Was für eine Zeit. Freute man sich vor Wochen noch auf das nächste Spiel, das nächste Derby die nächste starke Fanaktion, hat einen der Alltag nun einmal kräftig geerdet. Während vor Wochen das Regionalliga-Spitzenspiel zwischen dem SC Verl und Rot-Weiss Essen, das eigentlich am morgigen Samstag in der Sportclub Arena an der Verler Poststraße stattfinden sollte, in aller Munde war und über die Partie in sozialen Medien und Foren vor allem über die Ticketfrage heiß diskutiert wurde gibt es inzwischen nur noch Fragen zu einem Thema: Wo kriege ich noch Klopapier her, was haben Nagetiere im Supermarkt zu suchen und wie kann man mit einer mexikanischen Biermarke Partys feiern?
Essen, Bochum überall: Weiter, immer weiter #SupportYourLocalTeam
Ernsthaft: Das Corona-Virus (SARS-CoV-2) hat das Land fest im Griff jeder kämpft auf seine Weise mit seinen (mal kleinen, mal großen) privaten Problemchen und die Fußballwelt steht still und könnte nicht wenige Klubs an ihre Existenz bringen. Gut vielleicht nicht die „Upper class“ von der Strobelallee oder Säbenerstraße, die trotz der Zwangspause ihre Milliönchen auf dem Festgeldkonto nicht in Gefahr sieht und sie aber auch nicht in diese bringen wollen. Solidarität für die „Lower Class“? Nein danke! Gewinnmaximierung mit allen Mitteln und das „Grippchen“ einfach ausitzen hieß vor ein paar Tagen noch die Devise, um dann hinterher mit Geisterspielen die Saison zu Ende zu bringen. Hauptsache die TV-Gelder rubeln fröhlich weiter.
Nur wenige Ruhrgebiets-Autobahnkilometer von der Strobelallee weiter ticken die Uhren anders und ist der sprudelnde Geldhahn nicht so weit geöffnet. Beim Zweitligisten VfL Bochum wären Spiele ohne Zuschauer kaum verkraftbar, aber erst Recht nicht beim Viertligisten Rot-Weiss Essen, dessen positiver Saisonverlauf dem Klub auch einen Top-Zuschauerschnitt im fünfstelligen Bereich bisher bescherte. Sollte das nun wegbrechen, könnte das ein schwerer Schlag für RWE sein und die viele Arbeit und Mühen der letzten Jahre mit einem Mal verpuffen. Glück im Unglück: Die Klubs (ob klein oder große) können sich auf ihre Fanbasis verlassen, die auf jede noch so kreative Idee der Vereinsführung dankend aufspringen.
So kündigten viele Bochumer Fans an im Falle eines von Geisterspielen auf die Rückerstattung der gekauften Tickets und Dauerkarten verzichten zu wollen. Zudem bietet der Klub wie viele andere auch (u.a. Rot Weiß Oberhausen, Fortuna Köln) so genannte Geisterspiel- oder Unterstützer-Tickets an, um den finanziellen Ausfall irgendwie zu stemmen. Auch in Essen ist man nicht untätig. Unter dem Motto „Hafenstraße voll machen, Rot-Weiss Essen unterstützen“ bringt der Traditionsverein nicht nur virtuelle Eintrittskarten (die später in echte Karten für ein Spiel umgetauscht werden können) unter das Fanvolk, auch Bier und Bratwurst lassen sich vorbestellen. Ziel ist es eine virtuell „ausverkaufte“ Hafenstraße zu schaffen. Zudem werden fünf Prozent der eingespielten Gesamtsumme an die Stadt Essen für den Kampf gegen die Ausbreitung des Virus übergeben.
Die Zeit bringt kreative Aktionen hervor und auch besondere Gesten. So wunderten sich am 19. März die Bochumer, als die markanten Stadionmasten des Ruhrstadions am späten Abend leuchteten und die „Bochum“ Hymne (Herbert Grönemeyer) aus den Stadion-Lautsprechern ertönte (Link zum Video auf der FB-Seite des VfL). Nein kein Spiel im altehrwürdigen „Schmuckkästchen“, sondern eine besonderer Dank an (Zitat) „all diejenigen, die aktuell für unsere Gesellschaft im unermüdlichen Einsatz sind“. Erschreckend verkehrte Welt übrigens in Oberhausen. Eigentlich stand für den kommenden Sonntag das Spiel gegen die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund auf dem Plan. Aber anstatt das sich dann die Fans vor dem Stadion einen Parkplatz suchen, steht dort nun seit einer Woche eine mobile Corona-Test Station zu der Personen mit "Corona Verdacht" vom Arzt hingeschickt werden.
Test-Stäbchen statt Fahnen, verunsicherte Menschen statt Fanleidenschaft: Ein Bild, das man nicht am Niederrheinstadion, nicht an der Wedau, aber auch nicht an der Castroper- oder an der Hafenstraße sehen will. Hoffentlich bleibt es bei der (kurzen) Zwangspause, hoffentlich geht es bald weiter.
In diesem Sinne:
#NiemalsAufgeben
#StehtZusammen
#BleibtZuhause und vor allem
#SupportYourLocalTeam (und zwar alle: Helfer, Geschäfte, Nachbarn, Verein […])