Zeitreise 30 Jahre zurück: Wir schreiben den 7. September 1991. Die SG Wattenscheid 09 ist gerade frisch in ihre zweite Bundesligasaison gestartet und erwartete einen Aufsteiger aus der zweiten Liga: Schalke 04. Straßenbahnderby! Da das heimische Lohrheidestadion in der Saison 1991/1992 umgebaut wurde wichen die Schwarz-Weißen ins Bochumer Ruhrstadion aus, wo eh bei Topspielen der SGW gespielt wurde. 30.000 Zuschauer kamen an die Castroperstraße und sahen erst eine Führung der Wattenscheider (Tschiskale) und später den Ausgleich (Flad) sowie den Siegtreffer der Schalker (Sendscheid). Bis 1993 duellierten sich die beiden Klubs noch weitere fünfmal, bevor sie bis heute sportlich getrennte Wege gingen. Schalke 04 kickt wieder in Liga 2 und Wattenscheid 09 inzwischen in Liga 5.
Westfalia Herne vs. Wattenscheid 09: Ein Ruhrpott-Derby voller Emotionen
Aber "echte" Derbys gibt es im Ruhrgebiet in allen Ligen und diese Saison auch wieder in der Oberliga Westfalen und zwar zwischen Westfalia Herne und der SG Wattenscheid 09. Zwar kamen gestern keine 30.000 Zuschauer um die Westfalia und die SGW zu sehen, aber 1.100 Fans sind im vom Profifußball verwöhnten Ruhrgebiet auch keine kleine Nummer. Das altehrwürdige Stadion am Schloss Strünkede in Herne könnte (theoretisch) 32.000 Zuschauer fassen, aber richtig voll war es zuletzt (wenn man den Geschichtsbüchern glaubt) in der 1960er und 1970er Jahren die beste Zeit der Westfalia, als Legenden wie Hans Tilkowski oder aber auch Werner Lorant die Ränge beben ließen. Ja das Stadion am Schloss hat schon viel gesehen: mitreißende Spiele, Abstiege, Nacktfußballer und auch Kinofilmdrehs sowie gestern wieder einmal ein emotionsvolles Derby.
Diesmal zwar keine "Apokalypse blau“ wie vor neun Jahren, als Westfalia Herne zum Match gegen Wattenscheid 09 mit 10.000 Freikarten lockte und 3.323 Zuschauer für das Spiel in der Oberliga begeistern konnte, dafür aber mit reichlich Emotionen auf Rängen und Rasen. Wie der Wattenscheider Spieler Marvin Schurig nach dem Ausgleich durch Felix Casalino (Lokman Erdogan erzielte für Herne die Führung) seine Mitspieler feststellte und motivierte: „Kommt Jungs, haut rein dat is Derby“. Auf der Gegenseite der Herner Trainer Christian Knappmann am Seitenrand wie gewohnt ebenso „on fire“. Das macht Fußball aus, ebenso die Fairness. Und das ist auch Ruhrgebiet: So hatte der Herner Trainer auf der Facebookseite der Gäste in den Kommentaren die Wattenscheid Fans noch einmal persönlich eingeladen zu kommen. Rund 300 Gästefans machten sich dann auch auf den Weg, die sich ein wenige verloren in der riesigen Stehplatzkurve des Stadions, dann aber doch angetrieben von der aktiven SGW Fanszene stimmungsvoll das Spiel begleiteten.
Die Schwarz-Weißen hatten auch allen Grund zu feiern: Spielte Herne in der ersten Hälfte noch sehr gut mit und hatte die eine oder andere gute Chance auf dem Fuß, legte Wattenscheid in der zweiten Hälfte den Turbo in einem robust geführten Spiel ein. Nach dem frühen Führungstreffer durch Nils Hönicke kam die Westfalia nicht mehr richtig ins Spiel. Der 3:1 Endstand für Wattenscheid Umut Yildiz in der 71. Spielminute konnte der Traditionsverein nichts mehr entgegensetzen. Während die SGW-Fans die Spitzenposition ihres Klubs feierten verließen die Herner Zuschauer frühzeitig das im schummrigen Licht erhellte Stadion. Nach der Niederlage vergangene Woche in Schermbeck hat Herne einen kleinen Fehlstart hingelegt, mit den der Klub aber sicher umgehen kann.
Es wird aber schwierig, da in der Oberliga Westfalen im ungünstigsten Fall bis zu sieben Mannschaften durch eine neue Playoff-Regelung absteigen könnte: Von Platz 1-10 wird die Aufstiegsrunde von Platz 11 bis 21 die Abstiegsrunde gespielt. Es wird interessant.