Traumziel Olympiastadion: KFC Uerdingen gewinnt bei Türkgücü München

Traumziel Olympiastadion: KFC Uerdingen gewinnt bei Türkgücü München

Jeder von uns, der bereits ein paar Jährchen auf dem Buckel hat, wird seine eigenen Erinnerungen an das Münchener Olympiastadion haben. Und sei es „nur“ aus den Fernsehberichten bei „anpfiff“, „ran“ oder der Sportschau. Dieses futuristisch anmutende Dach, die Flutlichtmasten, die hellgrünen Sitzschalen, die Anzeigetafel. Keine Frage, diese im Mai 1972 eröffnete Spielstätte hat ihren völlig eigenen Stil. Auf der einen Seite mochte man dieses arg weitläufige Stadion insbesondere im Winterhalbjahr nicht allzu sehr (wie genial war im Vergleich dazu das überdachte, enge Dortmunder Westfalenstadion), auf der anderen Seite kam es schon verdammt gut rüber, wenn die Ränge mit 63.000 oder gar 70.000 Fußballfreunden gefüllt waren.

Die letzten großen regulären Fußballspiele fanden im Frühjahr 2005 im Münchener Olympiastadion statt. Zuerst verabschiedete sich der TSV 1860 München mit seinem Heimspiel gegen den 1. FC Köln am 3. April 2005 von diesem weiten Rund, am 14. Mai 2005 trug der FC Bayern München gegen den 1. FC Nürnberg dort sein letztes Heimspiel aus. Beide Vereine zogen im Anschluss in die Allianz Arena um, die Münchner Löwen spielen derzeit wieder glücklicherweise im Städtischen Stadion an der Grünwalder Straße. 

Nachdem 2012 das Champions-League-Finale der Frauen im weiten Rund ausgetragen wurde, fand am 10. Oktober 2020 wieder das erste Fußballspiel in der altehrwürdigen Spielstätte statt. Türkgücü München zog ins Olympiastadion um und empfing dort den SV Wehen Wiesbaden. Hunderte Groundhopper aus den verschiedensten Ecken Europa hatten bereits im Vorfeld mit der Zunge geschnalzt. Endlich diesen Ground im Rahmen eines Spiels besuchen - endlich das Häkchen machen! Daraus wurde jedoch nichts, denn jene Partie wurde bereits als Geisterspiel ausgetragen. Was hatte man vor der laufenden Saison noch spekuliert und schon mal innerlich abgefeiert. Man würde doch mit Sicherheit die Partien gegen den F.C. Hansa Rostock, die SG Dynamo Dresden und den 1. FC Magdeburg ins Olympiastadion verlegen. Das würde einst wie bei den Auftritten beim SV Werder Bremen II im Weserstadion wieder zu einer Art Wettbewerb werden. Wie viele Fans würden die jeweiligen Vereine mit nach München bringen?! Tausende, so viel war sicher. Doch dann kam der erneute Lockdown.

Am vergangenen Samstag trat der KFC Uerdingen 05 bei Türkgücü München an, und unser freier Mitarbeiter Daniel Staude, der für uns in der laufenden Spielzeit bereits in Rostock, Dresden und Saarbrücken war, setzte sich kurzerhand ins Auto und düste mit einem strahlenden Lächeln auf dem Gesicht gen bayrische Landeshauptstadt. An Türkgücü München scheiden sich bekanntlich ein wenig die Geister, doch wollen wir einmal kurz schauen, wie es sich mit der Historie des Vereins verhält. Der jetzige Verein ist der direkte Nachfolger des SV Türk Gücü München, der 2001 insolvent ging. Ins Leben gerufen wurde der Verein bereits 1972 von einer Gruppe türkischer Migranten, drei Jahre später wurde der Verein offiziell eingetragen. 

1988 gelang der Aufstieg in die Bayernliga (zu jenem Zeitpunkt die dritthöchste Spielklasse), in der Folge waren vor allem die Derbys gegen den TSV 1860 München, die bis zu 12.000 Zuschauern anzogen, die Höhepunkte. Vier Spielzeiten konnte sich Türk Gücü in der Bayernliga halten, 1998 war die Wiederkehr greifbar nahe, doch scheiterte man in den Qualifikationsspielen an den Amateuren des 1. FC Nürnberg. 2001 gingen schließlich die Lichter aus, doch wurde direkt nach der Insolvenz und der Auflösung von Türk Gücü der neue Verein vorerst als Türkischer SV München gegründet. Nach dem Absturz in die Kreisliga erfolgte 2009 die Fusion mit dem Bezirksligisten SV Ataspor München, der sich einst im Jahre 1981 von Türk Gücü abgespalten hatte.

Nach der Fusion, die quasi eine Art Wiedervereinigung war, stellte sich wieder der sportliche Erfolg ein. Nach den erfolgreichen Relegationsspielen gegen den TSV Bobingen und den TSV Grünwald schaffte 2013 der SV Türkgücü-Ataspor den Sprung in die Landesliga. Nachdem 2016 der Unternehmer Hasan Kivran als Präsident einstieg, wurde weiter Fahrt aufgenommen. Nach dem Aufstieg in die Regionalliga wurde im Juni 2019 die Umbenennung in Türkgücü München beschlossen. Der Name sollte kurz und knackig sein, das Ziel 3. Liga wurde nun konkret angepeilt. Dieses Ziel wurde im Juni 2020 schließlich auch erreicht, wenngleich auf etwas kuriosem Wege. Die Saison 2019/20 der Regionalliga Bayern wurde nicht abgebrochen, sondern nur unterbrochen, und der BFV meldete den Verein am 21. Juni 2020 als Aufsteiger für die kommenden Drittligasaison. 

Knackpunkt war und ist die eigene Spielstätte. Einst gespielt wurde auf der Bezirkssportanlage Heinrich-Wieland-Straße nahe dem Ostpark, später wurden die Heimspiele im Sportpark des SV Heimstetten ausgetragen, in der Rückrunde der Saison 2019/20 wurde schließlich ins Stadion an der Grünwalder Straße umgezogen. Für die aktuelle Saison wurde sich darauf geeinigt, dass bis zu acht Partien im Münchner Olympiastadion ausgetragen werden dürfen. Und ja, es ist ein Jammer, dass dies nun ohne Zuschauer geschehen muss. Selbst die Partie Türkgücü München vs. KFC Uerdingen 05 hätte mit Sicherheit den einen oder anderen neutralen Zuschauer angezogen. 

Sportlich schaute es in der Hinrunde bei Türkgücü München gar nicht mal übel aus, und es schien, als würde man gleich in die 2. Bundesliga weitermarschieren wollen. Inzwischen ist der Verein im gesicherten Mittelfeld zu finden. Sich ordentlich sputen muss jedoch der KFC Uerdingen 05, wenn die Klasse gehalten werden soll. Zuerst schrieben viele die Uerdinger bereits ab, doch gab es dann eine kleine Serie von zwei Unentschieden und zwei Siegen. Dann folgten jedoch die teils deutlichen Niederlagen gegen 1860 München, in Halle und in Verl. Es bleibt jedoch unten eng. Der SV Meppen verlor gegen den F.C. Hansa Rostock mit 2:3, und mit einem Sieg in München könnte der KFC Uerdingen 05 Anschluss halten.

Also dann! Die erste gute Möglichkeit der Partie hatten die Gastgeber nach 20 Minuten. Nach gutem Spielzug und der Hereingabe von Kilian Fischer köpfte Nico Gorzel deutlich über das Gehäuse. Da war mehr drin! Auf der Gegenseite gab es nach 33 Minuten etwas zu sehen. Nach prima Anspiel von Fridolin Wagner lief Muhammed Kiprit allein auf den Keeper René Vollath zu, doch war dieser auf dem Posten und konnte den Schuss abwehren. In der Folgezeit machte Uerdingen gut Druck, und mit einem 0:0 ging es in die Kabinen zu den Halbzeitansprachen.

Nach der Pause knüpfte Uerdingen vor den Augen der anwesenden neuen Investorengruppe mal gleich an die gute Leistung an und machte in der 51. Minute das 1:0. Von der Strafraumgrenze zog Gustav Marcussen einfach mal ab, und der Ball prallte an den linken Innenpfosten und sauste von diesem in die Maschen. Dolles Ding! Die Gäste blieben nun am Drücker, in der 68. Minute zeigte Kolja Pusch, was er kann. Von schräg rechts brachte er den Ball mit einem satten Schuss im Kasten unter. 2:0 für den KFC Uerdingen 05! In der Schlussphase hätte der KFC sogar auf 3:0 erhöhen können, am Ende blieb es beim unter dem Strich verdienten 2:0-Auswärtserfolg. Am 1. Mai hat Uerdingen die Möglichkeit, im Nachholspiel gegen die schwächelnde SG Dynamo Dresden weiter Boden gutzumachen. Am 5. Mai folgt das Heimspiel gegen Viktoria Köln, am Tag zuvor muss Türkgücü beim Halleschen FC antreten. 

Fotos: Daniel Staude

> zur turus-Fotostrecke: KFC Uerdingen 05

Artikel wurde veröffentlicht am
26 April 2021
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