Im Schatten der Bahnlinie: Celuloza Kostrzyn besiegt Stilon Gorzów

Hübsch was zu sehen gab es vor sechs Jahren, als am 5. September 2015 nach längerer Zeit mal wieder das Derby Ziemi Lubuskiej stieg und Celuloza Kostrzyn nad Odrą den FC Polonia Slubice empfing. Die Gäste hatten mobil gemacht, zündeten im Gästekäfig ein paar Fackeln und machten mit der Polizei ein bisschen das Bambule-Spiel. Mein größerer, damals fünfjähriger Sohnemann hatte an jenem Tag sichtlich Spaß und erfreute sich am Spektakel.

Damals spielte Celuloza Kostrzyn in der Klasa okręgowa (grupa Gorzów Wielkopolski), am Ende der Saison 2016/17 musste der bittere Weg in die Klasa A angetreten werden, und nur noch wenige Schaulustige fanden sich zu den Heimspielen im Stadion an der Bahnlinie ein. 

Nach drei Jahren in der Klasa A gelang am Ende der Spielzeit 2019/20 als Tabellenführer die Rückkehr in die Klasa okręgowa. Und es kam noch besser! Als Tabellenzweiter stieg Celuloza Kostrzyn am Ende der zurückliegenden Saison in die IV Liga (fünfthöchste Spielklasse) auf und darf sich in der Gruppe Lubuska über den einen oder anderen netten Gegner freuen. Nachdem Celuloza Kostrzyn nach dem Abstieg aus der polnischen III Liga 2012 einen Neustart in der Klasa B wagte, ist der Verein nun wieder zurück in einer Spielklasse, die auch mal mehr als 100 Zuschauer auf die Ränge lockt.

So durfte sich am vergangenen Sonntag an einer recht passablen Kulisse erfreut werden. Zu Gast war KS Stilon Gorzów Wielkopolski, und bei freiem Eintritt ließen sich auf Heimseite schätzungsweise rund 400 Zuschauer - unter ihnen etliche Kinder und Jugendliche - sehen. Auf der Gegengerade hatten sich etwa 60 Gästefans eingefunden, von denen sich 40 im Bereich neben dem Gästekäfig sammelten und hinter den Zaunfahnen supporteten. Kein Megahit, aber für ein Fünftligaspiel sicherlich ein ganz ansprechendes Ambiente. Das Ganze kann zudem jederzeit mit einem Spaziergang von Küstrin Kiez aus verbunden werden. Über Oder und Warta geht es an der Festung vorbei, in Kostrzyn selbst kann in einem der Restaurants eingekehrt werden.

Beim Spiel selbst war sogar ein Stand aufgebaut, an dem es Fanartikel sowie Gebäck, alkoholfreies Mixbier und Heißgetränke gab. Ein Celuloza-Bierhumpen wurde sogleich für 35 Zloty erworben und in Luftpolsterfolie verpackt. Wer die Sportanlage noch nicht erkennt, wird sich ziemlich sicher an den hinter der Gegengerade regelmäßig vorbeifahrenden Zügen erfreuen. Mal ist es der InterCity von Warschau nach Berlin, mal ein ratternder Güterzug, und mal ein richtig alter Regionalzug. 

Auf dem Rasen entwickelte sich eine muntere Partie, bei der sich die Mannschaft von Celuloza Kostrzyn in ihren schmucken blau-weiß-roten Trikots sehr engagiert zeigte. Zwar ging das als Tabellenführer angereiste Team von Stilon Gorzów mit 1:0 in Führung, doch ließ sich der Aufsteiger davon nicht beeindrucken. Celuloza Kostrzyn konnte ausgleichen, und unter dem Dach der Haupttribüne kam sogar etwas Stimmung auf. Als Celuloza kurz vor Abpfiff sogar den 2:1-Siegtreffer erzielte, gab es kein Halten mehr. Die Zuschauer feierten mit der Mannschaft, und auch die drei bereitgestellten Pakete mit Klopapier wurde nun unter die Leute gebracht. Na geht doch! Ganz klar, Kostrzyn ist wieder eine Reise wert!

Fotos: Marco Bertram

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