Fans & Klubs geben alles: Geistertickets für Klassiker, Shirts oder Gesichtsmasken

Fans & Klubs geben alles: Geistertickets für Klassiker, Shirts oder Gesichtsmasken

Die kreativen Köpfe der Fußballklubs laufen auf Hochtouren. Was gerade an Produkten die Fanshops überschwemmt ist der pure Wahnsinn. Würde man sonst über die immer neu aufgelegte Vermarktung des Klubnamens und des Wappens mit dem Kopf schütteln, wird es heute von den Fans mehr als dankend angenommen. Jede Möglichkeit den eigenen Verein in dieser Krisenzeit zu unterstützen wird genutzt. Ob spezielle Fanshirts mit Corona-Motto, Eintrittskarten für Spiele die nie (oder nur virtuell) stattfinden werden oder („Ohne Maske kommst Du hier nicht rein“) Gesichtsbedeckungen in den Traditionsfarben, viele Klubs können kaum die Nachfrage bedienen. Das ist stark von Klubs und Fans!

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Während in der Bundesliga sich auf die TV-Gelder verlassen wird, können sich die unterklassigen Klubs hundertprozentig auf ihre Fans verlassen. Vor einem Monat habe wir schon einmal einen Blick auf die vielen Aktionen geworfen, die man ja in der Fülle gar nicht abbilden kann. Heute greifen wir das noch einmal auf und schauen nach dem Stand bei einigen Klubs:

8. Mai 2020: Auf den Tag genau vor 46 Jahren gewann der 1. FC Magdeburg den Europapokal der Pokalsieger gegen den AC Mailand im Rotterdamer Stadion „Kuip“ vor insgesamt 4.641 (ausgewählten) Zuschauern. Anlässlich des Jahrestages und natürlich der Corona Krise wurden die Fans dazu aufgerufen, das Spiel neu aufzulegen und „gedankliche“ Tickets für die Auswärtspartie zu erwerben. Insgesamt 6.420 Clubfans folgten dem Aufruf und halfen so ihren Klub, der das Finale auch virtuell neu begleitet. So wurde eine nicht ganz ernst gemeinte Reiseinformation-Broschüre sowie eine Stadionzeitung aufgelegt und auch die Medien begleiten die Aktion. So gibt es beim MDR die komplette Partie als Stream (Link) ab 20:30 Uhr heute Abend.

Das Netz ist voll von Klassikern der Fußballgeschichte. Ein Klassiker ist auf jeden Fall die Partie zwischen Rot-Weiss Essen und Alemannia Aachen am 1. Mai 1953. Vor 40.000 Zuschauern gewann RWE gegen den TSV und holte sich damit den DFB Pokal. Ebenfalls in die Geschichte ein ging die Partie zwischen den beiden Klubs vor fünf Jahren am 7. Februar 2015 in der Regionalliga West: Das Spitzenspiel auf dem Aachener Tivoli (1:0) sahen 30.313 Fans (darunter weit über 5.000 Essener Anhänger), ein Zuschauer-Rekord für die vierte Liga der bisher auch noch nicht geknackt wurde. Laut offiziellen Spielplan der RL-West sollte morgen eine Neuauflage des West-Schlagers stattfinden (das Hinspiel gewann RWE mit 3:0) und je nach Saisonverlauf, hätte mit einer beträchtlichen Anzahl an Zuschauern gerechnet werden können.



Das Spiel findet nun nicht „real“ statt, dafür aber virtuell. Obwohl sich die Fangruppen nicht sonderlich „grün“ sind, haben sich die beiden Klubs sich etwas Besonderes ausgedacht: „In den Farben getrennt, in der Sache vereint“ veranstalten die beiden Traditionsvereine ein Konsolenduell (mit dem Spiel PES und ausgewählten Traditionsmannschaften) sowie ein buntes Rahmenprogramm. So tritt Marcus Uhlig (Vorstand von RWE) im virtuellen Duell auf der Playstation gegen den Geschäftsführer von Alemannia Aachen Martin vom Hofe an. Dazu werden auch die Spieler der beiden Klubs sich matchen. Bei Aachen sind das Ricco Cymer, Manuel Glowacz und Vincent Boesen, bei Essen unter anderem Erolind Krasniqi und Jan Neuwirt. Dazu zocken auch ausgewählte Fans beider Klubs gegeneinander. Das ganze Spektakel wird live übertragen und kann von den Fans gestreamt werden, wenn sie sich ein Ticket dafür besorgen. Kosten: nur schlappe 2 Euro. (Link: Ticketkauf bei Aachen | Ticketkauf bei Essen) Die Gesamteinnahmen sollen dann am Ende zwischen den Klubs geteilt werden. Auch wenn es nicht die erwünschten  30.313 Fans werden, aktuell wurde schon die 10.000 Marke geknackt (Stand 07. Mai: 5401 Tickets von Aachen und 4893 von Essen). Sowohl bei Aachen, als auch bei Essen kommt diese Aktion ja on top der laufenden Unterstützung.  Beispielsweise verzichten viele auf ihre Dauerkarten-Rückerstattung und bei Rot-Weiss Essen wurden 9.170 virtuelle Tickets (zwischen 9 und 150 Euro), 10.430 Bier (für 4 Euro) und 5131 Bratwürste (2,50 Euro) geordert. Nicht zu vergessen, die Nachfrage nach Fanshopartikeln wie Gesichtsmasken. Stark!



Auch beim Reviernachbarn aus Oberhausen wird in Sachen Fanunterstützung nachgelegt. Die Ultra-Gruppierung „Semper fidelis“ feiert in diesem Jahr ihr 15-jähriges Bestehen und spendete dem Klub mal eben über 2.000 Euro. Auch zahlreiche Unternehmen halten dem Klub die Treue. Dazu läuft die Geisterpils und Geisterspielticket Aktion weiter. Aktuell wurden 3.683 Tickets zu einem einheitlichen Preis von 19,04 Euro verkauft. Für ein Ticket (Link) bekommt man einen Gutschein für den Fanshop zum Kauf des neuen Trikots. Durstig sind auch die RWO-Fans: Insgesamt gingen 5.504 „Geisterpils auf Bierdeckeln für fünf Euro schon über den Tresen. Gegen ein echtes Bier eintauschen kann aber nur der, der gleich fünf Bier abnimmt, der bekommt ein echtes im Stadion on top, wenn es mal irgendwann wieder läuft.

Beim KFC Uerdingen aus der dritten Liga ist man auch nicht untätig. So bereitet man sich auf die Saisonfortsetzung vor und legt im Fanshop mit Artikeln nach. Dazu soll die „Heimat“ – das Grotenburgstadion - virtuell vollgemacht werden: 34.500 Tickets (Stehplatz fünf Euro, Sitzplatz zehn Euro, VIP für 19,05 Euro) stehen frisch in der virtuellen Ladentheke (Link). Aktuell sind 700 Tickets verkauft. Ein paar mehr sollen es bis zum 26. Mai 2020 pünktlich zum Jubiläum schon werden: Vor 35 Jahren - am 26. Mai 1985 gewann Bayer Uerdingen gegen den FC Bayern München sensationell den DFB-Pokal. Vielleicht können die Bayern ja mal nachhelfen.



Bei Lok Leipzig steht das Finale einer Aktion heute an, das europaweit für Schlagzeilen sorgte. Der Klub verkaufte virtuelle Tickets für einen Euro für ein imaginäres Spiel am heutigen 8. Mai 2020. Das erste Ziel von 55.000 verkauften Tickets (1955 waren laut Klub 55.000 Zuschauer beim Spiel SC Rotation Leipzig vs. Bayern München im "Bruno-Plache-Stadion") war schnell erreicht. Auch die Marke von 120.000 fiel. Diese Zuschauerzahl erreichte Lok Leipzig (inoffiziell) im Europapokalspiel gegen Bordeaux 1987 (im Leipziger Zentralstadion). Insgesamt wurden sensationelle 173.723 Tickets verkauft. Für alle gibt es heute Abend ab 20:15 Uhr das Rekordspiel gegen den Unsichtbaren Gegner im YouTube Kanal des Klubs und auf der Facebook Seite. Der Verkauf der Tickets läuft indes weiter.

In Dresden ging nach zahlreichen Aktionen vorher Dynamos längste Geburtstagsfeier (das virtuell begangene 67. Vereinsjubiläum) kürzlich zu Ende: 3.000 verkaufte Soli-Artikel bescherten dem Klub nochmal 20.000 Euro an Einnahmen. Auch im Norden ist man kreativ unterwegs. In Rostock, schafften es die Fans im Rahmen der Aktion „Hamstern für Hansa“ innerhalb von zwei Wochen den Fanshop mit sage und schreibe 15.500 Artikeln leer zu kaufen (hamstern) und dem Klub einen Umsatz von 250.000 Euro zu bescheren. Jetzt legte Hansa nach und will ebenfalls mit Geistertickets das Ostseestadion voll machen. Und die Fans greifen zu: Von den 29.000 zur Verfügung stehenden Tickets sind nur noch 3.600 Tickets verfügbar. Das was am Ende dann eingenommen wird, wird von Rolf Elgeti (Anteilseigner bei Hansa Rostock) verdoppelt. Dazu legt der Klub Gesichtsmasken sowie ein Fanshirt („WIR sind mit Hansa infiziert“) auf.



Ein Shirt gibt es auch beim Landesligisten SG Dynamo Schwerin zu kaufen und nicht nur das. Zum 30jährigen Jubiläum des Europapokalspiels (1. Runde 1990) gegen den F.K. Memphis Austria Wien gibt es ein Mottoshirt, eine Eintrittskarte und natürlich auch virtuelles Bier und Bratwurst zu erwerben (Link). Auch der Oberligist Lok Stendal ist umtriebig gewesen und hat 2.392 Tickets (1,50 Euro pro) für ein virtuelles Spiel gegen Dynamo Dresden unter die Leute gebracht. Beim FC Stahl Brandenburg soll das Stahlfeuer auch weiter brennen, wenn auch virtuell. Beim Landesligisten gehen für ein virtuelles Jubiläumsspiel (70 Jahre Stahl) im Stadion am Quenz (20.11.2020) Tickets über die Ladentheke. Bisher haben über 2.300 Fans sich eine Karte gesichert und auch im Fanshop wurde nachgelegt (Link). Beim BFC Dynamo wurde ein virtuelles Spiel gegen den FC Corona Covid-19 durchgezogen und die Fans konnten sich mit Tickets eindecken. Insgesamt verkaufte der BFC 72.128 Karten so dass das Spiel am 18. April (virtuell) ins Stadion der Weltjugend verlegt werden musste.



Auch die vom Essener Klub TC Freisenbruch (bei dem man ja virtuell am Vereinsgeschehen teilhaben kann) aktuell initiierten Internetseite www.geisterspieltickets.de geht weiter. Auf dieser können Sportvereine (vor allem aus den unteren Ligen) direkt virtuelle Tickets oder Getränke verkaufen. Aktuell beläuft sich die Gesamtspendensumme auf fast 224.000 Euro. So kann man beim SC Pantringshof 59 e.V. (Kreisliga) in Herne, der übrigens den besten Torschützen Deutschlands in seinen Reihen hat (Niklas Groß - 70 Treffer) und den wir eigentlich auch gerne portraitieren wollten, ein Schnäpschen und das Nationalgericht des Ruhrgebiets (Pommes, Currywurst, Majo) virtuell ordern. Oder ihr langt beim SV Duissern 1923 e.V. aus Duisburg (Kreisliga A) zu bei Bier, Tickets und Wurst (Link). Die teilnehmenden Vereine und vor allem ihre Unterstützer waren fleißig: Bisher wurden über die Plattform insgesamt 16.288 Eintrittskarten, 11.896 Würstchen, 16.112 Bierchen und 3.704 Bierkisten verkauft. Ein tolles Zeichen für den Amateursport, die Basis.

Ob Geistertickets, Bier, Würste oder Fanartikel, fast alle Klubs bieten Aktionen an und die Fans hören und unterstützen. Stark, weiter so.

Wir von turus.net haben uns natürlich auch an vielen Aktionen beteiligt und virtuelle Tickets oder Shirts (usw.) gesichert. In diesem Sinne:
#SupportYourLocalTeam
#NiemalsAufgeben

Update August 2020: Im Endeffekt wurde dann im Westen die Regionalliga unter besonderen Voraussetzungen gestartet, die unteren Ligen nach wenigen Spieltagen abgebrochen: Die großen Klubs wie Rot-Weiss Essen, Alemannia Aachen, Rot Weiß Oberhausen, Preußen Münster oder der Wuppertaler SV haben (hatten) ihren Dauerkartenvorverkauf längst angestoßen, wenn auch mit unterschiedlicher Zielsetzung, was auch an den sich ständig ändernden Regularien liegt. Innerhalb kürzester Zeit wurde beim Klub Rot-Weiss Essen nach kurzer Zeit 5.000 virtuelle Tickets abgesetzt. Ein paar Kilometer weiter beim Essener Rivalen in Oberhausen startete man früher mit dem Dauerkartenverkauf (Hinrunde) in der Hoffnung das Zuschauer zu den Spielen zugelassen werden. Beim Stand von 700 verkauften Tickets für die Hinserie stoppte Rot Weiß Oberhausen aber den Verkauf, da eine Zuschauerzulassung in absehbarer Zeit nicht möglich ist. Auch im Bergischen Land beim Wuppertaler SV wurden Dauerkarten verkauft, wobei die aktive Fanszene (Ultras) wie bei anderen Klubs keinen Support im Stadion organisieren wird sein wird getreu dem Motto „Alle oder keiner“ folgend. Auch bei den Kaiserstädtern läuft der Dauerkartenvorverkauf weiter trotz Ungewissheit ob in dieser Saison Zuschauer im Stadion zugelassen werden. Alemannia Aachen hat Stand heute 1.281 Saisontickets verkauft. Keine große Zahl? Doch, denn die Fans treten vor dem Kauf alle Regressansprüche ab, sollten Spiele nicht live gesehen werden können. Auch bei Preußen Münster dem Absteiger aus der dritten Liga hat man zwar ein Konzept für die Rückkehr von Zuschauern erarbeitet und bei Testspielen auch Fans ins Stadion gelassen, aber noch ist nichts sicher.

Fotos: K.Hoeft, Marco Bertram, frontalvision.com (Historische Bildagentur)

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Nur der BFC!
S
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G
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