Weiss Essen. In der vergangenen Saison am letzten Spieltag wurde hier unter Tränen der Nichtaufstieg besiegelt (trotz Sieg) und statt Autos standen die Fans dort um aufgrund des Corona-Geisterspiels nah beim Team zu sein. Aber auch gestern gab es nichts außer Schmerzen.





Immerhin gab es keine Verletzten bei dem löchrigen unebenen Geläuf und dem teilweise aggressiven Einsteigen der Wegberger Spieler. So hätte der Wegberger Norman Post sich über eine rote Karte nicht beschweren dürfen, als er kurz vor dem Halbzeitpfiff mit gestrecktem Bein und offener Sohle in Sandro Plechaty einsteigen wollte. Zum Glück zog der Essener Spieler sein Bein zurück und es passierte nichts Schlimmeres. Aber die Linienrichterin und auch der sonst gut agierende Schiedsrichter hätten das sehen und anmerken müssen alleine zum Schutz des fast getroffenen Spielers. Mit Muja Arifi durfte in der 70. Spielminute dann trotzdem ein Wegberger Spieler früher zum Duschen. Kurz vorher erzielte der Essener Isaiah Young den Ausgleich, was die gut 800 mitgereisten RWE-Fans lautstark honorierten.





In der Schlussphase ging es auf den Feld gut zur Sache und auch die aktive Essener Fanszene peitschte das Team nach vorne. Ein Mann mehr auf dem Feld und 20 Minuten Zeit die drei Punkte einzusacken reichten aber am Ende nicht. Irgendwie ohne Spielideen verstrich die Zeit, natürlich auch inklusive massiven Zeitspiels seitens der Heimmannschaft mit vorgetäuschten Verletzungen sowie langsam ausgeführten Einwürfen oder Abschlägen.



Auch verfügt Wegberg anscheinend nur über einen Ball, denn dieser wurde immer gesucht. Das ist halt Regionalliga, trickreiche Mannschaften auf schwer zu bespielenden Plätzen. Aber auch diese Prüfung muss ein Team was aufsteigen will meistern. Am Ende blieb es beim 1:1, dabei hatte tatsächlich Wegberg zwei hochkarätige Chancen auf den Sieg in Halbzeit zwei. Da fragt man sich warum der Klub, der mit mit soviel Herzblut verteidigt, soweit unten in der Tabelle steht. Rot-Weiss Essen hatte nach dem Ausgleich nur noch eine nennenswerte Chance, aber diese vergab Simon Engelmann kläglich: Nachdem er den Torwart überwunden hatte, wollte er den Ball ins Tor rollen lassen. Ein Wegberger Spieler schaffte es aber ihn fast von der Linie zu kratzen. Sowas geht einfach nicht.



Wer aus dieser Liga raus will, der muss Tore nicht filigran kreieren, sondern ins Tor „wummsen“. Nur mit einem ordentlichen „Wumms“ steigt man auf. Nächste Chance am kommenden Samstag gegen Rödinghausen, noch so ein … ach lassen wir das.

> zu den Rot-Weiss Essen Fotos

 Fotos: K.Hoeft

Artikel wurde veröffentlicht am
20 November 2021
Spielergebnis:
1:1
Zuschauerzahl:
1.450
Gästefans
800

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